Andreas Vojta läuft am Vorabend seines 31. Geburtstags in Prag.

Foto: GEPA pictures/ Christian Moser

Prag/Wien – Es läuft wieder, zumindest in Tschechien. Dort sind seit kurzem wieder Leichtathletik-events samt Laufbewerben erlaubt. Und deshalb hat sich Andreas Vojta ins Auto gesetzt, um nach Prag zu fahren, wo heute, Montag, das traditionelle Odlozil-Meeting steigt. Vojta ist quasi der erste heimische Spitzensportler, der nach der Corona-Pause den Schritt ins Ausland wagt, und einer von wenigen Gästen im mehrheitlich tschechischen Teilnehmerfeld. Er geht über 1500 Meter an den Start, ein Sieg wäre keine Überraschung. "Ich will gut in diese ungewöhnliche Saison starten", sagt der Gerasdorfer, "ich bin motiviert, hau’ voll rein."

Starke Trainingszeit

Am Freitag hat Vojta extra noch einen Corona-Test hinter sich gebracht, er hätte ihn sich sparen können, wenige Stunden später fiel die diesbezügliche Regelung. Immerhin weiß er jetzt, dass er Covid-19-negativ ist, und das ist positiv. Als Leichtathlet sieht er sich sowieso privilegiert, vor allem auch im Vergleich zu Kolleginnen und Kollegen in Hallen-, Team- oder gar Kontaktsportarten. Er konnte in den vergangenen Wochen gut trainieren, lief entweder "auf den Wegerln vor der Haustür" oder im Prater in Wien. Da beeindruckte er in einem inoffiziellen 10-Kilometer-Lauf auf freilich exakt vermessener Strecke: 28:28 Minuten bedeuteten die zweitbeste heimische 10-Kilometer-Zeit nach Günther Weidlingers zwölf Jahre altem Rekord (28:10).

Seit elf Jahren, somit seit einer kleinen Ewigkeit, ist Vojta Österreichs bester Läufer über Mittel- und Langstrecken. Als seine Domäne galten lange die 1500 Meter, doch auch über 800, 5000 oder 10.000 Meter waren ihm auf nationaler Ebene kaum Niederlagen beizubringen.

Strikt gegen Doping

2012 bedeutete die Teilnahme an den Olympischen Spielen einen Höhepunkt seiner Karriere, er schied im Vorlauf aus. Und dennoch galt Vojta vielen als Olympiaheld, hatte er doch den entscheidenden Hinweis gegeben, der die Teilnahme des Marokkaners Amine Laalou verhinderte. Beim Meeting in Stockholm waren Vojta und Laalou in ein gemeinsames Zimmer gesteckt worden, der Marokkaner ließ so gut wie alles offen herumliegen, auch Ampullen und sogar benutzte Spritzen. Vojta fotografierte das Klumpert und informierte den österreichischen Verband. Bald darauf wurde Laalou bei einer Dopingkontrolle überführt und konnte sich London abschminken.

Fairness geht vor

Diese Haltung, die strikte Ablehnung von Doping, teilt Vojta mit seinem Trainer Wilhelm Lilge. Mit ihm hatte er sich 2008 vom LCC Wien verabschiedet, wo Lilge als Sportkoordinator in Ungnade gefallen war, weil auf sein Betreiben hin die damalige LCC-Athletin und spätere Vereinspräsidentin Susanne Pumper (positiv) getestet worden war. Lilge gründete seinen eigenen Verein Team2012.at, für den auch Vojta läuft. Ihm ist "die Fairness wichtiger als mein persönlicher Ehrgeiz".

Moral und Ethik sind letztlich auch der Grund dafür, dass sich Vojta seit zwei Jahren vegan ernährt. "Ich wollte nicht mehr, dass mein Handeln in Konflikt mit meinen Werten gerät." Coach Lilge war eher skeptisch, befürchtete einen Leistungsabfall. Mittlerweile leistet er Abbitte. "Andreas ist sicher nicht schwächer geworden." Vojta selbst ortet im Veganismus mittlerweile sogar sportspezifische Vorteile. "Ich regeneriere schneller."

Mag sein, dass er davon noch lange profitiert. Für die auf 2021 verschobenen Spiele in Tokio will er sich über 5000 Meter qualifizieren. Danach ist ein Wechsel auf die Straße und in den Marathon gut vorstellbar. Dort wachsen mit den Teilnehmerfeldern auch die Chancen, sich für Großevents zu qualifizieren – wenn denn in absehbarer Zeit wieder Großevents oder Massenläufe stattfinden können. In diesem Zusammenhang macht Lilge seinem Ärger über die sportlichen Corona-Regeln in Österreich Luft. Hier würde ein Meeting mit Laufbewerben nämlich derzeit nicht durchgehen. Lilge: "Drängerei in Einkaufszentren, 50.000 bei einer Demo – aber auf der Laufbahn dürfen keine fünf Leute gegeneinander antreten. Das ist vollkommen absurd!" (Fritz Neumann, 8.6.2020)