Der Wiener Stadtchef Michael Ludwig und seine Vize Birgit Hebein sind in Gutschein-Geber-Laune.

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Zur Unterstützung der Gastwirte und Kunden in der Corona-Krise öffnete Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) just im Wahljahr 2020 mit einem ordentlichen Wahlkampfzuckerl die Geldschleusen der Stadt: 950.000 Haushalte – egal ob darin Millionäre oder Mindestsicherungsbezieher wohnen – sollen bis Mitte Juni Wirtshausgutscheine erhalten.

Single-Haushalten wird per Post ein Voucher über 25 Euro zugeschickt, Mehrpersonenhaushalte bekommen 50 Euro. Einlösbar sind diese für Speisen und alkoholfreie Getränke in allen Wiener Betrieben, die in der Gastronomiesparte der Wirtschaftskammer gelistet sind. Laut Ludwig nimmt die Stadt dafür 40 Millionen Euro in die Hand. Präsentiert wurde die Maßnahme Mitte Mai.

Gemeinderatsbeschluss erst am 24. Juni

Ein Beschluss im Gemeinderat ist aber bis dato noch nicht erfolgt. Der nächste mögliche Termin ist erst am 24. Juni. Eine Verzögerung für die Gutscheine ist damit aber nicht verbunden, heißt es aus dem Büro von Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ): Rot-Grün habe sich auf die Mittelfreigabe geeinigt. Der Beschluss erfolge am kommenden Mittwoch im Finanzausschuss.

Ein Sprecher von Hanke sagte dem STANDARD, dass die Gutscheine noch vor dem Beschluss im Gemeinderat per Post an die Haushalte geschickt würden. "Der Druck der Gutscheine erfolgt kommende Woche." Damit ergibt sich das Kuriosum, dass die Lokalgutscheine noch vor dem Beschluss im Gemeinderat eingelöst werden können. Ein Hanke-Sprecher bestätigte auf Nachfrage diese Möglichkeit. Es handle sich im Gemeinderat um eine "nachträgliche Genehmigung".

Grüne fordern Bons für Junge

Kolportierte Unstimmigkeiten zwischen den Koalitionspartnern SPÖ und Grünen wegen der Gastro-Gutscheine wies Vizebürgermeisterin Birgit Hebein am Donnerstag zurück. Der Kurier zitierte "verärgerte SPÖ-Funktionäre", wonach Hebein als Gegenleistung für die Zustimmung "einen Betrag in Millionenhöhe" für ein grünes Projekt gefordert und deshalb die Einigung zum Gastro-Gutschein verzögert habe. "Wenn sich irgendein Hinterbänkler jetzt wichtig macht, dann stinkt es nach Wahlkampf", sagte Hebein.

Dieser ist freilich längst eingeläutet. Denn am Donnerstag sorgte Hebein mit einer neuen Gutscheinforderung für Aufsehen: Sie will eine "Reparatur-Marie" für junge Wiener. Konkret sollen alle 16- bis 30-Jährigen einen 25-Euro-Bon erhalten, der bei kleinen Handwerksbetrieben mit bis zu neun Mitarbeitern im Heimatbezirk eingelöst werden könne. "Wir denken an Schuster, Schneider, Uhrmacher, Fahrradwerkstätten oder Upcycling-Betriebe", sagte die grüne Stadträtin. Den Gutschein sollen 360.000 junge Personen zugeschickt bekommen. Hebein rechnet mit Kosten für das Stadtbudget in Höhe von zehn Millionen Euro.

Noch keine Zustimmung der SPÖ

Fix ist diese Maßnahme aber nicht: Die SPÖ hat dem grünen Vorstoß noch nicht zugestimmt. "Noch gilt es, beim Koalitionspartner Überzeugungsarbeit zu leisten", räumte auch Hebein ein. Ein Sprecher von Stadtchef Ludwig wollte Gespräche über dieses Thema auf Anfrage vorerst nicht kommentieren.

Der ventilierte Vorschlag der Reparatur-Marie für junge Wiener ist bereits der dritte Gutscheinvorstoß der Wiener Koalitionsparteien. Denn vor den Beisl-Bons gab es zum Höhepunkt der Corona-Krise auch Taxi-Gutscheine in Höhe von 50 Euro für alle über 65-Jährigen. 70.000 Personen hatten das Angebot angenommen. (David Krutzler, 5.6.2020)