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Der Anführer der stimmenstärksten Partei Vetëvendosje, Albin Kurti, will Neuwahlen und dann wieder regieren.

Foto: AP Photo / Visar Kryeziu

"Wir wollen Wahlen!" und "Ohne Gerechtigkeit gibt es keinen Frieden", riefen Demonstranten vor dem Parlamentsgebäude in der kosovarischen Hauptstadt Prishtina, als am Mittwoch die neue Regierung gewählt wurde. Doch nicht nur vor der Tür gab es Widerstand. Auch Parlamentspräsidentin Vjosa Osmani setzte ein Zeichen und weigerte sich, den Vorsitz zu übernehmen.

Das neue Kabinett unter Premier Avdullah Hoti wurde schließlich mit nur 61 von 120 Stimmen gewählt. Insgesamt waren nur 86 Parlamentarier anwesend – weil die stimmenstärkste Partei Vetëvendosje (VV) die Versammlung boykottierte. Zur neuen Regierungskoalition gehören die konservative LDK, die AAK des früheren Premiers Ramush Haradinaj, die Lokalpartei Nisma, die serbische Srpska Lista und einige Minderheitenvertreter. Außenministerin ist Meliza Haradinaj von der AAK.

Einmischung der USA

Die neue Regierung ist auf merkwürdige Weise zustande gekommen. Protest gibt es vor allem deshalb, weil die Vorgängerregierung unter dem linksnationalistischen Albin Kurti mitten in der Pandemie nach nur 50 Tagen – auch durch eine beispiellose Einmischung des US-Gesandten Richard Grenell – am 25. März gestürzt worden war.

Dabei hatte Kurtis Vetëvendosje am 6. Oktober die Wahl gewonnen. Die Koalition zwischen der VV und der LDK, die daraufhin Anfang Februar zustande kam, war aber ein Dorn im Auge von Präsident Hashim Thaçi und der Trump-Regierung. Denn Thaçi und die USA wollen bereits seit 2018 einen Deal mit Serbien durchziehen. Kurti jedoch wollte die kosovarische Verhandlungsdelegation im Dialog mit Serbien anführen und Thaçis Deal ausbremsen.

Machtkampf geht weiter

Der Machtkampf zwischen Kurti und Thaçi führte dazu, dass der Präsident Hoti beauftragte, eine neue Regierung zu bilden. Doch Kurti rief das Verfassungsgericht in der Causa an, weil er dies für ungesetzlich hielt. Dieses entschied vergangene Woche jedoch, dass der Staatschef verfassungskonform gehandelt hatte.

Trotzdem sind weitere Proteste der VV zu erwarten, die insbesondere unter jungen Kosovaren sehr beliebt ist. Die VV hat die neue Regierung bereits als illegitim bezeichnet und eine Petition gestartet, um Neuwahlen zu erreichen.

Rexhep Selimi, der Vorsitzende der Vetëvendosje-Parlamentsfraktion, sagte nun, dass man mit der neuen Regierung ohne die VV versuche, die Entscheidung der Bürger bei der Wahl vergangenes Jahr rückgängig zu machen. Er beschuldigte auch die LDK, die Bürger damals bei der Wahl getäuscht zu haben.

Tatsächlich hatte die LDK – vor allem mithilfe der beliebten Politikerin Vjosa Osmani – nach der Wahl eine Koalition mit der VV gebildet. Doch dann war der Druck, auch seitens Grenells, so groß geworden, dass einige Leute in der Partei die eigene Koalition sprengten.

Flügelkampf in der LDK

In der LDK tobt seitdem allerdings auch ein interner Streit. Parlamentspräsidentin Osmani etwa, die gegen den Sturz der alten Regierung war, plädierte nun für eine Übergangsregierung bis zu Neuwahlen. (Adelheid Wölfl, 4.6.2020)