Der Antidiskriminierungsausschuss des Europarats warnt vor Islamophobie in Österreich.

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Straßburg/Wien – Der Antidiskriminierungsausschuss des Europarats (ECRI) kritisiert das Kopftuchverbot an Volksschulen in Österreich. Das Gesetz sollte überarbeitet werden, "um sicherzustellen, dass es den Neutralitätsgrundsatz respektiert, ein legitimes Ziel verfolgt und frei von jeglicher Form von Diskriminierung einer bestimmten Gruppe von Schülern ist", kritisiert das Expertengremium in einem Bericht, der am Dienstag veröffentlicht wurde.

In diesem Zusammenhang übt der ECRI auch scharfe Kritik an den Politikern für den Umgang mit Muslimen in Österreich. "Es gibt einen hohen Grad an Islamophobie, und der öffentliche Diskurs ist immer fremdenfeindlicher geworden. Politische Reden haben äußerst spaltende und antagonistische Grundtöne angenommen, insbesondere in Bezug auf Muslime und Flüchtlinge", heißt es in dem Bericht.

Sorge um Racial Profiling durch die Polizei

"Anlass zur Sorge" sehen die Experten des Europarats auch aufgrund weiterer Mängel. Sowohl der Gleichbehandlungsanwaltschaft als auch der Gleichbehandlungskommission fehle es an ausreichendem Personal und finanziellen Mitteln. Die Antidiskriminierungsgesetze seien aufgrund der Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Bundesregierung und den Bundesländern weiterhin komplex und fragmentiert. Die Unterscheidung zwischen dem Gleichbehandlungsgesetz und Antidiskriminierungsgesetzen der einzelnen Bundesländer führe häufig zu Verwirrung und Rechtsunsicherheit.

In Österreich erfolge noch immer keine umfassende und systematische Erfassung von Daten zu Hassrede und hassmotivierter Gewalt, kritisiert das Gremium. "Der Grad der Nichterfassung, insbesondere bei schutzbedürftigen Gruppen, ist ein Problem." Obwohl 2017 in den Staatsanwaltschaften entsprechende Sonderabteilungen eingerichtet wurden, hätten diese Einheiten noch nicht ihre Tätigkeit aufgenommen.

Besorgt zeigt sich der Europaratsauschuss auch wegen Meldungen über mutmaßliche Praktiken eines ethnischen Profiling (Racial Profiling) durch die österreichische Polizei, insbesondere in Bezug auf Dunkelhäutige und Muslime, die nach wie vor stattfänden.

Unabhängige Rechtsberatung für Asylwerber gefordert

Auch in Bezug auf Integrationsmaßnahmen ist der Bericht kritisch. Die gesetzliche Einrichtung der Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen im Juni 2019 habe ernste Fragen zur Bereitstellung von Rechtshilfe für Asylsuchende aufgeworfen, heißt es in dem Bericht. Österreich müsse sicherstellen, dass Asylsuchende durch eine vollständig unabhängige Einrichtung kostenlose Rechtsberatung und -hilfe erhalten.

Weiter sollte das Recht von intergeschlechtlichen Kindern auf körperliche Unversehrtheit und körperliche Selbstbestimmung wirksam geschützt werden, forderte das Gremium weiters. Das bedeute etwa, dass medizinisch unnötige Operationen und andere Behandlungen zur "Normalisierung" des Geschlechts verboten werden, bis das Kind in der Lage ist, auf Grundlage des Selbstbestimmungsrechts und des Grundsatzes einer freien und informierten Einwilligung an der Entscheidung mitzuwirken.

Auch positive Entwicklungen

Seit dem bisher letzten ECRI-Bericht 2015 seien in Österreich auch Fortschritte erzielt worden, heißt es in dem Report. Mehrere rechtliche Entwicklungen zur Förderung der Gleichstellung von LGBTI-Personen seien zu verzeichnen. 2018 sei eine dritte Geschlechterkategorie "divers/offen" und 2019 die gleichgeschlechtliche Ehe eingeführt worden.

Österreich habe auch mehrere Initiativen zur Unterdrückung von Hassrede ergriffen, indem es Gegendarstellungen entwickelt habe. Die Behörden hätten die Aufdeckung und Protokollierung von Hass im Internet verbessert und Hilfsangebote für Opfer dieser Vorfälle eingerichtet. 2016 sei der Straftatbestand des Cybermobbing eingeführt und 2018 eine Vereinbarung mit den sozialen Netzwerken über das Entfernen von Hassrede innerhalb von 24 Stunden getroffen worden. 2017 sei die Roma-Strategie überarbeitet worden, die Bekämpfung von Antiziganismus werde nun ausdrücklich als strategische Priorität anerkannt. (APA, 2.6.2020)