So gut besucht wie 2019 kann das Sommertheater in Perchtoldsdorf heuer ("Romeo und Julia") nicht werden.

Walter Paminger

Alle sind bemüht, nach den jüngsten Lockerungsverlautbarungen seitens der Regierung programmatisch zu retten, was zu retten ist. Theater funktioniert allerdings nicht auf Knopfdruck. Und so haben sich in den letzten Tagen zu manchen erleichternden Eröffnungsseufzern auch viele Absagen gesellt. Produktionsabläufe, Finanzierungsgebaren und nicht zuletzt die damit zusammenhängende Besuchsvorschriften machen es vielen Häusern und Festivals unmöglich, vor dem Herbst ihren Betrieb hochzufahren.

Das Burgtheater probt derzeit unter strengen Sicherheitsvorkehrungen für die Premieren im Herbst: Probende Schauspieler wurden getestet und sind angehalten, Distanz einzuhalten. Seinen analogen Spielbetrieb hat das Haus derzeit auf das Burgtheater Studio reduziert. Die Burgtheater-Bühnen im Juni für Publikum zu öffnen, ist aufgrund der vorgezogenen, alljährlich zu absolvierenden Revisionsarbeiten bzw. TÜV-Abnahmen indes nicht möglich. Diese vorgezogen zu haben, ermöglicht es dem Haus aber, früher als gewöhnlich, nämlich Mitte August, die Proben wiederaufzunehmen. Schlag auf Schlag stehen mit der Spielzeiteröffnung am 11. 9. (Martin Kušej inszeniert Calderóns Das Leben ein Traum) über ein Dutzend Premieren an.

Keine "Geistervorstellungen"

Auch das Theater in der Josefstadt bleibt zu. Für das Privattheater, das einen deutlich höheren finanziellen Eigendeckungsgrad aufweist als Bundes- oder Landestheater, ist es undenkbar – auch aus künstlerischen Gründen ("Geistervorstellungen") – vor einem kleinen Publikum von hundert Leuten zu spielen. Dafür wird bereits ab 3. August wieder geprobt. Claus Peymann, so hört man, kann es kaum erwarten, sich in die Arbeit am Deutschen Mittagstisch zu stürzen. Zudem lässt Direktor Herbert Föttinger im Juli die Sitzreihen völlig umbauen: Die Bestuhlung wird großzügig entzerrt, sodass sich das Haus ab Herbst zu den "sichersten Theatern" zählt.

Auch für Mittelbühnen wie das Schauspielhaus Wien ist die Wiederaufnahme des Spielbetriebes zum jetzigen Zeitpunkt finanziell nicht zu stemmen. Ein adaptiertes Notbudget erspart dem Ensemble zwar die Kurzarbeit – es wird derzeit im Homeoffice für den Herbst gearbeitet–, aber mehr als drei Veranstaltungen (18. bis 20. Juni) sind nicht drin. Wendiger sind Kleinbühnen wie etwa das Schuberttheater, das Kabinetttheater oder das Bronski & Grünberg, die allerdings im Wissen öffnen, dass die erlaubte Publikumszahl die 50 Prozent unterschreitet.

Mit der Obergrenze von 100 Personen im Juni nehmen auch die Landestheater in Bregenz und Linz herbe finanzielle Einbußen hin. Weitgehend beschränkt sich das Programm hier auf Soloabende oder Lesungen – es konnte bis zuletzt ja nicht geprobt werden. Und niemand will einen Krankheitsfall im Ensemble riskieren.

Theaterfest Niederösterreich

Verschiebungen prägen auch die österreichischen Sommertheater. Beim Theaterfest Niederösterreich mussten von 25 Produktionen ganze 21 verschoben werden. Nicht nur die frühen Spielserien ab Mitte Juni sind betroffen. Große Produktionen brauchen an die drei Monate Vorlaufzeit, so Theaterfest-Obmann Werner Auer, der selbst als Intendant der Felsenbühne Staatz das Musical Sister Act verschieben musste. Die Verordnungen von April und Mai brachten alles zum Stehen. Es war genau die Zeit, in der Infrastruktur errichtet wird, Kulissen gebaut werden und die Proben beginnen sollten.

Die Felsenbühne hat 1200 Sitzplätze, alle Vorstellungen waren seit dem Winter ausverkauft. Das Ticketing nun entsprechend der distanzadäquaten Sitzordnung rückabzuwickeln würde zu viel kosten und wäre mit massiv gedrosselter Auslastung wirtschaftlich nicht vertretbar. Nur entsprechend von Bund oder Land subventionierte Großveranstaltungen wie die Salzburger Festspiele oder das Festival Grafenegg könnten sich das leisten, so Auer. Das Gros der Sommertheater aber lebt von den Einnahmen.

Variable Bestuhlung

Die Festspiele Schloss Tillysburg nahe St. Florian haben Glück. Intendant Nikolaus Büchel hat das Programm neu adaptiert (u. a. Leutnant Gustl mit Aaron Karl), und er ersetzt die Zuschauertribüne durch variable Bestuhlung. Zudem war der Vermieter mit einer terminlichen Verschiebung einverstanden. "Man kann niemanden für eine Absage ,blamen‘", so Büchel zum Standard. Diejenigen, die mit einer Großproduktion inklusive Auftragswerk und großer Besetzung kalkulieren, hätten keine andere Wahl.

Die Sommerbühne Spittelberg in Wien will das Programm bei reduzierter Sitzplatzzahl ab 1. Juli mit Doppelvorstellungen meistern. Kraftakte sind gefragt. (Margarete Affenzeller, 6.6.2020)