Eine Million arbeitet noch in Kurzarbeit.

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Wir stehen vor einer sehr tiefen Rezession, die Stunden der Wahrheiten haben noch nicht einmal begonnen zu schlagen. Eine Million arbeitet noch in Kurzarbeit. Ob das Geschäft im Herbst irgendwie zurückkommt, wissen auch die nicht existenziell Bedrohten nicht.

Und schon wird über die "next organization" philosophiert, über die "Learnings", nachdem die unteren Milieus die Köpfe hingehalten haben, eventuell Applaus vom Balkon für ihre fortlaufende Arbeit an der Kassa, in der Logistik erhalten haben und sich Büromenschen den Kopf darüber zerbrochen haben, wie sie ihr Homeoffice gut hinkriegen können. Privilegiert im Vergleich zu den Menschen "an der Front" – eh, aber nicht nur.

Jetzt kommt das große Hochfahren? Ein gutes Narrativ. Für viele Menschen stimmt es aber nicht. Und viele zweifeln zu Recht. Denn es muss sein, wie es immer war, diesmal nur intensiver. Unternehmen hatten zehn Wochen Zeit, die Arena zu analysieren: Wer ist unter verschärften Bedingungen arbeits- und leistungsfähig? Wo ginge es mit weniger Stunden bei gleichem Output, mit weniger Gage für dasselbe Engagement? Wenn sehr viele Leute Angst um ihren Job haben – wie stark wird Nachhaltigkeit, Frauenförderung oder soziales Engagement der Firma eingefordert?

Oberflächlich ist das Ergebnis solcher Betrachtungen klar: Viel geht. Und genau darin liegt die allergrößte Gefahr – dass die Verantwortlichen im Personalmanagement nicht genauer hinsehen, warum jemand in den vergangenen zehn Wochen kein(e) Champion war. Warum Belegschaften zugelassen haben, dass Themen ins Schweigen verschwinden. Der Vorteil oberflächlicher Blicke ist, dass sie leicht in ein Excel-Sheet zu quetschen sind und "sparen" sagen. Was wird passieren? (Karin Bauer, 14.6.2020)