Kremsmüller beschäftigt insgesamt rund 1.800 Mitarbeiter in Österreich, Deutschland und Rumänien. Das Familienunternehmen erwirtschaftete zuletzt einen Umsatz von 300 Millionen Euro.

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Linz – Die Kremsmüller Industrieanlagenbau KG in Steinhaus bei Wels ist insolvent. Am Montag wurde beim Landesgericht Wels ein Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung beantragt. Ursache ist ein Großauftrag, bei dem man sich verkalkuliert habe, hieß es zu Mittag in einer Pressekonferenz. Betroffen sind 594 Mitarbeiter und – laut Creditreform – 55 Gläubiger. Eine Fortführung ist geplant.

Bei dem Projekt, das als hauptsächliche Insolvenzursache angegeben wird, geht es um eine Klärschlamm-Trocknungsanlage für die Wien Energie. Das ursprüngliche Volumen von 22 Millionen Euro dürfte sich auf 60 bis 65 Millionen Euro ausweiten. Man sei "etwas blauäugig in das Projekt gestolpert", räumte Miteigentümer Gregor Kremsmüller ein. Creditreform nennt neben dem Großauftrag aus dem Jahr 2018 als "untergeordnete Insolvenzursache" die Verschiebung von Aufträgen im Wert von mehr als 50 Millionen Euro aufgrund der Corona-Pandemie.

Schnelles Hochfahren nach Corona

Bis vor einigen Wochen ging man dennoch von einem guten Geschäftsjahr aus, so Kremsmüller. Auch das Wiederhochfahren nach Corona sei schneller gegangen als erwartet. Vor einem Monat sei dann aber klar geworden, wie gravierend die aus dem Auftrag resultierenden Probleme wirklich sind. Seither habe man Tag und Nacht an einer Fortführungsrechnung geplant, die "Hand und Fuß hat", daher sei die Bank auch mit an Bord. Zudem setze die Eigentümerfamilie ihr Vermögen dafür ein. Bei Kremsmüller ist man überzeugt, die Sanierung zu schaffen. Den Vertrag mit der Wien Energie werde der Masseverwalter wohl lösen.

Die Passiva belaufen sich laut Unternehmen auf rund 58 Millionen Euro, fast ausschließlich in Form von Bankgarantien. Der AKV berichtete von ungedeckten Passiva in Höhe von 115,8 Millionen Euro – darunter 49,7 Millionen bedingte Ansprüche, 30 Millionen Schadenersatzansprüche und zehn Millionen Konzernverbindlichkeiten. Der KSV berichtet von 135 Millionen Euro Passiva und 72 Millionen Aktiva. Die freien Vermögenswerte beziffern beide Gläubigerschutzverbände mit 13,7 Millionen Euro.

Töchter nicht betroffen

Die übergeordnete Kremsmüller Beteiligungs-GmbH und weitere Töchter sind von der Insolvenz nicht betroffen. Die Jobs der knapp 600 Mitarbeiter der insolventen Industrieanlagenbau KG sollen weitgehend erhalten bleiben. Wirklich gefährdet sind laut Management rund 20. Dabei handelt es sich um leitende Techniker aus dem Bereich Prozesstechnik, aus dem man sich nach dem Schlamassel zurückziehen will. Die übrigen Mitarbeiter dieser Sparte will man in anderen Bereichen von Kremsmüller unterbringen. Verschärft wird die Situation dadurch, dass man die Kurzarbeit, die für Teile des Unternehmens nach wie vor besteht, bei der Industrieanlagenbau KG nun nicht mehr nutzen darf und die 594 Mitarbeiter nach dem Insolvenzantrag wieder auf der Payroll stehen.

Die Kremsmüller-Gruppe, zu der neben der Industrieanlagenbau KG noch weitere Töchter der übergeordneten Beteiligungsgesellschaft zählen, beschäftigt insgesamt rund 1.800 Mitarbeiter in Österreich, Deutschland und Rumänien. Das Familienunternehmen erwirtschaftete zuletzt einen Umsatz von 300 Millionen Euro. (APA, 15.6.2020)