
Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger, Finanzminister Gernot Blümel (beide ÖVP) und Leonore Gewessler (Grüne) leiteten den zweiten und letzten Klausurtag der Regierung ein.
Zum Abschluss der Regierungsklausur im Kanzleramt ist das neue Corona-Maßnahmenpaket doch noch ein Stück teurer geworden als zu Wochenbeginn skizziert. Da war noch von mindestens 14 Milliarden Euro die Rede, stehengeblieben sind ÖVP und Grüne am Dienstagnachmittag laut Daten des Finanzministeriums dann bei rund 19 Milliarden. Etwas mehr als zwei Milliarden davon sollen in den Klimaschutz fließen, wie nach der Klausur bekannt wurde.
Seit dem Wochenende verriet die türkis-grüne Regierung jeden Tag ein bisschen mehr über die neuen Corona-Maßnahmen, die die kriselnde Wirtschaft wieder aufrichten sollen. Von der Einmalzahlung für Arbeitslose über die Verlängerung des Fixkostenzuschusses bis zur Fördermilliarde für Gemeinden. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) skizzierten die wirtschaftliche Krise durch die Corona-Pandemie und gingen vor Journalisten noch einmal die Beschlüsse der vergangenen Tage durch. Nicht fehlen durfte ein Vergleich Österreichs mit Deutschland, bei dem man aus Sicht der Regierung hierzulande naturgemäß viel besser abschneidet. Kogler meinte, wenn man bei den Maßnahmen im Nachbarland von einem "Wumms" spreche, könne er die Aussage riskieren, dass Türkis-Grün einen "Mega-Wumms" geliefert habe. Viele Maßnahmen sollen nun über den Sommer und Herbst zugänglich werden.
Das meiste Geld aus den Paketen ist als Unterstützung für die Unternehmen gedacht. Akzentuiert ist auch eine grüne Handschrift in Sachen Klimapolitik erkennbar, von der auch Konjukturimpulse ausgehen sollen. In dem Paket sei "sehr, sehr viel Klimaschutz dabei", sagte Kogler. Seine Parteikollegin und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler kündigte an, dass es in den Jahren 2021 und 2022 "zwei volle Milliarden" für den Klimaschutz geben werde. Diese seien ergänzend zu den bereits budgetierten Schwerpunkten geplant. Heuer soll "mit zusätzlichen Investitionen" begonnen werden, sagte die Ministerin weiter. Das Gesamtpaket für den Zeitraum bis 2022 ist jedenfalls mit 2,14 Milliarden Euro beziffert. Hinzu kommen Gelder für Öko-Maßnahmen im Gewässerbereich in der Höhe von 75 Millionen Euro.
Deutlich erhöht werden die Mittel im Bereich der thermischen Sanierung, beim Heizkesseltausch und der Dekarbonisierung der Fern- und Nahwärme. Die dort vorgesehenen Gelder machen mit 750 Millionen Euro einen Löwenanteil des Pakets aus. In den kommenden zwei Jahren soll in Österreich eine "Sanierungsoffensive" gestartet werden, wie es am Dienstag seitens der Regierung hieß. Gewessler kündigte an, dass auch dahingehende rechtliche Barrieren im Wohn- und Mietrecht aus dem Weg geräumt werden sollen.
NGOs fehlt weiter der große Wurf
Für den Ausbau der Erneuerbaren sind 260 Millionen Euro budgetiert – ohne die zusätzlichen Mittel aus dem geplanten Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz. Dieses soll im Sommer in Begutachtung gehen und laut Gewessler weitere Investitionen mit sich bringen. Für Forschung und Innovation im Klimaschutzsektor sind bis 2022 insgesamt 300 Millionen Euro vorgesehen, im Gemeindepaket sind mindestens 200 Millionen budgetiert. Bereits im Regierungsprogramm angekündigt wurden Anreize für Reparaturleistungen, hier gibt es jetzt auch konkrete Zahlen. "Wer sein kaputtes Fahrrad reparieren lässt, spart sich zehn Prozent", erklärte Gewessler die Umsatzsteuersenkung. Für den Posten sind 100 Millionen Euro im Topf.
Ab September sollen Öko-Investitionen mit einer Prämie in der Höhe von 14 Prozent versehen werden – allerdings nur für ein halbes Jahr. Dazu zählen etwa Investitionen in Erneuerbare oder in die Energieeffizienz. Klimaschädliche Investitionen sind nach Angaben der Regierung explizit davon ausgeschlossen. Zu den bisher genannten – aber bereits bekannten – Maßnahmen zählen auch jene 300 Millionen Euro für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs sowie 240 Millionen für die Finanzierung des 1-2-3-Tickets.
Umweltschutzorganisationen zeigten sich weitgehend positiv gestimmt. Der WWF nannte die angekündigten Mittel "wichtige Schritte in die richtige Richtung", forderte jedoch eine Vorziehung der geplanten ökosozialen Steuerreform auf Herbst 2020. Global-2000-Klimasprecher Johannes Wahlmüller zeigte sich über die erhöhten Mittel im Bereich der thermischen Sanierung erfreut, kritisierte aber den kurzen Zeitrahmen: "Unverständlich ist aber die Befristung bis 2022. Wir brauchen einen viel längeren Atem, um Klimaneutralität 2040 zu erreichen." Die Gelder alleine würden nicht ausreichen, um die Klimakrise effektiv zu bekämpfen, hieß es bei Greenpeace. Der große Wurf in der Klimapolitik würde weiter fehlen.
Höhere Pensionen für Bauern
Landwirtschaftsministerin und Vizepräsidentin des Bauernbundes, Elisabeth Köstinger (ÖVP), begeisterte den Bauernbund mit dem 400 Millionen Euro schwere Entlastungspaket für Land- und Forstwirte. Darin enthalten ist auch eine Senkung des Anrechnungssatzes von 13 auf zehn Prozent beim fiktiven Ausgedinge. Dessen Ursprung geht darauf zurück, dass man früher davon ausging, dass Altbauern durch ihre Landwirtschaft eigenversorgt sind und einen Teil ihrer Pension entrichten können. Durch die Senkung soll ihre Pension jährlich im Schnitt um 450 Euro steigen. Auch staatliche Investitionen im Forstbereich sind geplant, etwa rund 91 Millionen Euro in die Aufforstung von Wäldern, die durch den Borkenkäfer geschädigt wurden.
Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) erklärte, dass eine Wohnbauinvestitionsbank eingerichtet werden soll. Konkret könne diese Geldmittel aus der Europäischen Investitionsbank abrufen und Haftungen des Bundes in der Höhe von einer halben Milliarde Euro übernehmen. Über diese Bank soll der Bau von 25.000 Wohnen unterstützt werden. Auch noch genau bekannt war, dass 200 Millionen Euro in die Digitalisierung der Bildung fließen sollen. Details fehlen noch. (Nora Laufer, Jan Michael Marchart, 16.6.2020)