Stefan Pierers KTM-Motorrad-Imperium hat die Corona-Wüste durchquert, die Kurzarbeit ist vorbei. Millionen an Dividenden flossen trotzdem.

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Wien – Groß war die öffentliche Aufregung, als sich die von KTM-Chef Stefan Pierer kontrollierte Pierer Mobility im April anschickte, Millionengewinne auszuschütten, während die Belegschaft des Motorradherstellers KTM in Mattighofen in Oberösterreich auf Kurzarbeit geschickt wurde. Staatlich gestützte Kurzarbeit und Gewinnausschüttungen – das gehe gar nicht.

Den Aktionären der Pierer Mobility hat Vorstandschef Stefan Pierer daraufhin "in Abweichung des Gewinnverwendungsvorschlages von März 2020" offeriert, den Bilanzgewinn in der Höhe von 86,24 Millionen Euro zur Gänze auf neue Rechnung vorzutragen, was in der Hauptversammlung am 15. Mai auch beschlossen wurde.

Gut 27 Millionen Euro für die Aktionäre

Nun schüttete Pierers Zweiradspezialist trotzdem eine Dividende in Millionenhöhe aus. Diesfalls jedoch nicht die börsennotierte Holding Pierer Mobility, sondern deren operative Tochter KTM AG. Aus deren auf der KTM-Website veröffentlichtem Ergebnisverwendungsvorschlag erschließt sich, dass für das Geschäftsjahr 2019 eine Dividende in Höhe von 2,50 Euro je Aktie gezahlt wird. Bereits am 28. April wurde von der KTM-Aktionärsversammlung beschlossen, dass vom Bilanzgewinn in der Höhe von 136.494.500,48 Euro an die Aktionäre 27.112.500 Euro ausgeschüttet werden.

Davon profitierte unmittelbar Pierers indischer Partner Rajiv Bajaj mit seiner in Amsterdam domizilierten Bajaj Auto International Holdings B.V. Sie ist mit 47,99 Prozent zweitgrößter Aktionär der KTM AG, die von der Pierer Mobility AG (51,71 Prozent) kontrolliert wird, und hat Anspruch auf rund 13 Millionen Euro Gewinn. Allerdings sei dieser Beschluss dann abgeändert worden, sagte Unternehmenssprecherin Michaela Friepeß Dienstagfrüh zum STANDARD, nachdem das Unternehmen am Montag keine Auskunft erteilt hatte.

Gewinn für Liquiditätsstärkung

Die Dividende, die die operative KTM AG an die Pierer Mobility AG und Bajaj ausgeschüttet hat, sei wieder der KTM AG zugeführt worden, um den Zweiradhersteller liquiditätsmäßig zu stärken, wird seitens des Unternehmens versichert. Es sei also kein Abfluss aus der Unternehmensgruppe erfolgt.

Die rund 2.600 KTM-Mitarbeiter und weitere 1.200 Beschäftigte in der Pierer-Gruppe waren derweil auf Kurzarbeit gesetzt und bekamen bis zu 20 Prozent weniger Lohn und Gehalt.

Rechtlich legal

Rechtlich wären Dividendenzahlungen auch in der Corona-Krise legal, sie gelten allerdings als verpönt. Unzulässig sind sie nur dann, wenn ein Unternehmen Unterstützungsleistungen aus dem Corona-Hilfsfonds Cofag in Anspruch nimmt. Das ist weder bei KTM der Fall noch bei der Pierer Mobility des ÖVP-Großspenders.

Im Gegenteil. Mitte Mai wurde die Produktion wieder hochgefahren, und Europas größter Motorradhersteller hat Ende Mai die Kurzarbeit für die insgesamt rund 3.800 Beschäftigten der Gruppe offiziell beendet. Der Motorradmarkt habe sich insbesondere in den USA und Europa "überraschend stark entwickelt", wovon die Marken KTM und Husqvarna besonders profitieren sollten. Die E-Bicycle-Sparte (Husqvarna und R Raymon) profitierten vom Fahrradboom und verzeichneten zweistellige Umsatzzuwächse, hieß es Ende Mai, man kündigte die "Neueinstellung von 70 Mitarbeitern nach Beendigung der Kurzarbeit" an. KTM sei gestärkt aus der Covid-19-Krise hervorgegangen und werde die Produktionskapazitäten erhöhen, der weltweite Personalstand erhöhe sich auf mehr als 4.000 Mitarbeiter – das sind mehr als vor der Kurzarbeit im März 2020.

Tauziehen um Dividende der A1 Telekom

Dividendenzahlungen spielten auch bei der Diskussion um Kurzarbeit in der Telekom Austria eine entscheidende Rolle. Im Gegensatz zu Konkurrenten wie Magenta machte der teilstaatliche Telekomkonzern in seiner Österreich-Tochter A1-Telekom von der staatlich alimentierten Corona-Kurzarbeitsbeihilfe nicht Gebrauch. Das lag nicht nur an der A1-Belegschaftsvertretung, die Kurzarbeit für die A1-Angestellten ebenso vehement ablehnte wie für die beamteten Telekom-Bediensteten, sondern es dürfte insbesondere den Verwaltern des Staatsanteils (28,4 Prozent) in der Öbag zupassgekommen sein.

Diese legten, wie es in Regierungskreisen heißt, großen Wert darauf, dass in die durch die Corona-Milliardenhilfen strapazierten Staatskassen Dividenden der Staatsbetriebe zurückfließen – anders als Telekom-Hauptaktionär América Móvil, der niedrigere operative Kosten und Kurzarbeitsbeihilfe bevorzugt hätte. Der Telekom-Vorstand rund um Generaldirektor Thomas Arnoldner hat 23 Cent je Aktie zur Ausschüttung vorgeschlagen, was der Republik rund 45 Millionen Euro bringen würde. Die Entscheidung steht noch aus.(Luise Ungerboeck, 9.6.2020)