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Papppublikum und nur wenige echte Fans bei einem Spiel von Levski Sofia.

Foto: Reuters / Stoyan Nenov

Am 8. Juni lag die Zahl der Neuinfektionen laut den Daten der Johns Hopkins Universität bei 98 – so viele Personen wurden an einem Tag in Bosnien-Herzegowina noch nie als positiv getestet gemeldet, am 12. Juni lag die Zahl bei 61 neuen Fällen. In Bulgarien wurden am 12. Juni 105 Neuinfizierte entdeckt, zwei Tage zuvor waren es 104 Personen gewesen. Die Zahlen sind in Bulgarien seit Tagen so hoch wie noch nie – seit dem 24. April, was wohl auf die orthodoxen Osterfeiern zurückzuführen ist, die am 19. April stattfanden. Bulgarien steckt jedenfalls mitten in der Pandemie.

Am schlimmsten ist die Situation im Nachbarland Nordmazedonien. Hier sind die Zahl der Neuangesteckten erschreckend, am 13. Juni wurden 193 Fälle gefunden. Dabei hat Nordmazedonien nur zwei Millionen Einwohner. Ähnliches gilt für den ebenfalls kleinen Kosovo. Auch in dem Zentral-Balkan-Staat wurden am 13. Juni 111 neue Fälle von mit Covid-19 infizierten Personen entdeckt.

Mitteleuropa hat gute Zahlen

Während in den mitteleuropäischen Staaten Slowenien und Kroatien die Pandemie eingedämmt ist und es kaum mehr Fälle gibt, ist die Situation auf dem Balkan ganz anders. Nur in Montenegro und in Griechenland scheinen die richtigen Maßnahmen gesetzt worden zu sein. Die Zahlen sehen dort gut aus – was auch für den Tourismus wichtig ist. In Albanien hingegen und in Serbien werden immer neue Cluster entdeckt. 48 Fälle waren es zuletzt am 13. Juni in Albanien, 76 in Serbien, das allerdings mehr als doppelt so viele Einwohner hat wie Albanien. Und obwohl die Situation in Serbien viel besser ist als im vergleichbaren Bulgarien, scheint die Pandemie nicht voll unter Kontrolle.

Serbien hat die Grenzen für alle Personen geöffnet – es gibt keine Quarantäne-Vorschriften, und die Leute halten sich kaum an Abstandsregeln. Nur wenige tragen eine Maske. Am Sonntag werden Lokal- und Parlamentswahlen abgehalten. In Nordmazedonien und in Bulgarien hat man den Eindruck, dass die Pandemie gerade erst so richtig an Fahrt aufnimmt. Trotzdem wollen die bisher regierenden Sozialdemokraten in Nordmazedonien möglichst schnell Wahlen abhalten. Denn sie wissen, dass sie andernfalls im Herbst – wenn die Wirtschaftskrise so richtig zu spüren sein wird – diese verlieren könnten.

Ausnahmezustand in Nordmazedonien beendet

Präsident Stevo Pendarovski hat am Freitag den Ausnahmezustand aufgehoben, obwohl die Zahlen dazu keinen Anlass geben. Eigentlich sollten die Parlamentswahlen bereits im April stattfinden. Die Sozialdemokraten wollen am 5. oder am 8. Juli den Urnengang organisieren. Die nationalkonservative VMRO-DPMNE, die in den vergangenen drei Jahren in Opposition war, ist dagegen. Auch in Rumänien wurden angepeilte Wahlen verschoben. Der vergleichsweise große osteuropäische Staat mit fast zwanzig Millionen Einwohnern steckt auch mitten in der Covid-19-Krise. Die Zahlen sind zwar besser als im April, aber die Kurve geht nicht wirklich Richtung null. Am 13. Juni gab es 275 Neuansteckungen.

Insgesamt wurde die gesamte Region nicht so stark von der Pandemie betroffen wie der Westen Europas, auch die Anzahl der Toten hält sich in Grenzen. Dennoch besteht die Gefahr, dass die Staaten Südosteuropas mehr von der Krise betroffen sind als andere. Denn die Gesundheitssysteme sind im Vergleich schlecht, und es wird viel weniger getestet als in Mittel- und in Westeuropa.

Zu wenig Aufklärung

Weil es sich zum Teil um autokratische Regime handelt, in denen es an Transparenz und Bürgersinn mangelt, werden die Bürger oft nicht ausreichend informiert und aufgeklärt, stattdessen wurden oft autoritäre Maßnahmen gesetzt, die dann in der Folge von vielen Leuten boykottiert werden. Manche Regime – wie etwa jenes in Serbien – beschuldigen die EU, die Nicht-EU-Staaten auf dem Balkan im Stich gelassen zu haben. Brüssel hat indes alle Staaten auf dem Balkan mit Hilfsgeldern ausgestattet. Doch die Wirtschaftskrise wird viele Menschen noch ärmer zurücklassen, als sie es bereits sind. Denn viele Leute haben ohnehin keine Anstellungen und keine Sozialversicherung. Die Staaten sind so arm, dass die Sozialhilfe – wenn sie überhaupt existiert – nicht zum Überleben reicht. (Adelheid Wölfl, 14.6.2020)