Protest gegen eine Gedenkmesse in Sarajevo im Mai 2020.

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Eigentlich wurde die Aufforderung an den Innenminister, rechtliche Maßnahmen zu prüfen, wie die alljährlich stattfindende ultranationalistisch-faschistische Gedenkfeier in Pliberk/Bleiburg 2021 untersagt werden kann, als Vierparteienantrag von ÖVP, Grünen, SPÖ und Neos eingebracht. Umso überraschter, um nicht zu sagen empörter sind SPÖ und Neos jetzt, nachdem bei der Sitzung des parlamentarischen Innenausschusses am Mittwoch die Vertagung ebendieses Antrags beschlossen wurde.

Zum Hintergrund: Bei der Gedenkveranstaltung wird der Ereignisse nach Ende des Zweiten Weltkriegs in Südkärnten gedacht. In Kärnten wurden 1945 nach der Kapitulation Nazi-Deutschlands rund 40.000 geflüchtete Angehörige der slowenischen und kroatischen Heimwehren und Angehörige der Ustascha-Miliz, sowie serbische und montenegrinische Tschetniks, also viele Soldaten, die aufseiten Deutschlands gekämpft hatten, mit ihren Familienangehörigen von der britischen Besatzungsmacht an die kommunistischen Tito-Einheiten ausgeliefert. Unter den Opfern waren aber auch Kosaken, Österreicher, Italiener und Zivilisten verschiedenster Orte. Die Zahl jener Menschen, die dabei gefangen genommen und getötet wurden, ist umstritten, Historiker schätzen sie jedoch auf Zehntausende. Bis vor kurzem als "kirchliche Veranstaltung" tituliert, gilt das Treffen auf dem Loibacher Feld in Bleiburg als Anziehungspunkt für Teilnehmer mit faschistischer und nationalistischer Einstellung. In den vergangenen Jahren kam es dabei regelmäßig zu nationalsozialistischer Wiederbetätigung.

Schaden für die Reputation Österreichs

Seit langem fordern daher Opposition und antifaschistische Verbände ein Verbot des Großaufmarschs. Es sei nicht hinnehmbar, einer Veranstaltung in Österreich eine Bühne zu bieten, die wegen ihres positiven Faschismusbezugs darauf angelegt ist, in Konflikt mit dem Prinzip des Wiederbetätigungsverbots zu kommen, wird argumentiert. Zwar fand heuer Corona-bedingt nur eine Schmalspurvariante des Treffens statt, in Sarajevo protestierten Mitte Mai aber Tausende gegen eine Gedenkmesse für die kroatischen Nazi-Kollaborateure. Im Vierparteienantrag heißt es dazu: "Die Abhaltung einer sogenannten 'Messe für Bleiburg' in Sarajevo mit ausdrücklichem Österreich-Bezug schadet der Reputation Österreichs als demokratischer Republik und unterminiert den antifaschistischen und antitotalitären Grundkonsens."

Im Vorjahr wurde der auf einem Privatgrundstück stattfindenden Veranstaltung das Argument des "religiösen Charakters" entzogen. Als politische Veranstaltung unterliegt das Treffen nun strengeren Kriterien des Veranstaltungsgesetzes.

Weil man in Österreich aber für 2021 wieder mit regem Andrang rechnet, erklären ÖVP, Grüne, SPÖ und Neos in ihrem gemeinsam Antrag, dass "die Bundesregierung politisch daran gemessen" werde, "ob sie verantwortungsvoll mit den Lehren aus dem Zweiten Weltkrieg umgeht und ein Zeichen gegen die politische Vereinnahmung der Feierlichkeiten zu setzen gewillt ist". Denn Österreich dürfe nicht erneut Schauplatz "der größten faschistischen Veranstaltung Europas" werden.

Kein grünes Licht

Bloß: Der Innenausschuss gab dafür kein grünes Licht – jedenfalls vorerst nicht. Laut Ausschussobmann Karl Mahrer (ÖVP) sollen die Formulierungen bis Ende Juni nachjustiert werden. Das Argument der Regierungsparteien: Versammlungs- und Religionsfreiheit dürften auch hier nicht außer Acht gelassen werden. Wie die Parlamentskorrespondenz berichtet, hat Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) zudem die Einsetzung einer interdisziplinären Arbeitsgruppe unter Einbindung des Außenministeriums und des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes (DÖW) angekündigt, um die Sachlage zu prüfen.

Nichts anderes stehe im Entschließungsantrag, ärgert sich die SPÖ. Bei den Neos wundert man sich, wieso überhaupt ein gemeinsamer Antrag eingebracht werde, wenn dieser dann vertagt werde. (red, 4.6.2020)