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Toni Innauer auf der Suche nach einer Erklärung: War es Gedankenlosigkeit, plumpe Ignoranz, Lobbying oder kalkulierte Ehrabschneidung?

Foto: REUTERS/Stringer

Innsbruck/Wien – Toni Innauer ist verwundert, verunsichert, vermutlich auch besorgt. Jedenfalls wendet er sich mittels eines Blogeintrags an die Öffentlichkeit, wohl auch in der Hoffnung, eine Aufklärung in einer wirklich nicht unmittelbar nachvollziehbaren Causa zu bewirken.

Der frühere Weltklasseskispringer, als solcher Olympiasieger 1980 in Lake Placid, spätere Trainer und Sportdirektor der Nordischen, Autor und Sprungexperte gibt zu verstehen, dass er Argumente sucht, warum der ORF in der Dokumentation "Menschen & Mächte" über die 70er-Jahre seine Zunft komplett ausgespart hat, wo doch Dr. Karl Schnabl mit Gold und Bronze in Innsbruck 1976 erfolgreichster Olympionike Österreichs war und auch hernach beruflich reüssieren konnte, während in der Sendung viele andere Sportgrößen und Sportarten "absolut zurecht als prägende Elemente des Lebensgefühls dieser wunderbaren Zeit erhoben worden sind", wie Innauer ausführt.

Dies wäre für den stets besonnenen und mit klarem Verstand auftretenden 62-Jährigen vielleicht noch nicht ausreichend gewesen, in die Tasten zu hauen, und die Frage: "Gedankenlosigkeit, plumpe Ignoranz, Lobbying oder kalkulierte Ehrabschneidung?" in den Raum bzw. das Internet zu werfen. Nein, um seinen Eintrag zum Thema "Sportgeschichtsschreibung in einem kleinen Land" zu verfassen bedurfte es eines weiteren Anstoßes.

"Nationale Sportgeschichte umgeschrieben?"

Und der passierte kürzlich, als der ORF zum 40-jährigen Jubiläum der Olympischen Spiele 1980 einen 20-minütigen Beitrag über die österreichischen Goldmedaillengewinner ausstrahlte, dabei aber den damaligen Olympiasieger, Toni Innauer, mit keinem Wort erwähnte. "Ist es nun peinlich, als Betroffener – und in Ermangelung von Lobbyisten – aktiv darauf hinzuweisen oder, dass nationale Sportgeschichte auf wichtigen Sendeplätzen wiederholt umgeschrieben wird?" gibt Innauer zu bedenken, der neben Leonhard Stock und Annemarie Moser-Pröll Gold in Lake Placid holte.

Seinen kritischen Worten schickte Innauer voraus, dass viele und so auch er "in wirtschaftlich unsicheren Zeiten etwas sensibler auf bestimmte Zeichen reagieren". Die Botschaften zwischen den Zeilen oder die ausgesparten Tatsachen hätten aber eine Kraft. Während dies vielen nicht auffalle, würden betroffene Zeitzeugen allerdings hellhörig werden.

"Der kleine vernachlässigte Bruder"

Und so versucht Innauer, seinen Sport ins rechte Licht zu rücken: "Skispringen und der nordische Sport haben über Jahrzehnte bis heute eine Menge an tollen Leistungen und Geschichten produziert. Millionen vor dem Fernseher und vor Ort haben sich von dem Weg der Preiml-Truppe inspirieren lassen. Aus dem Skigymnasium Stams an die – bis heute verteidigte Weltklasse – führte ein spannender Weg. Unvoreingenommene ÖsterreicherInnen sind deshalb begeistert, weil der kleine vernachlässigte Bruder des großen alpinen Rennsports auf einer, immer wieder schief gestellten Anerkennungsebene, letztlich aus eigener Kraft und in jeder Hinsicht bis auf Augenhöhe gekommen und geblieben ist", so Innauer.

"Nicht nur SportlerInnen, wir alle brauchen die aufbauenden Erzählungen von jenen, die Rückschläge verkraftet haben und schwierige Wege letztlich erfolgreich gegangen sind", schreibt Innauer. (red, 13.6.2020)