Oslo wollte Vorreiter sein. 2016 kam in der norwegischen Hauptstadt die Idee auf, Autos aus der Innenstadt zu verbannen. Es folgten Proteste; Autofahrer fühlten sich diskriminiert, Ladenbesitzer fürchteten um ihre Umsätze. Also entschied sich die Regierung dazu, einen Alternativplan zu erstellen. Im Zuge dessen verbannte sie alle 650 Parkplätze. Autos dürfen also weiterhin fahren. Sie finden nur keinen Ort, um zu ruhen.

Viele Innenstädte in Europas Metropolen spielen mit dem Gedanken, das Auto komplett zu entfernen. Da diese Überlegungen, wie auch in Oslo, oft auf taube und wütende Ohren stoßen, werden auch hier Alternativen überlegt. Verkehrsberuhigte Zonen sind eine davon. In Wien sind es die Begegnungszonen, die Mariahilfer Straße wurde 2015 neu eröffnet.

Um die Innenstadt attraktiver zu gestalten, fasste die Stadt Oslo den Beschluss, alle 650 Autoparkplätze zu verbannen und stattdessen den Platz für Anrainer und Fußgänger zu nutzen.
Foto: VISITOSLO / Didrick Stenersen

Das aktuellste Beispiel ist die Rotenturmstraße im ersten Bezirk. Die Einkaufsstraße wurde in eine fußgängerfreundliche Zone verwandelt. Das bedeutet: Tempolimit 20 für Autos, Orte zum Entspannen, mehr Platz für Fußgänger.

Das gefällt nicht nur besagten Fußgängern, sondern ist auch für die Immobilien in der Umgebung eine echte Aufwertung, sagt Richard Buxbaum, Leiter Wohnimmobilien bei Otto Immobilien. "Wenn die Mikrolage um die Wohnungen attraktiver wird, steigt natürlich auch der Wert der Immobilie." Die Begegnungszonen seien dabei ein guter Kompromiss, denn "die Leute wollen auch nicht auf ihr Auto verzichten". Harald Frey, TU-Wien-Verkehrsexperte, sagt aber auch, dass den Anrainern ihr Auto längst nicht mehr so wichtig sei.

Ausdehnung auf die angrenzenden Bezirke

Konkrete Nachfragen nach Wohnungen in den neuen Wiener Begegnungszonen gibt es nicht. "Verkehrsberuhigte Zonen waren aber schon immer gefragt", sagt Buxbaum. Eine Begegnungszone wirkt entschleunigend auf den sonst so hektischen Bezirk. Und auch für die gewerblichen Immobilien und damit für deren Pächter hat Buxbaum gute Nachrichten. "Die Läden auf der Mariahilfer und der Rotenturmstraße dürften von den Begegnungszonen ebenfalls profitieren." Weniger Autos und dafür mehr Platz für Fußgänger würden dazu führen, dass es mehr Laufkundschaft gibt. Das bestätigt auch Frey: "In einer Begegnungszone ist es für die Menschen einfach angenehmer, sich im öffentlichen Bereich aufzuhalten." Ein Phänomen, das auch in Oslo beobachtet wurde. Nachdem die ersten Parkplätze verschwunden waren, verzeichnete die Innenstadt zehn Prozent mehr Fußgänger.

Einen ersten Bezirk, der nur aus Begegnungszonen besteht oder komplett autofrei ist, lehnt Buxbaum ab. "Ich glaube, das wäre übertrieben. Da vergisst man leicht, dass beispielsweise Hotels ohne Zufahrtsmöglichkeiten suboptimal sind." Das sieht Frey anders: "Die Wiener Fußgängerzone ist im Vergleich zur Stadtgröße eher klein." Besonders die vielen Garagen rund um den ersten Bezirk würden es erleichtern, auf motorisierten Verkehr zu verzichten. Auch eine Ausdehnung auf die angrenzenden Bezirke sei denkbar. "Jegliche Art der Entschleunigung in der Stadt ist eine Steigerung der Lebensqualität." (Thorben Pollerhof, 13.6.2020)