Bei der Suche nach vermissten Personen setzen die Polizeibehörden weltweit auch auf die Mithilfe der Bevölkerung.

Foto: APA / Jens Büttner

Fahndungen nach vermissten Kindern gehören zu den Aufgaben der Polizei, die in der Öffentlichkeit größtes Interesse und auch tiefe Emotionen auslösen. Fälle wie der von Madeleine McCann haben auch dazu beigetragen, dass sich Polizeibehörden auf der ganzen Welt vernetzen und digitale Möglichkeiten schaffen, um die Bevölkerung in die Suche einzubeziehen. Die Polizei nutzt längst Twitter, Facebook und Co für aktuelle Fahndungszwecke.

Die weltweit größte polizeiliche Datenbank zur Suche nach Vermissten betreibt Interpol. Die in Wien gegründete und heute in Lyon beheimatete internationale kriminalpolizeiliche Organisation hat ihre Onlinefahndung farblich zweigeteilt: "Red Notices" für flüchtige Strafverdächtige und "Yellow Notices" für abgängige Personen. Letztere werden stündlich aktualisiert. Donnerstagmittag waren insgesamt 7354 Vermisste angeführt, 2004 davon waren Kinder und Jugendliche unter 19.

Dauer spielt keine Rolle

Anwender können nach der Herkunft, dem Alter und nach dem vollen Namen von Vermissten suchen. Aber auch unbekannte Personen, die irgendwo aufgetaucht sind und keine Angaben zu ihrer Identität machen können, sind mit Porträtfotos gelistet.

In Österreich ist das Kompetenzzentrum für abgängige Personen (KAP) im Bundeskriminalamt für die zentrale Koordinierung der Ausforschung von vermissten Menschen zuständig. Dass jemand drei Tage verschwunden sein muss, um als abgängig gemeldet werden zu können, ist ein immer noch weitverbreiteter Irrglaube. Die Dauer der Abgängigkeit spielt keine Rolle.

Schnelle Aufnahme ins Fahndungssystem

Die Polizei leitet eine Fahndung ein, wenn Suizidgefahr besteht, ein Verbrechen oder ein Unfall zu befürchten ist oder wenn eine abgängige Person aufgrund einer Erkrankung oder psychischen Beeinträchtigung allein als hilflos gilt. Auch verschwundene Kinder und Jugendliche werden auf Ersuchen eines Erziehungsberechtigten möglichst schnell im Fahndungssystem (Ekis) gespeichert.

11.000 Anzeigen pro Jahr

Anfang Mai waren nach Auskunft des Bundeskriminalamts insgesamt 816 Personen in Österreich als abgängig gemeldet. 229 davon waren Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren, 103 waren unter 14 Jahre alt.Übers Jahr summieren sich Abgängigkeitsanzeigen auf eine beträchtliche Anzahl, im Vorjahr waren es 11.000. Drei Viertel davon waren laut Kripo Minder jährige, die sich ohne Erlaubnis aus Betreuungseinrichtungen entfernt hatten, aber nach wenigen Tagen freiwillig oder unfreiwillig wieder zurückgekehrt waren. Manche Ausreißer verursachten bis zu 50 Abgängigkeitsanzeigen in zwölf Monaten.

Grundsätzlich tauchen 80 bis 85 Prozent aller Vermissten innerhalb einer Woche wieder auf, 90 bis 95 Prozent innerhalb eines Monats. Rund zehn Fälle pro Jahr bleiben auf längere Sicht ungelöst. (Michael Simoner, 4.6.2020)