Dürfte sich die Hardwareabteilung von Google ein Produkt aussuchen, das man nachträglich vergessen machen könnte, die Pixel Buds hätten eine gute Chance, dafür nominiert zu werden. Im Oktober 2017 parallel zum Launch des Pixel-2-Smartphones vorgestellt, unterliefen Google in der Entwicklung einige schwere Fehler. Die Buds hielten in vielen Ohren schlicht nicht vernünftig, die Ladeverpackung war äußerst unzuverlässig, vor allem aber wirkte das Design mit einem Verbindungskabel angesichts von Apples einige Monate zuvor vorgestellten Airpods einfach nicht mehr zeitgemäß. Da halfen auch unbestrittene Stärken wie die gute Google-Assistant-Integration nicht mehr – die Pixel Buds fielen bei praktisch allen Tests durch.

Ein zweiter Anlauf

Mehr als zwei Jahre später gibt es nun einen Nachfolger, der all das vergessen machen soll. Der Name bleibt dabei gleich, es heißt erneut einfach nur "Pixel Buds", auf eine Versionierung verzichtet das Unternehmen also. Diese sind seit kurzem in den USA erhältlich, von wo sich der STANDARD auch ein Paar besorgt hat. Ein Marktstart in Europa soll erst in den kommenden Wochen erfolgen. Grund dafür sind offensichtliche Probleme in der Produktions- und Lieferkette, die sich durch die Auswirkungen von Covid-19 ergeben. Insofern ist der folgende Test für heimische Interessenten auch als eine Art Vorgeschmack zu verstehen.

Die Pixel Buds in ihrem natürlichen Habitat: der Ladehülle.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Tolle Designarbeit

Der erste Eindruck schraubt die Erwartungen gleich einmal ordentlich hoch. Das Design der neuen Pixel Buds ist nämlich nicht gut und auch nicht sehr gut, sondern wirklich hervorragend. Das beginnt bei der Ladehülle, die sich mit ihren runden Formen und der matten Oberfläche wie ein Stein anfühlt und einfach toll in der Hand liegt. Das geht weiter mit einem Aufklappmechanismus, an dem – beziehungsweise an der Stärke der dafür eingesetzten Magnete – die Google-Designer wohl länger gefeilt haben, damit das Klickgeräusch auch stimmig ist. Und es endet bei den Buds selbst, die äußerlich ein bisschen wie Mentos aussehen und sich perfekt in die Verpackung einpassen. Manchen mögen all diese Dinge eher egal sein. Bei wem das der Fall ist, der kann den aktuellen Absatz gerne komplett ausblenden. Das ändert aber nichts daran, dass die neuen Pixel Buds einfach auch ein beeindruckendes Stück Designarbeit sind.

In-Ear

Ausgeführt sind die Pixel Buds als In-Ears mit einem kleinen Kunststoffbügel, der den sicheren Sitz garantieren soll. Das heißt, die Nutzer drehen die Buds quasi in die Ohrmuschel ein, bis sie richtig sitzen. Erfreulicherweise funktioniert das auch. Der Sitz war zumindest beim Tester wirklich bombensicher, und da sie nicht weit herausstehen, ist selbst der Wechsel der Kleidung mit den Buds in den Ohren kein Problem. An der Stelle muss angemerkt werden, dass Ohren natürlich sehr unterschiedlich sind, die subjektive Erfahrung anderer insofern stark divergieren mag. Aber als einzelner Datenpunkt sei darauf verwiesen, dass weder die klassischen Airpods noch Samsungs Galaxy Buds ähnlich gut in den Ohren des Testers halten.

Das Tragegefühl ist dabei "okay" – manche wird wohl schon die Ausführung als In-Ears abschrecken, auch wenn Google hier – wie andere Hersteller ebenso – eine Öffnung zum Druckausgleich integriert hat. Das Gewicht der Buds liegt bei 5,3 Gramm, das Gehäuse wiegt 56 Gramm. Wie gewohnt gibt es die Spitzen der Buds in unterschiedlichen Größen, die die User individuell wählen können. Manche Nutzer berichten, dass sie den weichen Kunststoffbügel zur Fixierung nach einigen Stunden als unangenehm empfinden. Dem Tester ging es zwar nicht so, der Vollständigkeit halber sei es aber trotzdem angemerkt.

Workout-geeignet

Erfreulich ist zudem, dass die neuen Pixel Buds nach IPX4 wasserdicht sind, insofern eignen sie sich auch für den Einsatz beim Workout oder wenn man mal im Regen laufen geht. Schwimmen sollte man hingegen damit besser nicht gehen. Ebenfalls sehr nützlich ist die In-Ear-Erkennung, gerade abgespielte Titel werden also automatisch pausiert, wenn die Buds aus den Ohren genommen werden. Zudem ist es möglich, die Pixel Buds einzeln zu nutzen, also etwa einen davon in der Ladestation zu lassen und nur über ein Ohr einen Podcast zu hören.

Kinderspiel: Setup

Eine weitere Stärke ist die Einrichtung der Pixel Buds – zumindest wenn man ein Android-Smartphone nutzt. Es reicht dazu, das Gehäuse zu öffnen, am Smartphone wird dann eine Benachrichtigung angezeigt, die direkt zum Setup führt. Je nach Gerät wird dann auch gleich die passende App installiert, über die Feineinstellungen und Firmware-Updates vorgenommen werden. Auf Pixel-Smartphones von Google selbst wird diese App übrigens direkt mit den Bluetooth-Einstellungen des Systems integriert. Für alle anderen Geräte können die Earbuds manuell gepairt werden – wie man es auch von anderen Bluetooth-Geräten gewohnt ist. Apropos: Für die Verbindung wird Bluetooth 5.0 genutzt.

Das Setup der Pixel Buds ist unter Android äußerst einfach vorzunehmen. Primär besteht es daraus, den Nutzern die zentralen Funktionen zu erklären.
Screenshots: Proschofsky / STANDARD

Problem bei der Verbindung?

An dieser Stelle eine kleine Warnung: Einige Nutzer berichten – vor allem im Freien – über regelmäßige Aussetzer bei der Verbindung mit den Pixel Buds. Im Test war das allerdings nicht zu bemerken. Eventuell mag das auch am verbundenen Gerät liegen, im Zusammenspiel mit einem Pixel 4 XL war die Verbindung jedenfalls tadellos. Wenn man einmal von einem Fall absieht: nämlich wenn man nur einen Earbud im Ohr hat und der andere irgendwo herumliegt. Dann bekommt natürlich die Bluetooth-Verbindung schnell Probleme, beide Buds zu beliefern. Die Lösung ist allerdings trivial: Einfach immer den gerade nicht verwendeten Bud in die Ladehülle geben. Dann wird er nämlich deaktiviert – und noch dazu gleich geladen.

Gleichzeitig hat Google mittlerweile ein Update zur Bereinigung sonstiger Verbindungsprobleme angekündigt, dieses soll in den kommenden Wochen folgen. Ob damit dann aber wirklich all die von Nutzern beklagten Probleme bereinigt werden, muss sich freilich erst zeigen.

Der Klang

Kommen wir zum wohl wichtigsten Punkt bei allen Kopfhörern: dem Klang. Google prahlt dabei mit "speziell entwickelten dynamischen 12-mm-Lautsprechern". Jenseits von solchen Werbesprüchen überzeugt der Klang der Pixel Buds durchaus, mit einem sehr ausgewogenen Klangbild gefällt er auch im Vergleich zum Mitbewerb. Eine Schwäche gibt es aber: Wer eine basslastige Wiedergabe bevorzugt, wird hier nicht sonderlich glücklich sein, in dieser Hinsicht sind die Pixel Buds eher zurückhaltend. Das ist an sich auch gar nicht schlecht, aber es gibt nun einmal unterschiedliche Bedürfnisse. Und aus dieser Perspektive schmerzt dann das Fehlen eines Equalizers für individuelle Anpassungen schon sehr.

Was man hier hingegen nicht erwarten darf, ist eine vollständige Isolierung von der Umgebung. Eine aktive Geräuschunterdrückung bieten die Pixel Buds nämlich nicht. Natürlich gibt es eine gewisse Isolierung durch den In-Ear-Ansatz, aber das war es dann auch schon. Ebenfalls vermisst man das Umgekehrte: nämlich einen Modus, um den Ton von außen durchzulassen. Wer mit der Außenwelt kommunizieren will, muss also zumindest einen der Buds herausnehmen, sonst wird es mit der Verständlichkeit schwierig.

Als eine Art Abhilfe sei auf Googles eigene Sound Amplifier App verwiesen, die eigentlich für Menschen mit Hörproblemen gedacht ist, und seit kurzem auch mit Bluetooth-Kopfhörern funktioniert. Diese kann über eine Geste am Smartphone rasch aufgerufen werden, und verstärkt dann die Umgebungsgeräusche – und kann dabei auch individuell angepasst werden. Eine kleine Verzögerung ist hier zwar bemerken, dafür sind die Ergebnisse wirklich gut.

Automatische Anpassung

Was es hingegen bei den Pixel Buds von Haus aus gibt, ist ein Feature namens "Adaptiver Sound". Dieses sorgt dafür, dass die Lautstärke automatisch an die Umgebung angepasst wird. Das Ganze ist nicht dafür gedacht, auf kurze Schwankungen zu reagieren, sondern auf das durchgängige Lautstärkeniveau im Umfeld. Und dafür funktionierte es im Testverlauf auch durchaus zuverlässig. Ob sich die Aktivierung dieser Funktion angesichts dessen, dass sie zusätzlichen Akku verbraucht, wirklich rentiert, ist aber eine andere Frage. Die meisten werden ohnehin lieber manuell nachbessern. Aber wenn man gerade keine Hand frei hat – etwa beim Radfahren –, ist das sicher ein nützliches Extra.

Sind klein und passen sich mit einem Kunststoffbügel ins Ohr ein: die Pixel Buds.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Gut schlagen sich die Pixel Buds wieder in Hinblick auf die Audioqualität der Mikrofone. Bei Telefongesprächen ist man also dank Beamforming durchaus gut verständlich. Wobei diese Einschätzung natürlich äußerst relativ ist. Wunder sollte man in dieser Hinsicht nicht erwarten, kabelgebundene Kopfhörer mit Mikrofon direkt vor dem Mund werden in dieser Kategorie immer besser abschneiden als Earbuds, die doch relativ weit von jenem Ort, an dem die Schallwellen den Körper verlassen, entfernt sind.

Mit und ohne Touch steuern

Ebenfalls sehr gut gelungen ist die Steuerung: Die Oberfläche der Pixel Buds ist Touch-sensitiv, worüber einige Gesten möglich sind. Einmaliges Antippen führt etwa zu Pausieren oder Start der Wiedergabe. Ein Doppel-Tap springt zum nächsten Eintrag in der Playlist, dreimal antippen kehrt zum letzten Lied zurück. Die Lautstärke kann über Wischbewegungen nach vorne und hinten angepasst werden.

Oder aber man setzt gleich ganz auf Sprachbefehle: Wie es sich für ein aktuelles Google-Gerät gehört, ist nämlich auch hier der Assistant des Unternehmens tief integriert. Diesem kann man entweder über einen Langdruck auf die Buds Befehle erteilen – von der Audio-Wiedergabe und dem Initiieren von Anrufen bis zum Setzen von Timern –, oder aber man macht das Ganze gleich komplett berührungsfrei. Können solche Befehle doch auch via "Hey Google" initiiert werden, Voraussetzung ist allerdings, dass man zuerst den Assistenten an die eigene Stimme anpasst. Immerhin soll verhindert werden, dass umstehende Scherzbolde den Assistenten im Ohr übernehmen können.

Generell ist das gerade für jene, die ohnehin tief im Google-Universum verankert sind, eine hervorragende Sache. Und auch bei sportlichen Aktivitäten lernt man schnell zu schätzen, dass sich der Assistant auch ohne Berührung steuern lässt, immerhin hat man hier die Hände nicht immer frei. Und beim Laufen ist es wiederum nicht immer einfach, solche Gesten zielsicher auszuführen.

Assistant-Fallstricke

Trotzdem gibt es auch bei der Assistant-Integration die eine oder andere Schwäche. Nervig ist hierbei etwa – wieder einmal –, dass die jeweiligen Assistant-Varianten für unterschiedliche Geräte auch in ihren Möglichkeiten variieren. Das heißt in dem Fall konkret, dass sich etwa keine Smart-Home-Geräte über den Google Assistant in den Pixel Buds steuern lassen. Generell wäre das zu verschmerzen, nun ist aber das Problem, dass die Pixel Buds, wenn sie gerade im Ohr sind, natürlich der physisch näheste Assistant zum Nutzer sind. Insofern wird er auch von Google priorisiert – und übernimmt so alle Sprachbefehle. Das führt zur absurden Situation, dass man die Pixel Buds ablegen muss, will man zu Hause das Licht mittels Sprachbefehl einschalten – da die Buds den eigentlich für einen smarten Lautsprecher gedachten Befehl abfangen, aber nichts damit anfangen können. Klar: Wer keine Smart-Home-Geräte hat, der braucht sich auch um solche Dinge keine Sorgen machen. Trotzdem zeigt dies, dass es hier noch Nachbesserungsbedarf bei Google gibt.

Von links: der Einstellungsdialog, der auf Pixel-Smartphones Teil der Bluetooth Settings ist. Wird das Gehäuse geöffnet zeigt das Smartphone direkt den Akkustand als Benachrichtigung an. Die Google-Assistant-Integration ist hier wenig überraschend sehr gut gelungen.
Screenshots: Proschofsky / STANDARD

Eine nettes Extra ist dafür die Möglichkeit, die Kopfhörer über die zugehörige App läuten zu lassen, um sie aufzuspüren, wenn man gerade einmal nicht weiß, wo sie sind. Google hat dabei übrigens schon angekündigt, dass sie künftig auch über eine Karte aufspürbar sein sollen. Das deutet daraufhin, dass man an einem ähnlichen "Find My"-Dienst arbeitet, wie es ihn im Apple-Universum bereits gibt, wo die Geräte relativ zueinander eine Ortung vornehmen können.

Akkulaufzeit

Die besten Earbuds bringen aber wenig, wenn der Akku schnell leer ist. Google verspricht in dieser Hinsicht 2,5 Stunden Telefonie und fünf Stunden Musikhören. Im Test waren es – allerdings bei Aktivierung aller optionalen Features – eher vier Stunden. Da gibt es natürlich so manche Konkurrenten – allen voran die Galaxy Buds+ –, die in dieser Hinsicht mehr bieten, auch wenn sie dafür weniger kompakt sind. Ob die von den Pixel Buds gelieferte Akkulaufzeit ausreicht, hängt schlussendlich aber ohnehin von den eigenen Nutzungsgewohnheiten ab.

Für den Tester war die Akkulaufzeit jedenfalls nie ein Problem, weil die Buds ohnehin sofort wieder geladen werden, wenn man sie kurz in die Hülle gibt. Und das geht ziemlich flott. Schon nach fünf Minuten war der Akkustand der Pixel Buds wieder bei 25 Prozent, nach zehn Minuten waren sie zur Hälfte voll. Für eine vollständige Ladung dauert es zwar dann trotzdem 45 Minuten, trotzdem ist so schnell wieder ausreichend Akku für ein paar Stunden Musikgenuss oder Podcast da.

Die Ladehülle der Buds bietet übrigens genügend Akku für 24 weitere Stunden Musikhören, es gehen sich hier also mehrere volle Ladungen der Buds aus. Das Case kann sowohl via USB-C als auch drahtlos (nach dem Qi-Standard) geladen werden. Was ebenfalls gefällt: Es reicht, das Gehäuse kurz zu öffnen, um eine Benachrichtigung am Smartphone auszulösen, die den aktuellen Akkustand anzeigt.

Der Transportbehälter kann auch drahtlos geladen werden.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Verfügbarkeit

Die neuen Pixel Buds werden derzeit nur in den USA für 179 Dollar angeboten. In einer nächsten Welle sollen dann einige europäische Länder hinzukommen – darunter auch Deutschland. Pläne für eine Veröffentlichung in Österreich gibt es derzeit nicht, zumindest keine offiziell kommunizierten. Die Verfügbarkeit in Deutschland sichert aber, dass die neuen Pixel Buds auch hierzulande in absehbarer Zeit einfach zu bekommen sein sollten. Zunächst gibt es dabei nur die Farbvariante weiß, ob auch die Ausführungen in Orange, Mint und Schwarz nach Europa kommen, ist derzeit noch unklar.

Fazit

Eines gelingt den neuen Pixel Buds auf jeden Fall: Sie machen die Defizite der ersten Generation schnell vergessen. Doch auch sonst liefert Google damit eine sehr gute Option für alle, die sich nach neuen Earbuds umsehen. Das heißt natürlich nicht, dass sie perfekt wären. Vielen wird etwa die aktive Geräuschunterdrückung abgehen. Andere werden wiederum lieber zu einem Modell mit besserer Akkulaufzeit greifen.

Die Integration mit der Android-Welt ist hingegen hier so gut und nahtlos wie bei keinem anderen Mitbewerber umgesetzt. Und wer die smarten Features des Google Assistant nutzen will, für den sind die Pixel Buds wohl ohnehin die erste Wahl. Damit sind die Earbuds von Google auch jene Option für Android-Nutzer, die am ehesten mit der engen Verzahnung der Airpods mit iPhone und Co zu vergleichen ist.

In Summe kann man also sagen: Google hat mit den neuen Pixel Buds eine hervorragende Basis für weitere Entwicklungen gelegt. Bleibt abzuwarten, was man aus dieser machen wird. Verspricht man doch, dass regelmäßig neue Features nachgeliefert werden – ein Equalizer steht dabei hoffentlich ganz oben auf der Liste. Und wenn man auf das Feedback hört, müsste eigentlich auch schon die Entwicklung eines Modells mit aktiver Geräuschunterdrückung begonnen haben. (Andreas Proschofsky, 14.6.2020)