Mindestens zwei Exoplaneten umkreisen den sonnennächsten Stern Proxima Centauri.
Illustr.: Michele Diodati

Im August 2016 verkündeten Astronomen die Entdeckung eines Exoplaneten um den erdnächsten Stern Proxima Centauri. Mittlerweile haben mehrere Studien bestätigt, dass diese nur 4,25 Lichtjahre entfernte Welt sowohl ein kleiner Felsplanet ist – und damit unserer Erde gleicht – als auch in der lebensfreundlichen Zone des Roten Zwergsterns kreist, wo Wasser flüssig sein könnte. All das bedeutet, dass Proxima Centauri b zumindest theoretisch Leben beherbergen könnte. Eine erst vor wenigen Wochen veröffentlichte Studie lässt vermuten, dass dieser Exoplanet sogar lebensfreundlicher ist als ursprünglich angenommen.

Anfang dieses Jahres untermauerte ein Team um Mario Damasso vom astrophysikalischen Observatorium Turin frühere Annahmen, dass Proxima Centauri b womöglich nicht alleine ist: Einiges deutete auf die Existenz eines weiteren, deutlich größeren Exoplaneten hin, der sich weit außerhalb der habitablen Zone befinden könnte. Die vorgelegten Daten waren jedoch nicht ganz schlüssig. Astronomen konnten nun aber diese Vermutung endgültig bestätigt.

Schwieriger Nachweis

Trotz seiner Nähe stellt das Proxima-Centauri-System Astronomen vor einige Schwierigkeiten, was den Nachweis von Exoplaneten betrifft. Die meisten Welten jenseits unseres Sonnensystems wurden bisher mithilfe der Transitmethode entdeckt, bei der ein aus Sicht der Erde vor dem Stern vorüberziehendes Objekt diesen kurzzeitig verdunkelt. Die Umlaufbahnen der Planeten um Proxima Centauri liegen von uns aus gesehen für diese Methode allerdings ungünstig, weshalb Wissenschafter sich Radialgeschwindigkeitsmessungen bedienen müssen. Das Verfahren basiert auf dem gravitativen Einfluss der Planeten, der ihr Zentralgestirn in leichte Schwankungen versetzt.

Dieses minimale Taumeln hat eine Gruppe um Fritz Benedict vom McDonald Observatory in Austin, Texas, mithilfe von Beobachtungen des Hubble-Weltraumteleskops aus den 1990er-Jahren nachgewiesen. Als Grundlage dienten Daten der sogenannten Fine Guidance Sensors (FGSs) von Hubble, die für die Astrometrie verwendet werden, bei der Wissenschafter die Positionen und Bewegungen von Objekten am Himmel sehr genau messen können. Benedicts Annahme war: Wenn Proxima Centauri c wirklich existiert, sollten die FGSs ein entsprechendes Schwanken des Zentralsterns erkennen lassen.

Ungefährer Größenvergleich zwischen Proxima Centauri (links), Proxima Centauri c (Mitte) und Proxima Centauri b – die Abstände und Reihenfolge entsprechen nicht den tatsächlichen Verhältnissen. Die vermuteten Durchmesser der Exoplaneten sind nicht verifiziert, basieren aber auf plausiblen Annahmen aufgrund ihrer Massen.
Illustr.: Michele Diodati

Neue Erkenntnisse aus 25 Jahre alten Daten

Tatsächlich ergab die Analyse der Hubble-Daten schließlich Beweise für einen Exoplaneten mit einer Umlaufzeit von 1.907 Tagen in einer Entfernung von 1,5 Astronomischen Einheiten (AE) vom Zentralstern. Dass Proxima Centauri c nicht schon in den 1990er-Jahren entdeckt worden ist, liegt daran, dass die Wissenschafter damals nur die Daten für Planeten mit Umlaufzeiten von weniger als 1.000 Tagen überprüften. Im Unterschied zu Proxima Centauri b bietet Proxima Centauri c wohl eher keine besonders günstigen Bedingungen für mögliches Leben. Aufgrund dessen, was man bisher über ihn zu wissen glaubt, dürfte er zumindest für Organismen, wie wir sie von der Erde kennen, zu kalt sein.

Benedict und sein Team kombinierten die Resultate von drei Studien für ihre Bestätigung von Proxima Centauri c: die Hubble-FGS-Astrometrie, frühere Radialgeschwindigkeitsstudien sowie Beobachtungen mit dem Sphere-Instrument am Very Large Telescope (VLT) in Chile, die Forscher um Raffaele Gratton vom Observatorium in Padua durchgeführt hatten. Aus der Zusammenführung dieser Daten ergab sich auch die wahrscheinliche Masse von Proxima Centauri c, die laut den beim Treffen der American Astronomical Society (AAS) vorgestellten Ergebnissen bei etwa dem Siebenfachen der Erdmasse liegt. Ob es sich letztlich um eine Supererde oder einen kleinen Gasplaneten handelt, ist vorerst noch unklar.

Staubwolke oder riesiges Ringsystem

Die Sphere-Bilder hatten die Wissenschafter schon Anfang dieses Jahres beschäftigt und vor ein veritables Rätsel gestellt: Die Beobachtungen von Gratton und seiner Gruppe wiesen auf einen großen Exoplaneten um Proxima Centauri hin, der sich an einem Ort befand, der mit der früher vorhergesagten Position von Proxima Centauri c übereinstimmte.

Die Kombination mehrerer Sphere-Bilder zeigt Proxima Centauri c als hellen Fleck.
Foto: A&A

Die Aufnahmen verwirrten die Forscher allerdings, denn Proxima Centauri c erschien darauf deutlich heller, als man aufgrund der Radialgeschwindigkeitsmessungen erwarten würde. Wäre die gemessene Helligkeit ausschließlich die Folge der Sternenlicht-Reflektion von der planetaren Oberfläche, dann müsste der Exoplanet etwa fünfmal größer sein als Jupiter. Da seine geschätzte Masse jedoch eher an die von Neptun herankommt, muss etwas anderes für die große Helligkeit verantwortlich sein. Die Astronomen vermuten daher, dass Proxima Centauri c von einer Staubwolke umgeben ist oder ein riesiges Ringsystem besitzt.

Um festzustellen, ob dies tatsächlich der Fall ist, sind weitere Beobachtungen mit zukünftigen Weltraumteleskopen erforderlich. Besondere Hoffnungen setzen die Forscher dabei auf das James-Webb-Weltraumteleskop, das im März 2021 ins All gebracht werden soll. (tberg, 15.6.2020)