Sobald der erste Witz sitzt, das Szenario gebaut ist, beweisen Middleditch und Schwartz, dass sie gut aufeinander eingestimmt sind und den kranken Fantasien des anderen Freiraum lassen.

Foto: Screenshot Netflix

Ein Jus-Seminar muss herausfinden, ob Onlineverträge überhaupt bindend sind, und stößt dabei auf ein im Schrank eingesperrtes Alien, das nach Essen und Freunden sucht.

Was sich anhört wie eine Geschichte, geschrieben von einer künstlichen Intelligenz, die mit schlechten Drehbüchern gefüttert wurde, ist in Wahrheit eine Folge der Improv-Comedy Middleditch & Schwartz auf Netflix.

Die beiden Hauptdarsteller, Thomas Middleditch (Silicon Valley) und Ben Schwartz (Parks and Recreation), wissen vor Beginn jedes der drei Specials nicht, was auf sie zukommt. Um ein Szenario zu kreieren, fragen sie eine Person aus dem Publikum, was beispielsweise gerade bei ihr ansteht. Die Erzählungen, manchmal kurios, manchmal aber auch alltäglich, verwandeln die beiden Comedians auf der Bühne in einen rund 45 Minuten langen Sketch. Dabei sind jeder Charakter und jeder Satz improvisiert.

Kranke Fantasien

Das klingt nach einer gewöhnungsbedürftigen Mischung, und das ist es auch. Aber sobald der erste Witz sitzt, das Szenario gebaut ist, beweisen Middleditch und Schwartz, dass sie gut aufeinander eingestimmt sind und den kranken Fantasien des anderen Freiraum lassen.

Beeindruckend ist vor allem, wie sie die kleinsten Details aus den Publikumserzählungen im Hinterkopf behalten und dieses auch noch gegen Ende des Sketches völlig unvermittelt einbauen. Nicht immer läuft alles rund, hier und da verlassen die Darsteller auch ihre Charaktere, aber das ist ja genau der Charme an Improv-Comedy. Man weiß nie, was passiert. (Thorben Pollerhof, 8.6.2020)