Die Technik, die technologische Machbarkeit sei in den vergangenen Wochen nicht das Problem gewesen. Die größte Frage sei das Wie der Zusammenarbeit gewesen, das Wie des Zusammenspiels zwischen Menschen mit den verfügbaren technologischen Instrumenten.

Getty Images/iStockphoto

Was ist jetzt wichtig im Personalmanagement? Die Berater von Deloitte haben aktuell 9.000 Führungskräfte in 119 Ländern befragt, darunter auch Österreich. Die Ergebnisse zeigen einen tiefen Graben zwischen dem, was gebraucht wird, und dem, was angeboten werden kann.

Vorwiegend geht es dabei um das Aushalten – in der Formulierung der Umfrage "physische und mentale Gesundheit" der Mitarbeiter. Dass weite Teile der Belegschaften vom gewaltigen Druck, von der Corona-Ausnahmesituation, von Jobverlust der Partner, Homeschooling und Angst vor der Zukunft angeschlagen sind, ist evident. Bereits vor Covid-19 sahen 96 Prozent der Führungskräfte das Wohlergehen der Arbeitnehmer als zentrale Unternehmensverantwortung. Auch das Zugehörigkeitsgefühl wird besonders hoch gewertet: Für fast 80 Prozent ist das in den nächsten Monaten ein entscheidender Faktor für den Unternehmenserfolg. Aber: Nur eine Minderheit (siehe Grafik), etwa 13 Prozent, hat Strategien zur Stärkung des Zugehörigkeitsgefühls.

Weltweite Deloitte-Umfrage: Was ist wichtig im Personalmanagement?
derStandard

85 Prozent sagen, dass die neuen Arbeitsweisen mit sehr großen ethischen Herausforderungen einhergehen, aber nur 27 Prozent haben Maßnahmen und/oder Regelwerke. Deutlich mehr als die Hälfte ist überzeugt, dass die Mitarbeitenden in den kommenden zwei, drei Jahren völlig neue Kompetenzen erlernen müssen, aber nur 16 Prozent wollen dafür auch Geld in die Hand nehmen und in Weiterbildung investieren. Wobei das für Julian Mauhart, Partner im Consulting bei Deloitte Österreich, nur die halbe Geschichte ist: "Mehr Geld in die Hand nehmen reicht nicht. Mindestens genauso wichtig ist ja, zu wissen, welche Kompetenzen man entwickeln muss. Nur 17 Prozent der Befragten können solche Kompetenzen überhaupt benennen." Es herrscht also, so wie es in diesem "Human Capital Trend"-Rundblick erscheint, die große Ratlosigkeit, die große Unsicherheit, in welche Richtung wie agiert werden soll. Somit wird es auch schwierig, Zugehörigkeitsgefühle zur Firma zu fördern. Mauhart: "Zugehörigkeit entsteht aus drei Komponenten: sich gut aufgehoben zu fühlen so, wie man ist. Dazu braucht es Fairness und Respekt. Die zweite Komponente ist die Verbundenheit mit Kollegen und Teams. Die dritte betrifft die Übereinstimmung mit Unternehmenszielen sowie die Überzeugung, einen wesentlichen Beitrag zu diesen Zielen zu leisten."

Eine Paradoxie

Fairness und Respekt werden zwischen Jobabbau, Kurzarbeit und übermäßigem Arbeitsdruck für die Verbliebenen wohl schwer zu empfinden sein. Die Verbundenheit mit Kollegen via Videotool ist ein Problem. Und die Übereinstimmung mit den Unternehmenszielen? Wenn fast alles unklar und mehrdeutig ist, wo sind dann die Ziele, wo ist dann mein Beitrag? Human-Ressources-Verantwortliche kämpfen da offensichtlich mit und gegen Faktoren, auf die sie keinen Einfluss haben.

Klar gezeigt habe sich, sagt Mauhart nach Analyse der Interviews, dass die Technik, die technologische Machbarkeit in den vergangenen Wochen nicht das Problem war. Die größte Frage sei das Wie der Zusammenarbeit gewesen, das Wie des Zusammenspiels zwischen Menschen mit den verfügbaren technologischen Instrumenten. Das werfe viele Themen auf, etwa jenes von Vertrauen und Kontrolle oder jenes vom technologischen Gap: Einige konnten sich schnell den Umgang mit den neuen Tools beibringen, andere wurden abgehängt.

Wichtigstes To-do diesbezüglich sei, sagt Mauhart, Technologie und Mitarbeiter nicht getrennt zu denken: "Das kann gelingen, wenn man nicht Technologie anschafft und ganz am Ende die Mitarbeiter schult, sondern die Anwender mit ihren Bedürfnissen, Gewohnheiten, Ansprüchen und Fähigkeiten von Anfang an ernst nimmt und mitdenkt." (Karin Bauer, 13.6.2020)