Es knatscht gewaltig zwischen der politischen und der militärischen Führung in Washington: Mark Milley, Vorsitzender des Vereinigten Generalstabs der US-Streitkräfte und damit ranghöchster Soldat seines Landes, hat sich am Donnerstag in einer Videoansprache für die Nationale Verteidigungsuniversität klar von Präsident Donald Trump distanziert. Und zwar indem er etwas tat, was man vom selbsternannten Amerikawiedergroßmacher Trump wohl eher nicht erwarten könnte: Er bedauerte sein eigenes Verhalten.

Mark Milley, Chef des US-Generalstabs, bedauert seinen Auftritt mit Trump.
Foto: Brendan Smialowski / AFP

Konkret geht es um Trumps umstrittenen Fototermin, bei dem der Präsident sich am 1. Juni mit einer Bibel in der Hand vor der St. John’s Church gegenüber dem Weißen Haus aufpflanzte. Zur selben Zeit demonstrierten im ganzen Land bereits Hunderttausende gegen rassistische Polizeigewalt und die Tötung des Afroamerikaners George Floyd – auch auf dem Lafayette-Platz, der Trump von seiner Fotolocation trennte. Also mussten Tränengas und Gummigeschoße die friedlichen Kundgebungsteilnehmer vertreiben, bevor Trump über den Platz schritt – unter anderem mit Mark Milley im Schlepptau, was dieser nun als Fehler bezeichnet.

"Ich hätte nicht dort sein sollen"

"Ich hätte nicht dort sein sollen", sagte der 61-Jährige in seiner Rede. "Meine Anwesenheit in diesem Moment und in diesem Umfeld ließ den Eindruck von einer Armee entstehen, die in innenpolitische Angelegenheiten involviert ist."

Damit traf Milley einen heiklen Punkt: Äußerungen Trumps, mit der Armee gegen Demonstranten vorgehen zu wollen, hatten zuletzt zu heftigen Debatten über mögliche Militäreinsätze gegen die eigene Bevölkerung geführt. Vertraute Mil leys, der sogar mit Rücktritt geliebäugelt haben soll, sind von seinem jüngsten Vorstoß wenig überrascht: Der verheiratete Vater zweier Kinder gilt als jemand, der sich kein Blatt vor den Mund nimmt und sich im Oval Office auch schon hitzige Wortgefechte mit Trump geliefert hat.

Während seiner Laufbahn absolvierte der studierte Politikwissenschafter aus Massachusetts unter anderem Einsätze in Haiti, Bosnien-Herzegowina, Afghanistan, Somalia und im Irak. Nun gilt seine Sorge wieder vermehrt dem eigenen Umfeld. Bereits am 2. Juni, einen Tag nach Trumps bibelbewehrtem Fototermin, verfasste Milley ein Memorandum und erinnerte die Armeeführung an den militärischen Eid auf die Verfassung: Diese garantiere allen die gleichen Bürgerrechte, Meinungs- und Versammlungsfreiheit inklusive. (Gerald Schubert, 12.6.2020)