In Graz kamen 10.000 Menschen zur Demo gegen Rassismus und Polizeigewalt. In der Steiermark konnten wie zuvor in Wien die Abstände nicht eingehalten werden.

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Ein Meter Abstand zu Personen, mit denen man nicht in einem gemeinsamen Haushalt lebt: So lautet seit Wochen die Verhaltensvorgabe, um die Neuinfektionen mit dem Coronavirus im Griff zu behalten. Zur allgemeinen Veranschaulichung gilt: Passt ein Babyelefant zwischen zwei Personen, dann ist alles in Ordnung.

Doch von dickhäutergroßen Abständen war vergangene Woche in Wien bei Demonstrationen gegen Rassismus und Polizeigewalt wenig zu sehen. Dicht gedrängt marschierten am Donnerstag laut Polizeiangaben rund 50.000 Personen vom Platz der Menschenrechte in Richtung Karlsplatz. Tags darauf kamen erneut 8500 zur Demo.

Am Wochenende demonstrierten dann tausende Menschen in den Landeshauptstädten. Klagenfurt zählte 1000, Linz 3000, Innsbruck und Salzburg jeweils 4000 Menschen, die für Black Lives Matter auf der Straße waren.

In der steirischen Landeshauptstadt zeichnete sich ein ähnliches Bild ab wie in Wien: In Graz kamen fast zehnmal mehr Teilnehmer, als ursprünglich angemeldet waren. Die zehntausend Demonstranten konnten die Sicherheitsabstände nicht einhalten.

Demos von Covid-Regeln ausgenommen

Was in der Diskussion nach den ersten großen Protesten seit Ausbruch der Coronavirus-Krise daher bleibt, ist die Frage: Wie passt die aktuelle Gesundheitskrise mit dem Recht auf Versammlungsfreiheit zusammen? Klar ist, dass Veranstaltungen nur mit bis zu 100 Teilnehmern erlaubt sind. Ab Juli dürfen 500 Teilnehmer an die frische Luft kommen. Versammlungen nach dem Versammlungsrecht, also Demos, davon jedoch explizit ausgenommen sind.

"Die Abhaltung von Demonstrationen ist ein Grundrecht unserer Gesellschaft", sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) dazu. Aber: "Der Schutz vor der Ausbreitung der Pandemie unter anderem durch die Einhaltung des Mindestabstands ist jedoch auch eine Notwendigkeit und Verpflichtung."

Runder Tisch mit Wien

Als Konsequenz hat Anschober für Montag einen runden Tisch einberufen, an dem Vertreter der Stadt Wien, der Wiener Exekutive, der Gesundheitsbehörde sowie der Veranstalter teilnehmen. Hier soll darüber gesprochen werden, wie der Abstand künftig bei Demos eingehalten werden kann.

Im Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) bestätigt man die Einladung. Den Termin wolle man abwarten, doch schickt man bereits voraus, dass etwaige Änderungen der Covid-19-Lockerungen oder des Versammlungsrechts für Österreich einheitlich gelten müssen. (Oona Kroisleitner, 7.6.2020)