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Die Fälle von exzessiver Polizeigewalt in den USA reißen nicht ab: In New York wurde ein 75-Jähriger grundlos zu Boden gestoßen, die Polizisten gingen weiter obwohl dieser reglos liegen blieb und am Kopf blutete.

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Die Proteste gehen unterdessen weiter, hier in Brooklyn.

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Oder hier in New Orleans.

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In Washington wurde jener Platz, auf dem Trump friedliche Proteste gewaltsam auflösen ließ um zu einem Pressetermin zu kommen, nach der "Black Lives Matter"-Bewegung umbenannt.

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Das Wichtigste in Kürze:

  • Manhattans Staatsanwalt kündigte an, Verstöße von Demonstranten gegen die nächtliche Ausgangssperre nicht zu verfolgen.
  • Ein Bezirksrichter in Denver befahl, den Einsatz von Tränengas, Plastikgeschossen und anderen nicht tödlichen Waffen einzustellen. Mehrere Bundesstaaten überlegen, den Würgegriff für Polizisten zu verbieten. Die Stadt Minneapolis hat eine erste Reform schon auf den Weg gebracht und macht auch Beamte haftbar, die Zeugen von ungenehmigter Gewaltanwendung werden.
  • Optimistisch gab sich Ex-Präsident Barack Obama in einem Videochat. Der Tod von George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz hat in seinen Augen eine "ehrliche" Debatte über Rassismus in den USA ausgelöst. Die von Floyds Tod ausgelöste Protestbewegung sei "inspirierend".
  • Im Streit über nationale Symbole und Aussagen über Proteste von Football-Spielern während der Hymne wendete sich NFL-Quarterback Drew Brees nun direkt an US-Präsident Donald Trump. "Wir können die Flagge nicht mehr länger dazu benutzen, die Menschen abzuweisen oder sie von den wirklichen Problemen abzulenken, mit denen unsere schwarzen Gemeinschaften konfrontiert sind", betonte Brees.

Man könnte meinen, das Video vom Tod des Schwarzen George Floyd hat nicht nur in der Black-Community einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Ein Blick auf die etlichen Fälle von Polizeigewalt bei den darauffolgenden Protesten lässt daran allerdings zweifeln: Am Freitag tauchte ein Video auf, das zeigt, wie zwei Polizisten in Buffalo, New York, einen 75-jährigen Mann grundlos zu Boden stießen. Der Mann blieb daraufhin reglos am Boden liegen und blutete am Kopf – Die Polizisten reagierten nicht. Das Video ging viral, zwei Beamten wurden vom Dienst suspendiert. Gegen diesen Schritt protestierten nun ihre Kollegen, die 57 Mitglieder der taktischen Polizeieinheit traten aus dem Team aus, bleiben aber Polizeibeamte.

Lokale Medien zitierten den Präsidenten der Buffalo Polizeigewerkschaft, John Evans, mit den Worten, dass die Beamten einfach nur ihre Arbeit täten und dass ihre Kollegen im Einsatzteam aus der Spezialeinheit zurückgetreten seien, um gegen ihre Behandlung zu protestieren. Eine Sprecherin der Bezirksstaatsanwaltschaft des Bezirks, Kait Munro, sagte am Freitag, dass gegen die beiden Beamten wegen möglicher strafrechtlicher Verantwortlichkeit im Zusammenhang mit dem Vorfall vom Donnerstagabend vor dem Rathaus ermittelt werde. Der Bürgermeister von Buffalo, Byron Brown, sagte CNN am Freitag, dass es Notfallpläne gebe, um polizeiliche Probleme aufgrund der Rücktritte anzugehen.

Staatsanwalt zeigt Nachsicht

Auch die Justiz beschäftigt sich zunehmend mit den anhaltenden Protesten gegen strukturellen Rassismus und Polizeigewalt: Manhattans Staatsanwalt Cy Vance kündigte an, vorgefallene Verstöße gegen die nächtliche Ausgangssperre nicht strafrechtlich zu verfolgen. Die Fälle von Demonstranten, die wegen rechtswidriger Versammlung oder störendem Verhalten festgenommen worden seien, würden nicht weiter verfolgt, teilte Vance am Freitag mit.

"Die strafrechtliche Verfolgung von Demonstranten, denen diese geringfügigen Delikte vorgeworfen werden, untergräbt die wichtigen Verbindungen zwischen den Strafverfolgungsbehörden und den Gemeinschaften, denen wir dienen", hieß es in der Mitteilung. Bei den Protesten sind nach Angaben der New Yorker Polizei bereits mehr als 2.000 Menschen vorübergehend festgenommen worden.

Bezirksrichter verbietet Einsatz von Tränengas

Auch ein US-Bezirksgericht befahl der Polizei von Denver am Freitag, den Einsatz von Tränengas, Plastikgeschossen und anderen "weniger als tödlichen" Mitteln wie Blitzgranaten gegen Demonstranten in der Stadt einzustellen. Die einstweilige Verfügung ist die Antwort auf eine örtliche Klage, die am Donnerstag beim Bezirksgericht Denver von Demonstranten eingereicht wurde, die sich über die exzessive Gewaltanwendung von Beamten bei öffentlichen Demonstrationen beschwerten.

Mehrere Bundesstaaten kündigten zudem an, den Würgegriff unter Polizeibeamten zu verbieten. New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo legte am Freitag einen entsprechenden Reformvorschlag für seinen Bundesstaat vor. Auch die Akten zu früherem Fehlverhalten von Polizisten soll transparent einsichtlich werden. Auch der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom teilte mit, er werde eine Methode, bei der die Blutzufuhr zum Gehirn unterbunden wird, aus dem Trainingsprogramm für Polizeibeamte verbannen. Er wollte dies auch gesetzlich festlegen. Der Demokrat stellte sich auch hinter Demonstranten, die bei "friedlichen Protesten" nicht mit Tränengas, Gummigeschoßen oder Verhaftungen konfrontiert werden sollten. Newsom benannte einen früheren Polizisten und eine Aktivistin für Justizreform, neue Vorschriften im Umgang mit Demonstranten umzusetzen.

Erste Polizeireform in Minneapolis

Die Stadt Minneapolis, in der George Floyd durch Gewaltanwendung von Polizisten zu Tode kam, brachte ebenfalls erste Reformen ihrer Polizei auf den Weg. Künftig dürften Beamte keine Würgegriffe mehr anwenden und Verdächtige nicht am Nacken festhalten, erklärte Bürgermeister Jacob Frey am Freitagnachmittag in Anschluss an eine Stadtratssitzung. Zudem müssten alle Polizeibeamte, die Zeugen einer "ungenehmigten Gewaltanwendung" ihrer Kollegen würden, dies unter Strafandrohung melden. Alle Beamte seien zudem verpflichtet, in solchen Fällen einzuschreiten, andernfalls drohe ihnen die gleichen disziplinarischen Konsequenzen wie dem Täter.

Streit um Proteste im Football

Im US-Sport dominiert zurzeit die Debatte über nationale Symbole und Aussagen über Proteste von Football-Spielern. US-Präsident Donald Trump und NFL-Quarterback Drew Brees lieferten sich einen Schlagabtausch über soziale Medien.

"Wir können die Flagge nicht mehr länger dazu benutzen, die Menschen abzuweisen oder sie von den wirklichen Problemen abzulenken, mit denen unsere schwarzen Gemeinschaften konfrontiert sind", betonte Brees. Zuvor hatte er seine Kritik an jenen Football-Spielern, die während der US-Hymne gegen Rassismus und Polizeigewalt protestierten, revidiert. Daraufhin erntete er Kritik von Trump.

Obama sieht Hoffnung

Auch der sich sonst zurückhaltende Ex-US-Präsident Barack Obama meldete sich in einem Videochat zu Wort und ortet eine "ehrliche" Debatte über Rassismus, die durch die Proteste gegen den gewaltsamen Tod von George Flody in den USA ausgelöst wurden. Die Bewegung sei "inspirierend", sagte Obama.

"Es hat in der vergangenen Woche in diesem Land so viel ehrliche Gespräche zum Thema Rassismus gegeben wie nie zuvor in der Zeit, an die ich mich erinnern kann", sagte Obama. Nicht nur vonseiten einer Minderheit, sondern von "einem großen Teil des Landes".

Die von Floyds Tod ausgelösten Proteste böten im Kampf gegen Rassismus keine "Erfolgsgarantie", aber es sei inspirierend, dass es nicht nur in multikulturellen Großstädten, sondern im ganzen Land zu Demonstrationen komme, sagte Obama. Es sei auch bemerkenswert, dass frühere Präsidenten, Unternehmenschefs, Politiker und viele andere seit Floyds Tod das Problem beim Namen nennen würden und von "systematischem Rassismus" in den USA sprächen und Veränderungen forderten, fügte er hinzu. (APA, Reuters, red, 6.6.2020)