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Je weniger tierische Produkte man zu sich nimmt, desto geringer ist der Body-Mass-Index und desto weniger neigt man zu Extrovertiertheit. Zu dieser Erkenntnis kommt eine großangelegte Studie von Wissenschafterinnen des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften.

Untersucht wurden 9.000 Personen mit dem Fokus darauf, wie eine Ernährungsform mit dem Körper und der Psyche zusammenhängt – unabhängig von Alter, Geschlecht und Bildungsstand. Dabei zeigte sich: Je geringer der Anteil tierischer Nahrung auf dem Speiseplan einer Person ist, desto geringer ist im Schnitt ihr Body-Mass-Index (BMI) und damit ihr Körpergewicht.

Zu viel Energie

Eine Ursache dafür könnte der geringere Anteil an stark verarbeiteten Lebensmitteln in der pflanzlichen Ernährung sein. "Dick machen vor allem übermäßig fett- und zuckerreiche Produkte. Sie regen den Appetit an und zögern das Sättigungsgefühl heraus. Verzichtet man auf tierische Nahrungsmittel, nimmt man im Schnitt weniger solcher Produkte zu sich", erklärt Evelyn Medawar. Eine weitere Hypothese: Vegetarische Lebensmittel enthalten Ballaststoffe und wirken sich positiv auf das Mikrobiom im Darm aus. Auch dadurch könnten sie früher satt machen als solche aus tierischen Zutaten. "Menschen, die sich vorwiegend pflanzlich ernähren, nehmen daher womöglich weniger Energie auf", fügt Medawar hinzu. Neben einem veränderten Sättigungsgefühl könnten auch Lebensstilfaktoren wie mehr Sport und ein höheres Gesundheitsbewusstsein eine entscheidende Rolle spielen.

Was den Body Mass Index bestimmt

Für den BMI scheint es dabei auch einen Unterschied zu machen, von welchen tierischen Produkten sich eine Person ernährt. Sind es vorwiegend sogenannte primäre Tierprodukte, das heißt Fleisch, Wurst und Fisch, hat sie meist einen höheren BMI als jemand, der vorranging sekundäre Tierprodukte isst, also Eier, Milch, Milchprodukte, Käse und Butter. In ersterem Falle ist der Zusammenhang statistisch signifikant. Was das für die Ernährung bedeuten könnte, macht Medawar an einem Beispiel fest: "Dass eine Person einen 1,2 Punkte niedrigeren BMI hatte, bedeutete im Durchschnitt, dass sie auf bestimmte tierische Produkte ganz verzichtete, also etwa die primären, und sich vegetarisch ernährte. Oder dass sie zwar auch weiterhin Fleisch und Fisch aß, diese dafür aber insgesamt seltener." Ob letztlich die Ernährung die Ursache für ein geringeres Körpergewicht ist oder andere Faktoren dafür verantwortlich sind, lässt sich anhand der Daten nicht sagen. Aufschluss darüber soll nun eine Folgestudie bringen.

Ernährung und Persönlichkeit

Die Forscherinnen fanden zudem heraus, dass vegetarische oder vegane Ernährung auch mit der Persönlichkeit zusammenhängt. Insbesondere mit einem der fünf großen Persönlichkeitsfaktoren, der Extrovertiertheit. Es zeigte sich, dass Menschen mit vorwiegend pflanzlichen Lebensmitteln auf dem Speiseplan introvertierter sind als solche, die sich vorrangig von Tierprodukten ernährten. "Woran das liegt, ist schwer zu sagen", so Studienleiterin Veronica Witte. "Es könnte daran liegen, dass introvertiertere Personen eher zu restriktiverem Essverhalten neigen oder sich aufgrund ihres Essverhaltens stärker sozial abgrenzen." Auch hier müssten weitere Studien dazu folgen, wie sich Menschen mit den Eigenschaften ihrer Ernährung identifizierten.

Dass pflanzliche Ernährung mit neurotischem Verhalten einhergeht, wie es andere Studien vermuten ließen, konnten sie hingegen nicht bestätigen. "Frühere Analysen hatten herausgefunden, dass neurotischere Menschen generell häufiger bestimmte Gruppen an Lebensmitteln weglassen und sich dahingehend restriktiver verhalten. Wir fokussierten uns hier allein auf den Verzicht auf tierische Produkte und konnten keine Korrelation beobachten", erklärt Witte.

Anfeindungen wegen Lebensstil

In einem dritten Teil gingen sie schließlich der Frage nach, ob eine vorwiegend pflanzliche Ernährung häufiger mit depressiven Verstimmungen einhergeht. Auch hier hatten frühere Studien eine Beziehung zwischen beiden Faktoren nahelegt. "Auch das konnten wir nicht erkennen", sagt Witte. "Möglicherweise hatten in früheren Analysen andere Faktoren die Ergebnisse verwischt, darunter der BMI oder auffällige Persönlichkeitsmerkmale, die bekanntermaßen mit Depressionswerten zusammenhängen können. Die rechneten wir heraus." Auch die stärkere Akzeptanz und Verbreitung pflanzlicher Ernährung könnten hier hineinspielen. (red, 17.6.2020)