Bevor ein Geschäftsführer einen Antrag auf Steuerstundung an das Finanzamt stellt, sollte er sich das gut überlegen.

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Als Reaktion auf die Covid-19-Pandemie schuf die Bundesregierung ein umfangreiches Entlastungspaket für österreichische Unternehmen, das insbesondere auf die Aufrechterhaltung der Liquidität gerichtet ist. Teil dieses Pakets ist auch die Möglichkeit von Stundungen oder Ratenzahlungen für fällige Steuern bis zum 30. September 2020 für von Covid-19 betroffene Unternehmen.

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht mag eine solche Steuerstundung zwecks – zumindest kurzfristiger – Entlastung der Liquiditätssituation eines krisengebeutelten Unternehmens durchaus sinnvoll sein. Allerdings gilt es zu bedenken: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Sollte es zu einem Ausfall der Steuerzahlungen etwa aufgrund der Insolvenz des Unternehmens kommen, droht den Geschäftsführern eine persönliche Haftung auch gegenüber dem Fiskus. Wie soll dieser Spagat zwischen betriebswirtschaftlich sinnvollem Handeln und einer dadurch möglicherweise ausgelösten späteren persönlichen Haftung des Geschäftsführers gelöst werden?

Haftung der Leitungsorgane für Abgaben

Das österreichische Abgabenrecht nimmt die Leitungsorgane einer Kapitalgesellschaft in die Pflicht, um für die ordnungsgemäße Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten dieser Gesellschaft zu sorgen. Dazu gehört auch die rechtzeitige Entrichtung fälliger Abgaben. Um dieser Verpflichtung Nachdruck zu verleihen, ist eine Ausfallhaftung der Leitungsorgane vorgesehen. Diese kommt zum Tragen, wenn die Abgaben uneinbringlich werden und eine schuldhafte Pflichtverletzung des Geschäftsführers dafür ursächlich war. Bereits leicht fahrlässiges Verhalten des Geschäftsführers kann eine Haftung begründen. Kommt diese zum Tragen, ist dem Fiskus der Zugriff auf das Privatvermögen des Geschäftsführers möglich.

Steuerstundung und Gefährdung der Einbringlichkeit

Bei der Beantragung einer Steuerstundung, bzw. einer Ratenzahlung, fälliger Abgaben hat das Unternehmen neben dem Vorliegen eines Covid-19-bedingten Liquiditätsengpasses glaubhaft zu machen, dass die Einbringlichkeit der Abgaben nicht gefährdet wird. Solch gefährdende Umstände wären etwa die Überschuldung oder eine drohende Insolvenzgefahr des antragstellenden Unternehmens.

Werden Abgaben nach genehmigter Steuerstundung uneinbringlich, kann die Geschäftsführung im Ausmaß der uneinbringlichen Abgaben in Anspruch genommen werden. Die Leitungsorgane einer antragstellenden Gesellschaft sind daher gut beraten, sich bereits vor der Antragstellung mit diesem Problem auseinanderzusetzen. Dies wird insbesondere dadurch verschärft, als im Fall einer Inanspruchnahme der Leitungsorgane die Geschäftsführer die Verpflichtung trifft, jene Gründe darzulegen, die ein schuldhaftes Verhalten ausschließen.

Handlungsanleitung für die Geschäftsführer

Was ist also konkret für den Geschäftsführer vor Antragstellung einer solchen Zahlungserleichterung zu tun? Die Leitungsorgane haben sich bereits vor Antragstellung ein genaues Bild über die finanzielle Situation der Gesellschaft zu machen. Dabei ist anzuraten, eine vollständige Finanzplanung unter Berücksichtigung der Vermögens-, Ertrags- und Liquiditätslage der Gesellschaft durchzuführen. Gelangt man zu dem Ergebnis, dass bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung die Einbringlichkeit der Abgaben gefährdet ist, ist tunlichst davon abzusehen.

Gerade in diesen aufgrund der Covid-19-Pandemie wirtschaftlich äußerst volatilen Zeiten ist eine solche Planungsrechnung naturgemäß mit großen Unsicherheiten behaftet. Eine möglichst genaue Prognose der zukünftigen Geschäftsentwicklung der Gesellschaft wird in einer Ex-ante-Betrachtung nur in Ausnahmefällen möglich sein. Dennoch sollten den Planungsrechnungen möglichst belastbare Annahmen zugrunde gelegt werden, die auch nachvollziehbar zu begründen sind und detailliert dokumentiert werden.

Werden Abgaben aufgrund des Eintritts unvorhersehbarer Umstände uneinbringlich, wird den Leitungsorganen kaum ein schuldhaftes Verhalten vorgeworfen werden können. Von einem haftungsbegründenden Verschulden ist nicht auszugehen, wenn die Leitungsorgane vor Antragstellung auf Basis der zu diesem Zeitpunkt verfügbaren Informationen davon ausgehen konnten, dass die Angaben in der Antragstellung zu diesem Zeitpunkt korrekt waren und durch die Zahlungserleichterung die Einbringlichkeit nicht gefährdet wird. Eine allfällige Haftung kann sich in diesen Fall nur aufgrund fehlender oder nicht rechtzeitiger Insolvenzeröffnung ergeben.

Einmal mehr bewahrheitet sich auch hier die Empfehlung, besser eine sorgfältige Vorbereitung als ein überhastet gestellter Antrag, der letztlich zum Bumerang für den Geschäftsführer wird. (Michaela Petritz-Klar, 5.6.2020)