Viele Menschen auf der Flucht nehmen noch immer die gefährliche Route über das Mittelmeer. Auf diesem Boot kamen 131 Menschen nach Zypern.

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Berlin/EU-weit – Nach einem deutlichen, coronabedingten Rückgang im April ist die Zahl der Flüchtlinge Richtung Europäische Union wieder stark angestiegen. Im Mai gab es auf den Hauptmigrationsrouten in Europa fast 4.300 unerlaubte Grenzübertritte, fast dreimal so viel wie im Vormonat, wie die Funke Mediengruppe unter Berufung auf die in Warschau angesiedelte EU-Grenzschutzagentur Frontex berichtete.

Im April waren die Zahlen im Zuge der Corona-Pandemie auf ein Rekordtief gesunken. Insgesamt registrierte Frontex dem Bericht zufolge von Jänner bis Mai 31.600 illegale Grenzübertritte – sechs Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Die Route über das östliche Mittelmeer – also über die Türkei und Griechenland – war erneut die "aktivste Migrationsroute nach Europa". Hier stellte Frontex im Mai 1.250 irreguläre Grenzübertritte fest, achtmal so viele wie im April. Von Jänner bis Mai wurden 12.700 Fälle verzeichnet, 28 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Die meisten Flüchtlinge kamen aus Afghanistan.

Bangladesch, Sudan und Elfenbeinküste

Auf der Strecke über das zentrale Mittelmeer – also von Libyen und Tunesien nach Italien und Malta – gab es rund 1.000 unerlaubte Grenzübertritte, ein Anstieg von 40 Prozent gegenüber April, wie es weiter hieß. Von Jänner bis Mai erfasste Frontex 5.500 Fälle, fast dreimal so viele wie in der gleichen Periode 2019. Die Migranten stammten vor allem aus Bangladesch, dem Sudan und Cote d'Ivoire (Elfenbeinküste).

Über das westliche Mittelmeer – also von Marokko nach Spanien – kamen im Mai dem Bericht zufolge mehr als 650 Geflohene. Das waren fast viermal so viele wie im April. In den ersten fünf Monaten des Jahres wurden 3.700 Migranten registriert, weniger als die Hälfte als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Fast jeder zweite Flüchtling war Algerier. Auf der Westbalkanroute wurden im Mai mehr als 900 illegale Grenzübertritte verzeichnet, zehnmal mehr als im April. Von Jänner bis Mai gab es mehr als 6.900 Fälle, ein Anstieg von 50 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

Tote vor der Küste Tunesiens

Die Routen bleiben gefährlich: Erst vergangene Woche war es wieder zu einem Bootsunglück vor der Küste Tunesiens gekommen. 55 Menschen starben. Es werde weiter im Meer vor der Stadt Sfax nach Opfern gesucht, hieß es am Freitagabend aus dem Verteidigungsministerium.

Das Boot hatte am vergangenen Samstag abgelegt. Die ersten Leichen waren am Sonntag auf den Kerkennah-Inseln vor der tunesischen Küste entdeckt worden. Die tunesischen Behörden gingen zunächst davon aus, dass sich 53 Menschen auf dem Boot befunden haben. Daher war die Suchmission nach dem Fund von 53 Leichen zunächst eingestellt worden.

Tunesien dient immer wieder als Ausgangspunkt für illegale Migranten und Schlepper, die versuchen, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) starben in diesem Jahr bereits mindestens 269 Menschen beim Versuch, das Mittelmeer zu überqueren. Insgesamt kamen demnach seit 2014 mehr als 20.000 Menschen bei der Flucht über das Mittelmeer um. (APA, 14.6.2020)