Pianist Igor Levit gab im Konzerthaus einen heiteren Mozart.

Meyer

Bis zur alten, Corona-freien Konzertnormalität dürfte es noch dauern – immerhin aber regt sich etwas. Im Wiener Konzerthaus wird der Besucher beim Slalom zwischen den Desinfektionsstationen vom Personal (mit Gesichtsvisier) überaus freundlich begrüßt. Es sind 100 schutzmaskierte Hörwillige; alles ist ja ein wenig anders. Auch der Mozartsaal wirkt schütterer besetzt als das Podium, auf dem die Wiener Symphoniker agieren.

Es ertönen hier die ersten Noten nach 88 Tagen unfreiwilliger Stille, wie Hausherr Matthias Naske unter Applaus jener erzählt, die ihre Maskierung ablegen. In Schachbrettformation sitzend, lauschen sie Mozarts Ouvertüre zum Schauspieldirektor. Igor Levit grüßt später Konzertmeisterin Sophie Heinrich per Ellbogensalut und legt pointiert einen diesseitig-fröhlichen Mozart hin. Das Klavierkonzert in A-Dur KV 385p gelingt ihm als kecker Tanz launigen Aufbegehrens. Hat gewissen Symbolwert.

Später, bei Griegs Suite Aus Holbergs Zeit, wird eine elegische Intensität spürbar, die womöglich auch von angestauter orchestraler Spielenergie herrührt. Dirigentenfrei geben sich die Symphoniker der romantischen Erzählung hin, es schien der Mozartsaal dann fast etwas zu klein für solch impulsive Kollektivkunst.

Ab in den Musikverein

Maske wieder auf, rüber in den Wiener Musikverein: Ebendort, im Großen Saal, versichert der Vorstand der Wiener Philharmoniker, alle Musiker – sie betreten die Bühne maskiert – seien negativ getestet. Wiederum hundert Erschienene erleben dann, wie kathedralenhaft die Nachhallzeit ist, wenn der Goldene Saal fast leer ist.

Daniel Barenboims Klavierpointen verschmelzen bei Mozarts B-Dur-Konzert KV 595 mit zartem Orchesterklang in ungewohnt großzügiger Manier. Eigenartig eindringlich. Und natürlich ist die smarte Musikalität Barenboims immer gut für überraschende Wendungen und intime Momente, getragen von filigraner poetischer Eloquenz.

Die doppelte Ehrung

Schließlich aber Beethovens Fünfte als symphonische Überwältigung: Sie gerät zur Demonstration ausufernder Vitalität, die nicht nur von der ÖVP-Politik (u. a. Karoline Edtstadler, Parlamentspräsident Wolfgang Sobotka) genossen wurde, sondern auch von Staatsoperndirektor Dominique Meyer, der schließlich etwas überraschend die Bühne betrat. Er dankt Barenboim, der sich inzwischen scherzend unter die ersten Geigen gemischt hat, für die herzhaften Klänge. Der Grund seiner Anwesenheit: Zuvor waren Meyer wie auch dem scheidenden Musikvereinschef und Gastgeber Thomas Angyan Urkunden überreicht worden, die sie als Ehrenmitglieder des philharmonischen Orchesters verewigten. (Ljubiša Tošić, 8.6.2020)