SPÖ-Chefin Rendi-Wagner ist von den Regierungsplänen nicht begeistert. Sie warnt vor einer "Pleitewelle im Herbst"

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Würde sie jede dreistündige Sitzung als Klausur bezeichnen, hätte sie täglich SPÖ-Klausur: Mit diesem Seitenhieb auf die Regierungsklausur gab SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner am Dienstag den Ton für die nächste halbe Stunde vor. Da referierten nämlich Rendi-Wagner und Vizeklubobmann Jörg Leichtfried, was die Regierung in ihren Augen alles falsch mache. Kurz zusammengefasst: sehr viel. Die versprochenen Hilfen kämen nicht an, im Herbst drohe eine neue Pleitewelle – und alles, was Kanzler Kurz und seine Regierung machen, sei "Showpolitik".

In den beiden kommenden Nationalratssitzungen, die am Mittwoch und am Donnerstag stattfinden, will die SPÖ ein "Investitions- und Beschäftigungspaket" präsentieren. Es soll ein Volumen von 40 Milliarden Euro über vier Jahre aufweisen. Für kleine und mittlere Einkommen schlug die SPÖ eine Entlastung von 1.000 statt 350 Euro pro Jahr vor. Auch das Arbeitslosengeld müsse dauerhaft erhöht werden. Die Einmalzahlung in Höhe von 450 Euro im Herbst sei "Almosenpolitik", so Rendi-Wagner.

"Meine zehnjährige Tochter kann das ausrechnen"

Was sie vom Kurz'schen Argument halte, dass zu hohes Arbeitslosengeld die Attraktivität von Arbeit mindere? Hier verweist Rendi-Wagner darauf, dass es gar nicht genügend offene Stellen gebe, um für Vollbeschäftigung zu sorgen. "Meine zehnjährige Tochter kann ausrechnen, dass sich das nicht ausgeht", so die SPÖ-Vorsitzende.

Leichtfried blieb dem angriffigen Stil treu. Die Regierung sei ein Wesen, das in Pressekonferenzen das schöne Leben verkünde, in der Praxis passiere aber nichts. Leichtfried verwies darauf, dass Wirtschaftshilfen in Deutschland und der Schweiz wesentlich rascher, nämlich binnen 48 Stunden, ankämen. Besonders ärgert den Vize-Klubvorsitzenden, dass der parlamentarische Covid-Unterausschuss, der die Handhabung der Hilfen untersuchen soll, bis heute nicht eingesetzt sei. Man müsse sich etwa anschauen, warum jeder Antrag aus der Landwirtschaft genehmigt wurde.

Weitere Anliegen der Sozialdemokratie: Die ÖVP solle den Ibiza-U-Ausschuss arbeiten lassen. Dessen Vorsitzender Wolfgang Sobotka (ÖVP) "unterminiert" die Aufklärung, so Leichtfried. Außerdem kritisierte er den AUA-Deal, da der Steuerzahler Geld ausgebe, aber an späteren Gewinnen nicht beteiligt werde. Ebenso will sich die SPÖ nun, im Pride Month, für eine Erhöhung des Diskriminierungsschutzes einsetzen: So können derzeit LGBTQ-Personen wegen ihrer sexuellen Orientierung aus Lokalen oder Taxis geworfen werden. Dem müsse gesetzlich ein Riegel vorgeschoben werden.

Neos beklagen "Klein-Klein"

Auch die Neos kritisierten die Regierung am Dienstag. "Wer rasch hilft, hilft doppelt", so Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger. Das sei aber nicht passiert. Die Regierung habe die Wirtschaftskrise "massiv unterschätzt" und die Hilfen "schlecht aufgesetzt". Es brauche einen Koordinator, bei dem alle Wirtschaftshilfen zusammenlaufen, um den Überblick zu behalten.

Die Regierung zeige einen "verzweifelten Spendieraktionismus", es brauche aber einen "gesamthaften Plan". Alles schlecht mache Türkis-Grün aber nicht, immerhin wurden laut Meinl-Reisinger pinke Ideen aufgegriffen, zum Beispiel mehr Anreize für Investitionen, ein Vorziehen der Steuerreform und die Möglichkeit für Unternehmen, ihre Verluste neu abzurechnen. (Fabian Schmid, 16.6.2020)