Einige der nahen Exoplaneten werden von ihrem Zentralgestirn regelrecht gegrillt.
Illustr.: Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam

Gerade erst geboren und schon Opfer ihres Muttergestirns: Zwischen August und November 2019 haben Astronomen um den jungen Stern V1298 Tauri mithilfe des Kepler-Weltraumteleskops der Nasa in 350 Lichtjahren Entfernung vier Exoplaneten ausgemacht. Der Stern bildete sich vor weniger als 25 Millionen Jahren und besitzt annähernd die Masse unserer Sonne.

Seine vier Begleiter umkreisen ihn in äußerst kleinem Abstand in 8, 12, 24 und vermutlich mehr als 36 Tagen – und diese geringe Distanz dürfte wohl auch das Schicksal der Babyplaneten besiegeln: Durch die intensive Röntgenstrahlung ihrer jungen Sonne werden sie regelrecht gegrillt, was zur Verdampfung ihrer Gashüllen führt. Die Gasatmosphären der innersten Planeten könnten damit vollständig verglühen, so dass nur noch die Gesteinskerne der Planeten übrig bleiben.

Gefahrvolle Gegend für junge Planeten

Junge Exoplaneten leben in einer riskanten Umgebung: Ihre Sterne erzeugen große Mengen energiereiche Röntgenstrahlung, typischerweise tausend- bis zehntausendmal mehr als unsere eigene Sonne. Diese Röntgenstrahlung kann die Atmosphäre von Exoplaneten erwärmen und manchmal sogar regelrecht wegkochen. Wie viel von der Atmosphäre eines Exoplaneten im Laufe der Zeit verdampft, hängt nicht zuletzt von den Eigenschaften des Planeten ab: seiner Masse, seiner Dichte und wie nahe er sich an seinem Stern befindet. Aber wie sehr beeinflusst ein Stern, was über Milliarden von Jahren mit seinen Planeten passiert? Mit dieser Frage haben sich Astronomen des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP) in einer aktuellen Studie befasst.

Dafür untersuchten sie das kürzlich entdeckte System mit vier Planeten um den jungen Stern V1298 Tau. Der Zentralstern ist ungefähr so groß wie unsere Sonne. Allerdings ist er nur etwa 25 Millionen Jahre alt, was im Vergleich zur Sonne mit ihren 4,6 Milliarden Jahren sehr jung ist. Der Stern beherbergt zwei Planeten, beide ungefähr so groß wie Neptun, die ihn sehr nah umkreisen, sowie zwei weitere Planeten, etwas weiter entfernt, in Saturn-Größe. "Wir haben das Röntgenspektrum des Sterns mit dem Chandra-Weltraumteleskop beobachtet, um eine Vorstellung davon zu bekommen, wie stark er die Atmosphären seiner Planeten bestrahlt", erklärt Katja Poppenhäger, Hauptautorin der in den "Monthly Notices of the Royal Astronomical Society" präsentierten Studie.

Die vier bisher entdeckten Exoplaneten des Systems V1298 Tauri.
Illustr.: Nasa

Stellare Rotation entscheidet über Schicksal der Planeten

Das Team bestimmte so das mögliche Schicksal der vier Exoplaneten. Wenn das Stern-Planeten-System älter wird, dreht sich der Stern immer langsamer um seine eigene Achse. Die Rotation des Sterns ist jedoch die treibende Kraft für das Magnetfeld des Sterns, welches wiederum seine Röntgenstrahlung verursacht. "Die Verdampfung der Exoplaneten hängt davon ab, wie sich die Rotation des Sterns in den nächsten Milliarden Jahren entwickelt. Je schneller die Rotation des Sterns abnimmt, desto weniger Atmosphäre geht den Planeten verloren", sagt Laura Ketzer, Koautorin der Studie, die ein Modell entwickelt hat, das die Entwicklung der Planeten im Laufe der Zeit berechnet.

Die Berechnungen zeigen, dass die beiden innersten Planeten des Systems ihre Gasatmosphäre vollständig verlieren und als felsige Kerne enden können, wenn die Rotation des Sterns im Laufe der Zeit wenig abnimmt, während der äußerste Planet weiterhin ein Gasriese bleibt. "Für den dritten Planeten hängt es entscheidend davon ab, wie schwer er ist, was wir noch nicht wissen. Die Größe von Exoplaneten können wir mit der Transit-Methode messen, aber die Bestimmung der Planetenmasse ist viel schwieriger", erklärt Koautor Matthias Mallonn, der die Transiteigenschaften des Systems mithilfe von Beobachtungen mit dem STELLA-Teleskop des AIP neu bestimmt hat.

Neue Beobachtungen mit eROSITA

"Röntgenbeobachtungen von Sternen mit Planeten sind für uns ein zentrales Puzzleteil, um etwas über die langfristige Entwicklung der Atmosphären von Exoplaneten zu lernen", sagt Poppenhäger. "Ich freue mich besonders über die Möglichkeiten, die sich uns durch Beobachtungen mit dem Röntgenteleskop eROSITA in den nächsten Jahren eröffnen." Das zum Teil von AIP entwickelte eROSITA-Röntgenteleskop führt Beobachtungen des gesamten Himmels durch und liefert Röntgenstrahlungseigenschaften für Hunderte von Sternen mit Exoplaneten. (red, 15.6.2020)