Albertina-Chef Klaus Albrecht Schröder sieht bei Bundesmuseen Werner Kogler (Grüne) in der Pflicht

APA

An den Baumarkteffekt, der nach dem pandemiebedingten Shutdown Menschenmassen in die Museen treiben würde, hatte ohnedies keiner geglaubt. Der Andrang in den bereits geöffneten Häusern ist überschaubar – vor allem aus der wirtschaftlichen Perspektive betrachtet. Denn die finanzielle Situation ist teils dramatisch. Und dies besonders bei den bislang Erfolgreichen mit hohem Eigendeckungsgrad, bei denen die Liquidität auf dem Spiel steht.

Die Einnahmenausfälle der "Big Three" – Kunsthistorisches Museum (KHM), Belvedere und Albertina – sind so enorm, dass sie durch Einsparungen nicht abgefedert werden können. Realistisch betrachtet wird es Personalabbau geben, in welchem Umfang ist derzeit allerdings noch nicht absehbar. Die Entwicklung des Tourismus wird dabei in den nächsten Wochen, Monaten und ja, auch Jahren wohl eine wesentliche Rolle spielen.

Warten auf Rettung

Für die Hotellerie und die Gastronomie wurden die Hilfspakete vergleichsweise rasch geschnürt. Gleichartige Rettungsmaßnahmen für den Kulturbetrieb lassen weiter auf sich warten. Das ist insofern paradox, als der Städtetourismus ohne das vielfältige kulturelle Angebot von Theatern, Konzerthäusern, Museen oder der Wiener Staatsoper eher versanden als anlaufen wird.

Im Falle der Museen geht es sowohl um aktuell erwiesene als auch um jene Einnahmenausfälle, die schon jetzt für die nächsten ein bis zwei Jahre prognostizierbar sind. Bei den diese Woche anlaufenden Verhandlungen wird vorerst die Kompensation des bisherigen Schadens eine Rolle spielen, den die Museen dem Ministerium bereits gemeldet haben. In einem weiteren Schritt wird die Basisabgeltung auf der Agenda stehen müssen, die einer individuellen Anpassung bedarf.

Die hohen Transportkosten

So konnten Museen wie das mit 9,6 Millionen Euro dotierte Mumok, bei dem sich die Personalkosten heuer auf etwa 5,4 Millionen Euro belaufen hätten, über das Kurzarbeitsmodell theoretisch sogar ein Körberlgeld generieren. Praktisch wird das die Abrechnung zeigen. Auf Anfrage wollte das Mumok keine Kalkulation nennen. Auch das KHM übrigens nicht. Den finanziellen Einnahmenverlust beziffern die beiden Häuser mit 1,5 Millionen (Mumok) und rund 15 bis 19 Millionen Euro (KHM). Sieht man von Kurzarbeit ab, konnten über Adaptionen im Ausstellungsprogramm noch kleinere Einsparungen erzielt werden.

So auch in der Albertina, die ihr Programm justierte: Die große Modigliani-Schau konnte dank der Zusage internationaler Leihgeber auf nächstes Jahr verschoben werden. Ab 2021 wird man, von finalisierten Projekten abgesehen, bei kleineren Ausstellungen auf Leihgaben verzichten, erklärte Klaus Albrecht Schröder im Gespräch. Denn die Transportkosten hätten sich mittlerweile um satte 50 Prozent erhöht, und dies sei wirtschaftlich nicht vertretbar.

Personalabbau

Das aktuelle Minus beziffert er mit etwa acht Millionen Euro, im Idealfall vielleicht auch mit sechs Millionen. Kein noch so radikaler Sparkurs in der Albertina könne heuer also den Einnahmenausfall kompensieren. Und der Albertina-Direktor stellt einen Personalabbau in Aussicht. Eine heikle Frage, die er zunächst mit dem Betriebsrat diskutieren will. Nur so viel: Eine Anpassung des Personalstands an die neuen Besucherzahlen stünde außer Frage. Denn es gebe Bereiche wie fremdsprachige Führungen, in denen der Bedarf in den nächsten sechs bis zwölf Monaten kaum bis gar nicht existent sei.

Für die akuten existenziellen Fragen der Bundesmuseen sieht er alleinig Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) in der Pflicht. Museen "sind nicht Subventionsnehmer wie eine freie Bühne, sondern stehen im Eigentum der Republik Österreich". Als Kulturminister müsse er nun für sein Ressort die derzeit dringend benötigten Gelder erfolgreich verhandeln.

Hohes Tempo

Die aus dem Staatssekretariat vor Wochen angekündigte Vorauszahlung der Basisdotierung ließe übrigens auf sich warten. Sie wurde erst vor wenigen Tagen angewiesen, die für die bereits abgeschlossenen Instandhaltungsarbeiten (§ 5) zugesagten Finanzmittel stehen noch aus.

In Anbetracht des Tempos der Novellierung der Covid-19-Lockerungsverordnung in den letzten Tagen scheint jedenfalls Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) quasi in Siebenmeilenstiefelchen geschlüpft zu sein. Förmlich über Nacht wurde die Zehn-Quadratmeter-pro-Besucher-Regel aufgehoben. Damit endete am Samstag für viele Museen die Besucherbeschränkung – bevor sie in der Praxis überhaupt exekutiert werden musste. (Olga Kronsteiner, 2.6.2020)