Heinz-Christian Strache ist in einem "sudetendeutschen" Milieu vaterlos aufgewachsen, fand als neue Vaterfigur den Neonazi Norbert Burger, den Vater seiner Freundin, trieb sich als junger Mann intensiv in Neonazi-Kreisen herum.

Als guter Mittdreißiger übernahm er eine weit rechts stehende Partei als Abspaltung und führte sie in den nächsten dutzend Jahren mit einem autoritär-populistischen Programm auf 26 Prozent. Mit 47 war er Vizekanzler der Republik Österreich, aber knapp vor seinem 50. Geburtstag ruinierte er alles als Folge seines Ibiza-Auftritts. Heute, ein Jahr später, ist er Chef einer abermaligen Abspaltung der FPÖ, allerdings eher einer Absplitterung, die nur in Wien antritt. Vor einem Untersuchungsausschuss musste er Rede und Antwort stehen. Strafrechtliches steht im Raum. Seine Zukunft wird sich wahrscheinlich nicht als ein glänzender Wiederaufstieg gestalten.

Heinz-Christian Strache musste im Ibiza-U-Ausschuss Rede und Antwort stehen.
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Strache hat eine österreichische Karriere hinter sich. Rechte Politik hat in Österreich immer ihr Publikum, nicht erst seit gestern. Als die beiden Großparteien sich noch das Land aufteilten, wurde das rechte Gedankengut von ihnen bedient, auch der große Bruno Kreisky hätte keine absoluten Mehrheiten ohne ein diskretes Nicken zu den Immer-noch-Nazis errungen. Jörg Haider transformierte den alten Deutschnationalismus und die alte NS-Nostalgie in einen modernen Rechtspopulismus, ohne sie aufzugeben. Strache führte das weiter, beschloss aber an einem relativ späten Punkt in seiner Karriere, den ärgsten Ballast abzuwerfen. Seine Absage an den Antisemitismus und Nationalsozialismus, vorgetragen vor schmissverzierten Burschenschaftern, war wohl ernst gemeint. Dass jetzt Antisemitisches aus seiner Jugendzeit auftaucht, ist kein Beleg für das Gegenteil. Aber natürlich ist Strache deswegen kein Liberaler oder gar Antirassist.

Recht auf ein gutes Leben

Heinz-Christian Strache stürzte nicht über seinen Fremdenhass. Das ist in Österreich bei vielen eine lässliche Sünde. Dass er in Ibiza die halbe Republik verscherbeln wollte, regte auch nicht so viele seiner Anhänger auf. Er hat es sich aber nach dem Geschmack vieler seiner Wähler und Sympathisanten zu gut gehen lassen. Er dachte, nach dem Schlauch der "Kampfjahre", nach tausend Bierzelttourneen, hätte er jetzt ein Recht auf ein gutes Leben. Aber 2500 Euro "Mietzuschuss" für die Villa in Klosterneuburg? Auf Partei-, also auf Steuerzahlerkosten?

Strache wusste nicht, wie man so etwas macht, ohne dass es zu parvenuhaft wirkt. Die coole Selbstverständlichkeit der alten Konservativen beim Privilegiensammeln geht ihm ab. Die Volksseele zum Kochen bringen ist geil, aber das ist noch nicht wirkliche Macht. Die hatte die Kurz-Partie – die FPÖ war in der türkis-blauen Koalition nur der Ermöglicher massiver Umbauversuche, etwa in der Sozialversicherung. Die Kurz-ÖVP hat der FPÖ sogar auch noch einen guten Teil des rechtspopulistischen Programms weggenommen.

Die Frage ist jetzt daher, ob Strache versuchen wird, die Türkisen mit seinem Insider-Wissen mit hinunterzuziehen, etwa in Sachen Postenschacher.

Strache ist symptomatisch für das Österreich der letzten Jahrzehnte. Der Rechtspopulismus ist für viele attraktiv, man kann eine Karriere darauf bauen. Aber Rechtspopulisten sind in sich ungeeignet für seriöse Politik, für Regierungspolitik.

Das aber wollen viele immer noch nicht und wider alle Evidenz nicht begreifen. Strache hat keine Zukunft, der Rechtspopulismus schon. (Hans Rauscher, 6.6.2020)