Der Stein aus dem Konzentrationslager Mauthausen wurde 1989 von der Stadt aufgestellt. Laut Innenministerium spricht sich die Expertenkommission für eine Verlegung aus.

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Braunau – Die Pläne zur Neugestaltung des Geburtshauses von Adolf Hitler in Braunau stoßen auf Kritik. Dass ein vor dem Haus in der Salzburger Vorstadt 15 aufgestellter Mahnstein ins Museum verfrachtet werden soll, bringt für die Gedenkverbände das Fass zum Überlaufen. Sie kündigen massive Proteste an.

Das Innenministerium möchte das gelbe Haus in Braunau mit seiner belastenden Geschichte "neutralisieren", hieß es bei der Präsentation am Dienstag. Nach dem Umbau wird die Polizei einziehen, um das Gebäude als Pilgerstätte für Neonazis unattraktiv zu machen. Der 1989 von der Stadt Braunau vor dem Haus aufgestellte Gedenkstein mit der Aufschrift "Für Frieden, Freiheit und Demokratie – Nie wieder Faschismus – Millionen Tote mahnen" solle im "Haus der Geschichte" untergebracht werden, kündigte der Sektionschef des Innenministeriums Hermann Feiner am Dienstag an.

Florian Kotanko, der Leiter der Braunauer Zeitgeschichtetage, spricht sich strikt gegen die Demontage aus. "Der Platz verschwindet ja nicht in einem schwarzen Loch. Die Wissenden werden auch künftig wissen, wo das Haus gestanden ist. Da nützt auch das Transferieren in eine Polizeistation und das Entfernen des Gedenksteins nicht." Der Stein müsse jedenfalls in Braunau bleiben, fordert Kotanko.

"Es wird breiten Widerstand geben"

Seinem Protest schließen sich das Mauthausen Komitee (MKÖ), das OÖ Netzwerk gegen Rassismus und Rechtsextremismus und der KZ-Verband OÖ an. "Es ist unglaublich! Unter dem Vorwand, kein Anziehungspunkt für Faschisten zu sein, will man einen antifaschistischen Mahnstein wegschaffen, der dort seit über 30 Jahren steht", sagt Robert Eiter, Sprecher des Netzwerks gegen Rassismus und Rechtsextremismus. Dass diese Mahnung an die Millionen NS-Opfer aus Braunau wegsoll, sei fatal. "Dagegen wird es breiten Widerstand geben", kündigte Eiter an. "Man kann Geschichte nicht verräumen, verstecken oder neutralisieren." Hitler werde mit der Stadt Braunau in Verbindung gebracht, "da kann man sich nur aktiv damit auseinandersetzen".

Genau diese Intention hatte auch die Stadt Braunau, als der damalige Bürgermeister Gerhard Skiba (SPÖ) den Stein 1989 zwei Wochen vor Hitlers 100. Geburtstag vor dessen Geburtshaus aufstellte. "Aus den schrecklichen Ereignissen der Vergangenheit zu lernen und nicht zu vergessen oder zu verdrängen", wie auf der Website der Stadt zu lesen ist.

Kommission machte Vorschlag

Nun soll der Stein von dort weg. Vom Innenministerium heißt es am Mittwoch auf STANDARD-Anfrage, den Gedenkstein ins Museum zu stellen sei nur eine Variante. Die Expertenkommission habe in ihrem Gutachten vorgeschlagen, den Stein vom Ort zu entfernen. "Es ist ein Mahnstein der Stadtgemeinde Braunau. Das muss auf lokalpolitischer Ebene entschieden werden, wie man damit umgeht", sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Es brauche einen Diskussionsprozess unter Einbindung der örtlichen Entscheidungsträger.

Der Braunauer Bürgermeister Johannes Waidbacher (ÖVP) begrüßt in einer schriftlichen Stellungnahme die Rückführung des Gebäudes auf eine historische Fassade. "Diese Maßnahme wurde auch von Vertretern des Denkmalschutzes und vom Stadtverein Braunau stets angeregt." Zur Frage des Mahnsteins vor dem Gebäude bleibt Waidbacher vage: "Dies ist noch politisch abzustimmen."

Vor das Rathaus stellen

Kotanko hätte da schon einen Gegenvorschlag: "Wenn er nicht vor dem Neubau steht, dann eben auf einen anderen prominenten Platz in Braunau. Vor dem Rathaus gibt es eine verkehrsberuhigte Stelle, dort könnte man ihn hinstellen." Gegen den Text auf dem Stein könne ein Demokrat nichts haben, es komme nicht einmal der Name Adolf Hitler vor.

Für den MKÖ-Vorsitzenden Willi Mernyi orientiert sich die Neugestaltung an der Devise Verdrängung statt Auseinandersetzung. "Offenbar will man die Welt vergessen lassen, dass der schlimmste Massenmörder der Geschichte in Braunau geboren wurde. Dieser Ansatz ist inhaltlich falsch. Man muss zu dem stehen, was war." Der Vorsitzende des KZ-Verbands OÖ, Harald Grünn, ist über die Versetzung des Steins empört: Die geplante "Entsorgung" sei "eine Verhöhnung aller Opfer des Faschismus" und ein "handfester demokratiepolitischer Skandal".

Auch die Nationalratsabgeordneten Sabine Schatz (SPÖ) und David Stögmüller (Grüne), der auch Gemeinderat in Braunau ist, sprachen sich für den Erhalt des Gedenksteins an seinem bisherigen Standplatz aus. Schatz will eine Anfrage an Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) stellen. (Stefanie Ruep, 3.6.2020)