Kinder und Jugendliche sollen möglichst viel Abstand halten.

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Seit einigen Tagen ist klar, unter welchen Rahmenbedingungen Sommercamps und andere Ferienbetreuungsangebote für Kinder und Jugendliche stattfinden können. Maximal 100 Personen können teilnehmen, ab 1. Juli unter bestimmten Voraussetzungen auch mehr. Bei Übernachtungen in Schlafräumen müssen 1,5 Meter Abstand eingehalten werden, sofern nicht etwa Trennwände aufgestellt werden. Das Jugendministerium kündigte zudem eine Onlineplattform an, die es Eltern erleichtern soll, nach einer langen Phase der Unsicherheit jetzt rasch Angebote finden zu können. Zwar gab es seitens der Jugendorganisationen ein grundsätzliches Aufatmen, dass derartige Camps prinzipiell wieder stattfinden dürfen – an der Umsetzung gibt es jedoch Kritik.

So zeigt sich die Bundesjugendvertretung (BJV), die gesetzlich verankerte Interessenvertretung für Kinder und Jugendliche, "enttäuscht" über die Maßgaben, unter denen die Veranstaltungen durchgeführt werden müssen. Als besonders kritikwürdig erscheint den Jugendvertretern die Tatsache, dass immer ein Meter Abstand eingehalten werden muss, obwohl es in anderen Bereichen – etwa der Gastronomie – dann schon lockerer gehandhabt werden kann.

In einer Aussendung gab Jugendministerin Christine Aschbacher (ÖVP) ein Beispiel dafür, wie ein typischer Tag im Sommercamp nun aussehen könnte. Gebe es etwa zwei getrennte Gruppen mit je 70 Kindern, könnten tagsüber "verschiedene Aktivitäten wie Abenteuerspiele im Freien" angeboten werden. Dabei könne der Ein-Meter-Abstand "leicht eingehalten werden". Diese Vorstellung würde "völlig an der Praxis und Realität der Jugendarbeit vorbeigehen", sagt BJV-Vorsitzende Isabella Steger zum STANDARD.

Mit Maske im Jugendzentrum

In der Prioritätensetzung der Regierung würden junge Menschen ziemlich weit unten rangieren, meint Steger. "Wieder einmal gelten für Kinder und Jugendliche besonders strenge Bedingungen."

Unter zum Teil strengen Bedingungen operieren auch die Jugendzentren, die seit knapp zwei Wochen wieder flächendeckend geöffnet haben. Nach wie vor ist für Betreuer als auch Jugendliche das Tragen einer Maske verpflichtend. Eine Änderung dürfte es zwar kommende Woche geben: Die Regierung kündigte an, dass die Maskenpflicht ab 15. Juni größtenteils fallen werde.

Dennoch stößt es auf Unverständnis bei den Verantwortlichen, dass man in Jugendzentren so lange auf Lockerungen warten muss. Besonders deshalb, weil die Maskenpflicht in der Schule bereits gefallen ist – und sie selbst zuvor im Klassenzimmer abgenommen werden konnte. "Jugendarbeit ist ja nicht bloß Freizeitbetreuung, sondern hat einen sozial-pädagogischen Aspekt", sagt Thomas Dietrich, Vorsitzender des bundesweiten Netzwerks offene Jugendarbeit (Boja), zum STANDARD. Schon vor einigen Tagen machte Ilkim Erdost, die Geschäftsführerin des Vereins Wiener Jugendzentren, auf die Problematik aufmerksam: Die Maskenpflicht sei etwa dann besonders hinderlich, wenn Jugendliche von ihren Problemen erzählen.

Camps bereits abgesagt

Weil Jugendzentren analog zu Geschäften offiziell als "Kundenbereich von Betriebsstätten" definiert werden, galt bis vor kurzem auch die Regelung, dass pro Jugendlichen zehn Quadratmeter an Fläche vorhanden sein müssen. Durch eine Novellierung entfällt die Quadratmeterregelung mittlerweile. Bis diese Info an die Verantwortlichen durchsickerte, dauerte es jedoch: Noch am Tag vor der großen Wiedereröffnung rechnete man beim Verein Wiener Jugendzentren, dem größten Anbieter in der Bundeshauptstadt, damit, mit der Quadratmeterbeschränkung arbeiten zu müssen.

Nicht unbedingt glücklich mit der Planung zeigt sich auch die BJV: Man habe sich in den letzten Wochen immer wieder eingebracht, leider sei die Expertise zu wenig angenommen worden. Zudem seien viele Camps aufgrund der lange herrschenden Unsicherheit bereits abgesagt worden. (Vanessa Gaigg, 9.6.2020)