Kranzniederlegung an dem Denkmal, das die Wiener "ihren" Deutschmeistern gesetzt haben

Foto: Bundesheer/Gunter Pusch

Wien – Das Deutschmeisterdenkmal steht am Rand des ersten Wiener Gemeindebezirks, auf einem wenig beachteten Platz zwischen den Verkehrsachsen Schottenring und Maria-Theresien-Straße. Mit dem Denkmal hat es aber eine besondere Bewandtnis: Es wurde 1896 zum 200-jährigen Bestehen des Deutschmeister-Regiments, das damals als k.u.k. Infanterieregiment No. 4 das Wiener Hausregiment war, aus Spenden Wiener Bürger finanziert und durch Johannes Benk und Anton Weber errichtet.

Gerade der richtige Platz für eine Kranzniederlegung am "Tag der Miliz" am 9. Juni – denn als Wiener Milizbataillon sind die Deutschmeister eben jetzt im Einsatz.

Milizgedanke seit Napoleonischen Kriegen

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) zeigte feines Gespür für den Anlass und den Ort: Der "Tag der Miliz" erinnert an ein kaiserliches Dekret vom 9. Juni 1808 zur Aufstellung einer Landwehr – also einer regional verankerten Truppe, die im Ernstfall rasch zur Heimatverteidigung aufgeboten werden sollte.

So steht es auch heute in der Verfassung, nur hat sich bisher keine Regierung getraut, die Miliz auch tatsächlich in einen Einsatz zu schicken.

Regierung Kurz traute sich, was früher ein Tabu war

Mit der Corona-Krise hat sich das geändert: Am 15. März hat Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) die erste Teilaufbietung der Miliz seit 1945 bekanntgegeben: Die Stellung für Wehrpflichtige wurde sistiert, das Abrüsten der Grundwehrdiener aufgeschoben und die beorderten Soldaten für Mai einberufen, um bei der Bewältigung der erwarteten Misere zu helfen.

Doch von den letztlich 2.300 einberufenen "Bürgern in Uniform" stellten im Vorfeld gleich einmal rund 40 Prozent erfolgreich einen Antrag auf Befreiung – und mit dem Fall der Grenzkontrollen in den vergangenen Tagen wurden von den tatsächlich 1400 eingezogenen Milizionären knapp 600 vom Corona-Einsatz abgezogen und heimgeschickt. Im Detail sind von den dreizehn zusammengetrommelten Kompanien nur mehr sieben im Einsatz – drei in Niederösterreich und jeweils eine in Oberösterreich, Salzburg und Vorarlberg werden nicht mehr gebraucht.

820 Soldaten sichern Durchhaltefähigkeit

Immerhin 820 Milizsoldaten versehen zur Unterstützung der Exekutive noch weiterhin Dienst, die meisten davon jetzt im Grenzraum zu Italien, wo nach wie vor Kontrollen herrschen – aber auch entlang der restlichen Süd- und Ostgrenze wie dem Bundesheer schon seit 2015 unter dem rot-schwarzen Kabinett des damaligen Kanzlers Werner Faymann (SPÖ) angeordnet. Der Rest bewacht in sicherheitspolizeilicher Assistenz weiterhin Botschaften, um die Polizei zu entlasten – ebenso wie kritische Infrastruktur.

Zuletzt machte sich jedoch Unmut unter den einbeorderten Kräften breit: In einem offenen Brief an Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) kritisierte die 1. Jägerkompanie Steiermark die unterschiedliche Besoldung von Berufssoldaten, Milizangehörigen im Zuge freiwilliger Waffenübungen und nun eingezogenen Milizionären. Am Beispiel eines einfachen Wachsoldaten rechnete man vor, dass zwischen ihren Verdiensten ungeheure Beträge klaffen (4189 Euro im Monat bzw. 3559 Euro und 1849 Euro).

Milizbeauftragter zeigt Mängel auf

Diese Unterschiede sind auch dem Milizbeauftragten Generalmajor Erwin Hameseder, im Zivilberuf Bankmanager, bekannt. Er mahnte bei der Feierstunde unter dem Deutschmeister-Denkmal, dass man das Thema Besoldung vordringlich angehen müsse. Den angetretenen Soldaten des Wiener Jägerbataillons dankte er: "Sie haben eindrucksvoll gezeigt, dass unser Bundesheer und die Menschen in unserem Land mit der Miliz rechnen können, wenn es darauf ankommt. Dieser Einsatz des Bundesheeres, insbesondere der Miliz, bedeutet auch, exakt zu analysieren und Rückschlüsse für die Zukunft zu ziehen. Ich werde hier meinen aktiven Beitrag leisten, denn die erfolgreiche Tätigkeit der Miliz erfordert die notwendigen personellen und materiellen Voraussetzungen, als auch budgetär einen spürbaren Schritt nach vorne. Diese Krise zeigt uns allen, dass der Einsatz von Menschen für Menschen, dem Bürger in Uniform, ein wertvoller Einsatz ist, der nicht hoch genug geschätzt werden kann."

Tanner kündigt 1000 Euro Prämie an

Tanner zeigte, dass sie den Wink mit dem Zaunpfahl verstanden hat: Sie kündigte zur Feier des Tages an, dass es neue gesetzliche Lösungen geben wird. Den im Mai einberufenen Soldaten des Milizstandes winkt nun eine Prämie von bis zu 1000 Euro je nach Dauer des Einsatzes. (Conrad Seidl, Nina Weißensteiner, 9.6.2020)