Laut Polizei löste sich bei einer der Attacken eine zehnjährige Mutterkuh völlig unvermittelt von der Herde.

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Innsbruck – Kühe haben am Freitag in Tannheim im Tiroler Bezirk Reutte in zwei voneinander unabhängigen Situationen Wanderer aus Deutschland niedergestoßen. Betroffen waren laut Polizei eine 37-jährige Frau, ein 48-jähriger Mann sowie ein vierjähriges Kind. Die verletzte Frau wurde mit einem Hubschrauber in das Klinikum Immenstadt in Bayern geflogen. Die Vierjährige wurde zur Beobachtung ins Spital gebracht.

Die Attacken ereigneten sich in umzäuntem Weidegebiet im Bereich des Vilsalpsees, das auch mit Warnschildern versehen ist. Die 37-Jährige umwanderte mit ihrer Familie den Vilsalpsee auf dem Weg zur Vilsalpe und musste dabei auch das Weidegebiet durchqueren, auf dem sich am Freitag 44 Rinder in Mutterkuhhaltung aufhielten. Laut Polizei löste sich dabei eine zehnjährige Mutterkuh völlig unvermittelt von der Herde. Sie lief auf die Frau zu und stieß die 37-Jährige heftig zu Boden. Die Krankenschwester klagte anschließend über Schmerzen im Brustkorb- und Hüftbereich. Wie der ORF berichtet gab es noch am Samstag Entwarnung aus dem Spital. Demnach hat die Frau lediglich starke Prellungen erlitten.

Etwa eineinhalb Stunden nach der Attacke auf die 37-Jährige – gegen 14.00 Uhr – querten zwei weitere Familien das Weidegebiet. Als die Wanderer noch etwa 50 Meter vom geschlossenen Weidegatter entfernt waren, kamen plötzlich vier Kälber auf die Gruppe zu und attackierten einen Vierjährigen und einen 48-Jährigen, die zu Boden gingen. Der Mann wurde dabei leicht verletzt. Der Vierjährige wurde ins Krankenhaus nach Reutte gebracht und blieb zur Beobachtung eine Nacht bis Samstag im Spital

Almmeister zeigt Verständnis für Verhalten der Tiere

Die Polizei Grän nahm anschließend in beiden Fällen Ermittlungen auf, berichtete der ORF. Die Schuldfrage sei nach Einschätzung von Polizist Edelbert Huter jedoch nicht leicht zu klären, weil die Weide eingezäunt war und mit entsprechenden Warnschildern auf die Gefahr von Mutterkühen hingewiesen wurde. Die Polizei werde nun Bericht an die Staatsanwaltschaft erstatten. Es gehe um fahrlässige Körperverletzung.

Die 44 Tiere, darunter 15 Kälber, sind seit Dienstag auf der Weide am Vilsalpsee und sollten am 23. Juni auf die Alm getrieben werden. Sie gehören verschiedenen Bauern aus der Region. Der zuständige Almmeister Ludwig Lochbihler erklärte am Samstag gegenüber dem ORF, dass die Kühe aufgrund des Touristenansturms am Freitag unter Druck geraten seien. Hunderte Wanderer seien demnach trotz Schildern über die Weide gelaufen. "Ich kann den Tieren keine Schuld geben. Die Leute handeln für mich unverständlich. Außerdem ist momentan der Wanderweg wegen des Wasserstands des Vilsalpsees überschwemmt. Und deswegen sind die Gäste über den Weidboden gelaufen. Und ich meine, dass die Kuh nichts anderes gemacht hat, als ihr Kalb zu schützen. Und dass die ein oder andere Kuh mal auszuckt, ist für mich verständlich.", so Lochbihler gegenüber dem ORF.

Er sei erleichtert, dass die Wanderer nur leicht verletzt wurden, sagte Lochbihler. Er werde die Weide nun mit einem weiteren Zaun absperren, sollte sich dennoch nichts ändern, müsse er die Weide nächstes Jahr aufgeben.

Tödliche Kuhattacke 2014

Im Fall einer Kuhattacke die 2014 im Tiroler Pinnistal einer deutschen Wanderin das Leben kostete, erging 2020 ein Urteil durch den Obersten Gerichtshof (OGH), wonach sowohl der Tierbesitzer als auch das Opfer eine Teilschuld an dem Unfall hatten. Der Bauer hätte wegen der Gefahr durch Muttertiere die Weide einzäunen müssen, das Opfer habe wiederum Warnschilder und Abstandsregeln ignoriert, so das Gericht. In diesem Fall hatte die Touristin außerdem einen Hund dabei, was im aktuellen Fall in Tannheim nicht der Fall war. (APA, red, 13.6.2020)