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Mehr Verdunstung trocknet die Böden aus.
Foto: AP/Jens Meyer

Wien – Dürrephasen, die sich über mehrere Jahre hinziehen können, sind im Alpenraum kein neues Phänomen, es gab sie bereits bevor sich das Klima durch menschliche Einflüsse zu verändern begann. Neu ist allerdings, dass diese natürlichen Schwankungen von Trockenperioden durch den Klimawandel deutlich verstärkt werden, wie auch in den vergangenen Jahren in Österreich zu beobachten war. Das ist eines der Ergebnisse einer Studie unter der Leitung der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG), die Dürreperioden im Alpenraum der vergangenen 210 Jahre untersucht hat.

Ein Team von Forschern der ZAMG, TU Wien, BOKU, b.geos GmbH und Universität Graz untersuchten in der Studie den Zusammenhang zwischen der Häufung von Dürreperioden im Alpenraum und großräumigen Wettersystemen der Nordhalbkugel für die vergangenen 210 Jahre. Dabei wurden auch Wechselwirkungen zwischen den Jahreszeiten und der Einfluss des Klimawandels untersucht.

Alle paar Jahrzehnte weniger Niederschläge

Längere markante Dürreperioden, die einige Jahre anhalten können, kommen der Studie zufolge im Alpenraum mit einem Abstand von einigen Jahrzehnten immer wieder vor, wie in den 1860- und in den 1940er-Jahren. In Folge der Dürre der 1860er-Jahre trocknete beispielsweise der Neusiedlersee fast vollständig aus.

Auch der seit Beginn der 2000er-Jahre beobachtete Mangel an Niederschlag in vielen Regionen Österreichs könnte zu so einer langfristigen Dürreperiode gehören. "Auch 2020 verlief bisher relativ trocken. Trotz des Regens seit Mai in einigen Regionen gab es bisher österreichweit gesehen um rund 20 Prozent zu wenig Niederschlag. Im Süden und im Osten Österreichs fiel heuer stellenweise sogar um rund 40 bis 70 Prozent zu wenig Niederschlag", hieß es.

Sommerliche Dürren im Alpenraum werden von langfristigen Schwankungen der großräumigen Wettersysteme im Bereich Atlantik-Eurasien gesteuert.
Grafik: ZAMG

Langfristigen Schwankungen

Bei der Analyse von Dürreperioden zeigte sich, wenig überraschend, ein starker Zusammenhang zwischen Regenmangel und der Häufigkeit von Hochdruckwetterlagen. "Das Auftreten dieser Hochdruckwetterlagen ist aber nicht rein zufällig", sagte Klaus Haslinger, Klimaforscher an der ZAMG, "sie sind in manchen Jahren häufig und in manchen Jahren selten. Das hängt mit den langfristigen Schwankungen von sehr großräumigen Zirkulationen in der Atmosphäre und in den Ozeanen zusammen. So können trockene Phasen über mehrere Jahre entstehen, was Probleme zum Beispiel in der Landwirtschaft und beim Grundwasser zu Folge hat."

Frühere Studien fanden vor allem einen Zusammenhang zwischen Dürreperioden in Nordeuropa und langfristigen atmosphärische Schwankungen im Bereich des Nordatlantiks (Nordatlantische-Oszillation). "Wir konnten zeigen, dass Dürreperioden im Alpenraum nicht mit der Nordatlantischen Oszillation zusammenhängen, sondern mit der Ostatlantik-Westrussland-Oszillation", sagte Haslinger. Diese Ostatlantik-Westrussland-Oszillation beschreibe großräumige Schwankungen des Luftdrucks zwischen dem Atlantik und Eurasien, die über mehrere Monate und Jahre dauern können.

Einer der trockensten Frühlinge der Messgeschichte

"Vereinfacht gesagt fördert eine positive Phase der Ostatlantik-Westrussland-Oszillation die Bildung von sehr stabilen Hochdruckgebieten über Großbritannien. Derartige Wetterlagen blockieren alle Tiefdruckgebiete, die vom Atlantik nach Mitteleuropa ziehen und es stellt sich sehr trockenes Wetter ein. Das war zum Beispiel heuer im März und April fast durchgehend für einige Wochen der Fall. Das Ergebnis war in Österreich einer der trockensten und mildesten Frühlinge der Messgeschichte", so Haslinger.

Das heurige Jahr brachte bisher insbesondere im Süden und Osten Österreichs relativ gesehen deutlich weniger Regen: Die Grafik vergleicht die Niederschläge mit dem Mittel 1981-2010. 100 Prozent entsprechen dem Mittelwert.
Grafik: ZAMG

Die Ostatlantik-Westrussland-Oszillation wirkt aber nicht in jeder Jahreszeit gleich auf das Wetter im Alpenraum, sondern ist vor allem im Winter und Frühling relevant. Viele Sommer brachten hingegen noch weniger Niederschlag, als rein von den Wetterlagen zu erwarten gewesen wäre. "Hier zeigt sich, dass bei bestimmten Wetterlagen die Niederschlagsmenge im Sommer von der zuvor vorhandenen Bodenfeuchte abhängig ist und sich somit eine positive Rückkoppelung einstellt", erklärte der ZAMG-Experte. Ein trockener Frühling erhöhe offensichtlich die Wahrscheinlichkeit für einen trockenen Sommer.

Höhere Temperaturen, weniger Wasser

Die Studie zeigte auch, dass der Klimawandel die Dürre-Perioden im Alpenraum stark beeinflusst. Die Klimaerwärmung hat Haslinger zufolge zwei Auswirkungen: "Erstens: Je wärmer die Luft ist, desto mehr Wasserdampf kann sie aufnehmen und desto mehr Wasser verdunstet daher aus den Böden. Zweitens dauert in einem wärmeren Klima die Vegetationsperiode länger. Die Pflanzen beginnen im Frühling früher auszutreiben und gehen später in die Winterruhe über. Daher entnehmen sie den Böden über einen deutlich längeren Zeitraum Wasser."

Da Dürren unter anderem für die Land- und Forstwirtschaft und die Trinkwasserversorgung eine sehr große Rolle spielen, initiierten die Alpenstaaten Italien, Slowenien, Frankreich, Schweiz, Deutschland und Österreich vor einigen Monaten das Projekt "Alpine Drought Observatory". Ziel ist, ein umfangreiches Dürremonitoring-System für den gesamten Alpenraum und konkrete Methoden zum Thema Wasser- und Risikomanagement zu entwickeln. Aus Österreich sind die ZAMG und das Land Oberösterreich beteiligt. (red, APA, 20.6.2020)