Das Pensionssystem wird wieder einmal als unsicher gesehen.

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Linz – Im Allgemeinen sehen die österreichischen Wahlberechtigten ihre Interessen gut geschützt – und in jedem Detail besser als vor zweieinhalb Jahren zu Beginn der kurzen türkis-blauen Koalition. Aber wenn es um die künftige Politik der türkis-grünen Regierung geht, dann werden die Sorgen deutlich: Sie betreffen vor allem die persönlichen Finanzen.

Das geht aus einer Ende Mai durchgeführten Umfrage des Linzer Market-Instituts im Auftrag des STANDARD hervor. Darin geben 37 Prozent an, dass sich für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler die Lage durch die türkis-grüne Politik wohl verschlechtern werde. 36 Prozent erwarten schlechtere Verhältnisse für Sparer und Anleger und 33 Prozent meinen, dass für zukünftige Pensionisten die Aussichten schlechter werden. In allen drei genannten Bereichen sagten jeweils nur zwischen vier und sechs Prozent der 809 repräsentativ ausgewählten Wahlberechtigten, dass sie Verbesserungen erwarten.

Von den deklarierten Wählerinnen und Wählern der SPÖ und der FPÖ nimmt sogar jeder zweite an, dass mit Verschlechterungen im Pensionssystem zu rechnen sei. Erklärte Wähler von ÖVP und Grünen gehen dagegen mit großer Mehrheit davon aus, dass sich an den Pensionen wenig ändern wird.

Market-Institutsleiter David Pfarrhofer verweist darauf, dass die österreichische Bevölkerung auch im Umfeld der Corona-Krise und der mit ihr einhergehenden Einschränkungen im persönlichen und wirtschaftlichen Umfeld überwiegend optimistisch geblieben ist: "Unsere Einstiegsfrage bei politischen Umfragen ist meist: 'Sehen Sie der nahen Zukunft mit Optimismus und Zuversicht oder eher mit Skepsis bzw. Pessimismus entgegen?' – und da deklarieren sich derzeit 38 Prozent als Optimisten und 23 Prozent als Pessimisten. Diese Werte sind nicht viel anders als vor einem Jahr, als nach Ibiza die erste Regierung Kurz auseinander gebrochen ist, damals ist es 39 zu 19 gestanden. Allerdings war der Optimismus im Februar, bevor es diese pandemische Entwicklung gegeben hat, mit 51 Prozent viel höher als heute."

Pessimisten fürchten Verschlechterungen mehr

Jene, die am Anfang einer Befragung Optimismus äußern, sind meist auch bei konkreten Sachfragen positiver gestimmt: Optimisten sagen in der Folge auch mit großer Mehrheit, dass sich bei den Pensionen und den anderen die persönlichen Finanzen betreffenden Fragen wenig ändern wird – und nur eine Minderheit der Optimisten gibt an, dass sie in diesem Punkt mit Verschlechterungen rechnet. Bei den grundsätzlich pessimistisch gestimmten Befragten ist es genau umgekehrt, sie fürchten mehrheitlich Verschlechterungen für (künftige) Pensionisten, Anleger und generell für Steuerzahler, die sie der türkis-grünen Politik zuordnen.

Pfarrhofer bietet aber auch den Vergleich mit der Einschätzung der türkis-blauen Regierung bei deren Start an: Vor zweieinhalb Jahren meinten 46 Prozent, dass Türkis-Blau Verschlechterungen für (künftige) Pensionisten bringen würde.

Bevor die Frage gestellt wurde, wie sich eine türkis-grüne Regierungsarbeit auf die jeweiligen Themenbereiche auswirken würde, ließ Market die Umfrageteilnehmer nach Schulnoten einschätzen, wie gut sie ihre Interessen in den jeweiligen Bereichen geschützt sehen. Auch hier gab es die schlechtesten Noten im Bereich der Pensionen und beim Sparen und Geldanlegen, nämlich jeweils einen glatten Dreier. Im Vergleich zum Dezember 2017 fühlen sich die Befragten jetzt aber besser geschützt – gerade bei den Themen Pensionen und Anlegerschutz gab es die größten Verbesserungen in der allgemeinen Einschätzung.

Sicher in der Familie

Unverändert am besten gesichert fühlen sich die Österreicherinnen und Österreicher als Teil eine Familie. Stark zugenommen hat allerdings das Sicherheitsgefühl sowohl in der eigenen Wohnung als auch in der Wohnumgebung. Erstaunlich findet Pfarrhofer, dass sich im obersten Bereich der gut geschützten Interessen "die Möglichkeit Ihr Leben bzw. Ihre Freizeit frei zu gestalten" nach wie vor in einer Top-Position findet: "Obwohl die Freizeitgestaltung durch den Lockdown doch weitgehend eingeschränkt war, gibt es da im Durchschnitt die Schulnote 2,06, das ist praktisch unverändert gegenüber Dezember 2017. Und es sagen auch nur 15 Prozent, dass es da zu Verschlechterungen kommt, das ist ebenfalls unverändert gegenüber 2017."

Wesentliche Verschlechterungen sehen bei der Freizeit derzeit vor allem die FPÖ-Wähler – im Gegensatz zu 2017: Damals waren blaue Wähler angesichts der damals frischen Regierungsbeteiligung ihrer bevorzugten Partei aber insgesamt optimistischer und positiver gestimmt.

Was die aktuelle Befragung auch zeigt: Es gibt mehrere Bereiche, in denen eine beachtliche Zahl der Wahlberechtigten der Regierung aus ÖVP und Grünen Verbesserungen zutraut: Das betrifft vor allem die Interessen von Verkehrsteilnehmern mit öffentlichen Verkehrsmitteln (24 Prozent erwarten hier Verbesserungen), die Bildung (15 Prozent erwarten Verbesserungen, 23 Prozent aber Verschlechterungen) und den Schutz vor Diskriminierung (elf Prozent). (Conrad Seidl, 15.6.2020)