In Paris wurde am Samstag erneut gegen Rassismus und Polizeigewalt demonstriert.

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Paris – Erneut sind tausende Menschen in Paris auf die Straße gegangen, um gegen Rassismus und Polizeigewalt zu demonstrieren. Zu der Kundgebung am Samstag aufgerufen hatte die Schwester des 2016 bei einer Festnahme gestorbenen Adama Traoré. Sie verglich den Fall ihres Bruders mit dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd in den USA.

"Wir haben uns heute versammelt, um Polizeigewalt, gesellschaftliche Gewalt und ethnische Gewalt anzuprangern", sagte Assa Traoré.

Die Proteste fanden trotz einem wegen der Coronavirus-Pandemie erlassenen Demonstrationsverbot statt. Dieses wurde jedoch am Samstag vom höchsten Verwaltungsgericht Frankreichs ausgesetzt. Das Gericht folgte den Beschwerden, laut denen das pauschale Verbot eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der Grundrechte darstelle. Das Verbot angefochten hatten die Gewerkschaften und ein individueller Antragsteller.

Regierungssprecherin schlug Erfassung von ethnischer Herkunft vor

Adama Traoré, 24-jähriger Sohn von Einwanderern aus Mali, war nach einer Festnahme in einer kleinen Gemeinde bei Paris ums Leben gekommen. Die Todesursache ist umstritten – es gibt zahlreiche Gutachten und Gegengutachten. Ein aktuelle Bewertung der Justiz entlastet die Polizisten. Ein Gutachten im Auftrag von Traorés Familie geht dagegen davon aus, dass Traoré aufgrund äußerer Gewalteinwirkung erstickt ist.

Beachtung fand am Samstag ein Gastbeitrag der Regierungssprecherin Sibeth Ndiaye in der Zeitung "Le Monde". Sie schlug darin vor, in Statistiken auch Daten zur ethnischen Herkunft der Bürger zu erfassen. Damit könne Diskriminierung besser erkannt werden, schrieb die aus Senegal stammende Sprecherin, die Ministerrang hat. Eine solche Datenerfassung ist bisher gesetzlich untersagt.

Amnesty fordert Reform der Polizei

Amnesty International hat am Samstag eine tiefgreifende Reform der "Polizeipraktiken" in Frankreich gefordert. Die Situation erfordere eine "umfassende Antwort der Behörden", erklärte die Menschenrechtsorganisation.

Sie begrüßte die Ankündigung von Innenminister Christophe Castaner vom vergangenen Montag, Polizisten, die sich nachweislich rassistisch verhalten haben, "systematisch" zu suspendieren sowie umstrittene Polizeimethoden wie den Würgegriff bei Festnahmen zu verbieten. Dagegen hatten Polizisten am Donnerstag und Freitag in Paris und anderen Städten gegen den Vorwurf protestiert, dass in ihren Reihen latenter Rassismus herrsche. (APA, 13.6.2020)