Der ehemalige FPÖ-Abgeordnete Markus Tschank war am Mittwoch geladen. Er machte von seinem Entschlagungsrecht reichlich Gebrauch. Im U-Ausschuss ging es am Mittwoch aber nicht nur um FPÖ-nahe Vereine. Auch der Leiter der Soko Tape war geladen.

Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Jede Medaille hat zwei Seiten. Nachdem am Dienstagnachmittag Oberstaatsanwalt Matthias P. von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Licht auf die holprige Zusammenarbeit zwischen der WKStA und der Soko Tape in den Ibiza-Ermittlungen geworfen hatte, stand am Mittwoch der Leiter der Soko Tape vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss Rede und Antwort. Andreas Holzer stellte die Zusammenarbeit der Behörden weniger holprig dar als P. am Tag zuvor. Es habe zwar Auffassungsunterschiede gegeben, die seien aber stets ausgeräumt worden.

Staatsanwaltschaft sofort informiert

Über 37 Terabyte an Daten seien bisher sichergestellt worden. Die Daten aus dem Handy von Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache etwa seien bei WKStA und Soko. Die Daten seien eins zu eins gespiegelt worden, "wir haben keine Daten, die die WKStA nicht hat". Das sei sein Informationsstand, so Holzer.

Bezüglich des Videos sei man davon ausgegangen, dass dieses justizintern an die WKStA weitergegeben würde, so Holzer. Die zuständige aktführende Staatsanwaltschaft, die StA Wien, sei gleich am 21. April verständigt worden – und zwar ein paar Minuten nach dem Auffinden, so Holzer. Holzer hat zuletzt einige Interviews gegeben, vor allem in Boulevardmedien. Am 27. Mai hat er geschildert, dass die Soko nun das Ibiza-Video habe. WKStA-Staatsanwalt P. hatte am Dienstag vor dem U-Ausschuss gesagt, man fühle sich brüskiert, vom Video aus den Medien erfahren zu haben. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft hat das Material erst seit Montag.

Andreas Holzer leitet die Soko Tape. Am Mittwoch war er im Ibiza-U-Ausschuss geladen.
Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Schattiger Scan

Die bei Hausdurchsuchungen beschlagnahmten Papiere sichtet die Soko und schickt sie, eingescannt, an die WKStA – mitunter aber in unlesbarer Form, wie Staatsanwalt P. am Dienstag sagte. Eine Unterlage etwa sei von derart miserabler Qualität gewesen, dass die WKStA später das ganze Dokument einsah – und drauf gekommen sei, dass im unlesbaren Teil just Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) vorkam.

Der Soko-Tape-Leiter sagte dazu, ein Zeuge habe diesen Zettel abfotografiert und der Soko übergeben. In einem Bericht mit mehr als 400 Seiten habe die Soko das an die WKStA übergeben, das lesbare Original sei der WKStA übergeben worden. Dann habe man noch eine Arbeitskopie angefertigt, die sei schlecht gewesen. "Ich gehe davon aus, dass die Originale übergeben wurden", so Holzer.

Befangenheit wurde geprüft

Zur Befangenheit jenes Ermittlers, der Strache eine aufmunternde SMS geschrieben haben soll, meinte Holzer, dass die Frage der Abklärung des Anscheins der Befangenheit der Dienstbehörde obliegt und nicht der Anklagebehörde. Beim angesprochenen Beamten wurde diese geprüft und festgestellt wurde, dass keine vorliegt.

Holzer soll nun in einer nicht-öffentlichen Sitzung genauer zu den Ermittlungsständen Auskunft geben.

Tschank nicht sehr gesprächig

Am Mittwoch war neben Holzer auch der Ex-FPÖ-Abgeordnete Markus Tschank im U-Ausschuss zu Gast. In seinem Eingangsstatement war Tschank noch gesprächig und verwies darauf, dass er bei den in den Fokus der WKStA geratenen Vereinen wie "Patria Austria", "Austria in Motion" und "Wirtschaft für Österreich" bis August 2017 Funktionen ausgeübt habe. Einzig beim "Institut für Sicherheitspolitik" (ISP) sei er nach wie vor als Vereinsobmann tätig.

Jeder dieser Vereine sei im Juni 2019 einer Sonderprüfung durch einen Wirtschaftsprüfer unterzogen worden. Dabei sei festgestellt worden, dass niemals Zahlungen an politische Parteien oder Vorfeldorganisationen geflossen seien, auch seien keine Kosten von Wahlveranstaltungen übernommen worden. Dies wäre mit den Statuten unvereinbar gewesen, so Tschank.

Jan Krainer (SPÖ) über den U-Ausschuss am Dienstag und auch darüber, warum Entschlagungen aussagekräftig sind.
ORF

Bei seiner anschließenden Befragung machte er allerdings wie Ex-Novomatic-Chef Harald Neumann tags zuvor exzessiv von seinem Entschlagungsrecht Gebrauch. Immer wieder berief er sich zudem auf seine anwaltliche Verschwiegenheit, von der er von den Vereinen nicht entbunden worden sei.

Verweigerung

Bei der Frage der grünen Abgeordneten Nina Tomaselli, ob eventuell Spenden an einzelne FPÖ-Funktionäre geflossen seien, machte Tschank von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machte. Das sei Teil eines laufenden Ermittlungsverfahren, wiederholte Tschank mehrfach.

Auch zum Kooperationsvertrag des ISP mit Novomatic, die seit 2017 200.000 Euro an das Institut zahlte, wollte er nicht näher eingehen. Auch das sei Gegenstand von Ermittlungen.

Nina Tomaselli (Grüne) fragte Tschank, ob Spenden an einzelne FPÖ-Funktionäre geflossen seien.
Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Weder wollte Tschank Auskunft darüber geben, woher er Neumann kenne, noch wann er ihn kennengelernt habe. Dies könnte für das laufende Verfahren relevant sein bzw. könne dies nicht ausgeschlossen werden, lautete seine Rechtfertigung. Keine Wahrnehmung habe er darüber, ob Neumann Kontakte in die ÖVP unterhielt.

Opposition ortet Geldspur zu FP-Politikern

Firmen und Zahlungsflüsse hinterfragte dann Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper, konkret ging es um die Pagasus und die Imbeco GmbH. Laut Neos überwies Imbeco nach Bekanntwerden des Ibiza-Videos Zahlungen des ISP an selbiges zurück; 100 Prozent der Gesellschaft hält Tschank, er ist auch Geschäftsführer. ISP hat ja einen Kooperationsvertrag mit Novomatic und erhält Zahlungen. Krisper präsentierte dem Ausschuss am Mittwoch die Info, dass der damalige FPÖ-Abgeordnete Johann Gudenus dem Parlament offengelegt habe, dass er an der Imbeco Anteile halte.

Neos und SPÖ vermuten daher einen Geldfluss, der so geht: Novomatic an ISP, ISP an Imbeco, an der zumindest auch Gudenus still beteiligt sei, und von dort (nach Ibiza-Gate) wieder ans ISP zurück. Tschank hat dazu nicht geantwortet, er sei nicht von seiner Anwaltspflicht entbunden. Parteienfinanzierung des ISP hatte er ja schon zuvor in Abrede gestellt. Auch Gudenus weist die gegen ihn erhobenen Vorwürfe seit jeher zurück.

Warum gegen Tschank ermittelt wird

Tschank ist durch eine Passage im Video in den Fokus der WKStA geraten, in der Strache Vereine als mögliche Umgehungskonstruktion für Spenden am Rechnungshof vorbei bewirbt. Tschank als ehemals designierter Finanzreferent der FPÖ soll über das Finanzgebaren der Partei Auskunft geben. Gegen Tschank laufen Ermittlungen der WKStA, es gilt die Unschuldsvermutung.

Vertrauensperson nicht zugelassen

Der Novomatic-Manager Alexander M. ging am Mittwoch unverrichteter Dinge wieder weg. Seine Befragung fand nicht statt, weil der Ausschuss M.s Vertrauensperson Dieter Böhmdorfer nicht zuließ. Grund: Der Anwalt könnte selbst als Auskunftsperson geladen werden. Also muss M. mit einer anderen Vertrauensperson wiederkommen. (gra, red, 10.6.2020)