Das Klopapier geriet während der Corona-Krise zum Lieblingsprodukt der Hamsterkäufer.
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Als sich COVID-19 Anfang des Jahres rasant über den Globus auszubreiten begann, kam es nach dem notwendigen Lockdown in Europa und Nordamerika auch zu Hamsterkäufen. Ein kurioses Phänomen stach dabei besonders ins Auge und mauserte sich geradezu zum Symbol für die Angst vor Engpässen bestimmter Güter im Privathaushalt: Überraschend viele Menschen begannen Toilettenpapier zu horten. Einige Unternehmen berichteten von einem Anstieg der Klopapierverkäufe um bis zu 700 Prozent – und das, obwohl die Regierungen nachdrücklich dazu aufgefordert hatten, von "Panikkäufen" abzusehen.

Reinlichkeitsbedürfnis und Nachahmungseffekt

Warum es zu dem Hype und teilweise sogar zu regelrechten Rangeleien an den Hygieneartikelregalen der Supermärkte kam, dafür dürfte wohl eine Mischung von Ursachen verantwortlich sein. Für Psychologen spielen dabei der gefühlte Kontrollverlust und ein gesteigertes Reinlichkeitsbedürfnis im Zuge der Coronakrise ebenso eine Rolle, wie ein gewisser Nachahmungseffekt.

Wer besonders anfällig für das Horten von Toilettenpapier ist, hat nun ein Team um Theo Toppe vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig in einer aktuellen Studie herausgearbeitet: Offenbar sind Menschen, die sich durch COVID-19 stärker bedroht fühlen und deren Persönlichkeit durch ein besonders hohes Maß an Emotionalität und Gewissenhaftigkeit geprägt ist, verstärkt von dem Drang betroffen, sich mit dem "weißen Gold" zu bevorraten.

Persönlichkeitstest und Quarantäneverhalten

Für die im Fachjournal "Plos One" erschienenen Studie befragten die Forschenden 1.029 Erwachsene aus 35 Ländern, die die Forscher über die sozialen Medien rekrutiert hatten. Zwischen dem 23. und dem 29. März 2020 füllten die Teilnehmenden einen Persönlickeitstest (Brief HEXACO Inventory; BHI) aus, der sechs große Persönlichkeitsbereiche umfasst. Darüber hinaus machten sie Angaben über ihren demografischen Hintergrund, wie stark sie sich durch COVID-19 bedroht fühlten, ihr Quarantäneverhalten und ihren Toilettenpapierverbrauch der letzten Wochen.

Der zuverlässigste Indikator für eine Toilettenpapierbevorratung war, wie stark sich jemand durch die Pandemie bedroht fühlte; Menschen, die sich stärker bedroht fühlten, neigten dazu, mehr Toilettenpapier zu horten. Etwa 20 Prozent dieses Effekts waren auf das Persönlichkeitsmerkmal Emotionalität zurückzuführen: Menschen, die im Allgemeinen besonders besorgt und ängstlich sind, fühlen sich auch durch COVID-19 bedrohter und horten eher Toilettenpapier. Auch die Persönlichkeitsdomäne der Gewissenhaftigkeit, zu der Merkmale wie Organisation, Fleiß, Perfektionismus und Vorsicht gehören, hatte Einfluss auf das Bevorratungsverhalten.

Das Phänomen bleibt rätselhaft

Andere Beobachtungen waren, dass ältere Menschen mehr Toilettenpapier horten als jüngere Menschen und dass Amerikaner mehr Toilettenpapier horten als Europäer. Die Wissenschafter weisen darauf hin, dass die untersuchten Variablen nur etwa zwölf Prozent der Unterschiede hinsichtlich der Toilettenpapierbevorratung erklären, was darauf hindeutet, dass einige psychologische Erklärungen und situative Faktoren wahrscheinlich nicht berücksichtigt wurden. "Die subjektive Bedrohung durch COVID-19 scheint ein wichtiger Auslöser für die Bevorratung mit Toilettenpapier zu sein. Von einem umfassenden Verständnis dieses Phänomens sind wir jedoch noch weit entfernt", so Toppe. (red, 15.6.2020)