Der berühmte "Babyelefant" als Abstandsmesser war am Dienstag auch in zweifacher Ausfertigung als lebensgroßer Pappaufsteller präsent – und sorgte für ausreichend Abstand zwischen Anschober, Foitik und Szekeres.

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Während in Deutschland fieberhaft an einer Corona-App gearbeitet wird, ist ein vergleichbares Programm bereits seit Wochen in Österreich verfügbar. Der Erfolg der "Stopp Corona"-App des Roten Kreuzes ist allerdings überschaubar. Sie wird von 300.000 in Österreich lebenden Menschen genutzt, wie Bundesrettungskommandant Gerry Foitik am Dienstag bei einer Pressekonferenz sagte. Damit die App ihren Zweck erfüllt, müssten es mehr sein. Laut Berechnungen der Universität Oxford müssten rund 60 Prozent der Bevölkerung sie nutzen – das wären hierzulande 5,4 Millionen Menschen.

"Eine deutliche Unterstützung"

"Die App funktioniert nur, wenn möglichst viele Menschen sie heruntergeladen haben. Das tut nicht weh, das schadet nicht", rief Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres zur Nutzung auf. Er warnte davor anzunehmen, dass die Pandemie in Österreich schon überwunden sei: "Jetzt sind wir in einer Situation, dass wir vorsichtig sein sollten, den Erfolg nicht zu konterkarieren. Das Virus gibt es noch, das Virus wird auch übertragen." Es gelte auch weiterhin der Appell, vorsichtig zu sein, Abstand zu halten, sich häufig die Hände zu waschen und in geschlossenen Räumen Masken zu tragen.

Es sei ja schwierig, "sich zu erinnern, wen man vor drei Tagen vor oder neben sich gehabt hat", sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) zur Grundidee der Handy-App. Zwar könne diese kein Ersatz für ein manuelles Konaktpersonen-Management sein, sie wäre aber "eine deutliche Unterstützung".

Freiwillige Nutzung

Wesentlich für die spärliche Nutzung der App waren Aussagen von ÖVP-Politikern, die App müsse verpflichtend genutzt werden. Damit sorgten sie für Unsicherheit, die bis heute anhält. "Die Diskussion hat viel Schaden angerichtet", bestätigte Foitik. Er und Anschober betonten daher gleich mehrmals, dass die App ausschließlich freiwillig genutzt werden solle. "Die Verpflichtung ist vom Tisch", so Anschober. Die App sei wichtig, um eine zweite Welle an massenhaften Corona-Infektionen zu vermeiden. Neben schnellen Tests und dem Einhalten von Abstands- und Hygieneregeln sei sie ein Teil der sogenannten Containment-2.0-Strategie der Regierung, sagte Anschober. Mit der App wird gespeichert, wer mit wem Kontakt hatte. Treten bei einer Person Symptome auf, wird man benachrichtigt. So soll schnell auf Infektionscluster reagiert werden können.

Das Entscheidende dabei ist, wie viele Bürger angesichts sinkender Infektionszahlen überhaupt noch die Dringlichkeit sehen, sich die App herunterzuladen. Laut Foitik wurde das bei "Stopp Corona" 600.000-mal gemacht. Um die Nutzerzahlen zu erhöhen, rühren nun das Gesundheitsministerium und das Rote Kreuz die Werbetrommel. Helfen soll dabei, dass Datenschutzexperten der App ein gutes Zeugnis ausstellten und sie technisch überarbeitet wurde.

Neue Version

Mitte Juni wird das Programm auch die Schnittstellen der Smartphone-Hersteller Google und Apple nutzen, die beide Konzerne Mitte Mai veröffentlicht haben, sagte Foitik. "Dann wird diese App mit den automatischen Handshakes auch klaglos funktionieren." Sinn des Programms ist es ja, über die Bluetooth-Schnittstelle der Handys quasi ein elektronisches "Kontakttagebuch" am Handy zu führen, mit dem aufgezeichnet wird, mit wem der jeweilige User in der Vergangenheit Kontakt hatte. Schlägt dann einer der User wegen eines positiven Tests oder eines Verdachtsfalls Alarm, werden alle seine via App aufgezeichneten Kontakte anonymisiert verständigt. Diese können dann Maßnahmen gegen eine (unbemerkte) weitere Verbreitung des Virus ergreifen.

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Auf Freiwilligkeit setzt Foitik auch bei der künftigen Weiterentwicklung der App. So sei geplant, eine Plattform zu gründen, die eine möglichst breite Beteiligung der Gesellschaft, aber auch der technischen Community sicherstellen soll. Der Start dieses noch recht offenen Projekts ist für Mitte Juli geplant. Ziel ist laut Foitik unter anderem, möglichst viele Personen, die sich mit App-Programmierung beschäftigen, an der Weiterentwicklung zu beteiligen. In einem weiteren Schritt soll die Zukunft der App überhaupt an die Plattform übertragen werden, wobei das Rote Kreuz wohl auch dann die Letztverantwortung tragen dürfte. (Markus Sulzbacher, APA, 2.6.2020)