Der Angeklagte will die Tat in Deutschland nicht gestanden haben, dem widerspricht ein Psychiater.

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Innsbruck/Kufstein – Mehr als sechs Jahre nach dem gewaltsamen Tod der französischen Austauschstudentin Lucile K. in Kufstein ist am Dienstag am Landesgericht Innsbruck der tatverdächtige 43-jährige Fernfahrer aus Rumänien wegen Mordes schuldig gesprochen worden. Der Angeklagte hatte sich zu Prozessbeginn nicht schuldig bekannt. Das Urteil war vorerst nicht rechtskräftig.

Der Schuldspruch der Geschworenen fiel einstimmig aus. Da der Angeklagte bereits in Deutschland nach einem Sexualmord an einer 27-jährigen Joggerin zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden war, sah das Landesgericht Innsbruck unter Bedachtnahme auf dieses Urteil von der Verhängung einer Zusatzstrafe ab.

Leiche sexuell geschändet

Die 20 Jahre alte französische Austausch-Studentin, die aus Lyon stammte und im Rahmen eines Auslandssemesters in Kufstein studiert hatte, war im Jahr 2014 getötet worden. Ihr Leiche war am 12. Jänner von Polizisten am Ufer des Inns entdeckt worden. Die Tatwaffe, eine Hubstange, wie sie zum Beispiel zum Anheben eines Lkw-Führerhauses genutzt wird, wurde schließlich im Inn gefunden.

Dem Angeklagten werde die "allerschwerste Kriminalität" zur Last gelegt, erklärte der Staatsanwalt in seinem Eröffnungsplädoyer. Er soll Lucile getötet und dann ihre Leiche sexuell geschändet haben. Die Obduktion habe ergeben, dass Lucile durch zwei Schläge auf den Kopf getötet worden war. GPS-Daten des Lkw des Rumänen und an Luciles Leiche gefundene DNA-Spuren des 43-Jährigen würden seine Schuld belegen. Zudem hätte der Angeklagte die Tat an Lucile in Deutschland vor einem Psychiater indirekt gestanden.

Zweifel an DNA-Spuren

Die Verteidigerin führte indes andere mögliche Täter ins Treffen – nämlich Luciles ehemalige beste Freundin und deren damaligen Freund. Dieser Ansatz sei von der Polizei dann jedoch nicht mehr weiterverfolgt worden. Auch die DNA-Spuren, die an der 27-Jährigen in Deutschland gefunden worden waren und die mit den DNA-Spuren an Luciles Leiche übereinstimmten, seien nicht vollständig gewesen. Vielmehr handelte es sich dabei um kleine DNA-Fragmente, also sogenannte Merkmalmuster. "Die DNA musste berechnet werden", betonte die Verteidigerin. Dieses gefundene Merkmalmuster könne auf 158.000 Personen passen. "Also so viele Personen, wie Innsbruck Einwohner hat", erklärte die Rechtsanwältin.

Richter Norbert Hofer konfrontierte den Beschuldigten mehrmals mit DNA-Spuren, die von ihm bzw. zumindest aus seiner Familie stammen müssen und die sowohl an der 27-jährigen Deutschen, als auch an Lucile gefunden worden waren.

Keine Erklärung

"Ich habe dazu keine Erklärung", meinte der angeklagte Rumäne wiederholt auf den Vorhalt des Richters. Er blieb bei seiner Verantwortung, die beiden jungen Frauen nicht getötet zu haben. Sein Geständnis beim Verfahren in Deutschland habe er lediglich auf Druck seines damaligen Verteidigers abgelegt. Auch seine damaligen Mithäftlinge hätten ihm geraten, zu gestehen und zu sagen, dass er getrunken hatte. "Sie haben gesagt, dass ich dann nicht die maximale Strafe bekomme", sagte der 43-Jährige.

Der Angeklagte beschwerte sich, dass er in Deutschland ungerecht behandelt worden wäre. Man habe ihm keine Gelegenheit gegeben sich zu äußern, sagte der Rumäne. Richter Norbert Hofer konfrontierte ihn daraufhin mit mehreren Einvernahmeprotokollen der deutschen Behörden. "Es war erschreckend unmenschlich, was ich in Deutschland erlebt habe", meinte der 43-Jährige. Er habe Angst gehabt und deshalb den Mord in Deutschland gestanden.

Psychiater wiederholt Einschätzung

Der als Zeuge geladene deutsche Psychiater, der den Angeklagten untersucht hatte, wiederholte jedoch vor dem Geschworenengericht in Innsbruck, dass der Rumäne ihm gegenüber indirekt die Tat an Lucile gestanden habe. "Er hat mir gegenüber nicht explizit zwei Tötungsdelikte eingestanden, das Kufsteiner Delikt hat er mir gegenüber aber indirekt eingeräumt", so der Psychiater. Der Beschuldigte habe von Träumen gesprochen, die sich auf beide toten Frauen beziehen würden.

Von dem 43-Jährigen gehe jedenfalls eine hohe Gefahr für weitere Delikte aus, meinte der Psychiater. "Es spricht aus psychiatrischer Sicht einiges dafür, dass der Angeklagte ein klassischer Serienmörder ist", erklärte er.

Die 20 Jahre alte französische Austausch-Studentin, die aus Lyon stammte und im Rahmen eines Auslandssemesters in Kufstein studiert hatte, war im Jahr 2014 getötet worden. Ihr Leiche war am 12. Jänner von Polizisten am Ufer des Inns entdeckt worden. Die Tatwaffe, eine Hubstange, wie sie zum Beispiel zum Anheben eines Lkw-Führerhauses genutzt wird, wurde schließlich im Inn gefunden. Der Lkw-Fahrer war 2017 in Deutschland, nach dem Mord an der 27-Jährigen, verhaftet und dort zu lebenslanger Haft verurteilt worden. (APA, 9.6.2020)