Verbraucher und Kleinstunternehmer müssen Kredite derzeit nicht zurückzahlen. Ob sie das mehr kostet, bleibt unklar.

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Der österreichische Gesetzgeber hat im Kreditrecht rasch auf die Krise reagiert: § 2 2. Covid-19-Justizbegleitgesetz sieht für Kreditverträge von Verbrauchern und Kleinstunternehmen eine gesetzliche Stundung der im zweiten Quartal 2020 fälligen Zahlungen um drei bis maximal sechs Monate vor. Flankierend wird dem Kreditgeber ein Kündigungsverbot bei Zahlungsverzug und Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Kreditnehmers auferlegt. Das gilt für Konsum-, Hypothekarkredite und auch für Fremdwährungskredite. Ziel ist, den in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratenen Kreditnehmern eine "Atempause" zu verschaffen und zu verhindern, dass sie in die Überschuldung abgleiten.

In der Nationalratssitzung am Donnerstag soll das Moratorium nun um weitere vier Monate verlängert werden. Der von den Regierungsparteien eingebrachte Initiativantrag (619/A) sieht vor, dass Ansprüche des Kreditgebers, die bis 31.10.2020 fällig werden, automatisch für sieben Monate statt bisher drei Monate gestundet werden. Einigen sich die Vertragsparteien nicht auf abweichende Regelungen, wird die Kreditlaufzeit um weitere sieben Monate verlängert. Der Gesetzgeber reagiert damit auf die andauernden wirtschaftlichen Folgen der Krise und die Notwendigkeit, betroffene Kreditnehmer weiterhin zu entlasten.

Streitfrage Zinsen

Ob die vertraglichen Sollzinsen im Stundungszeitraum weiterlaufen, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt und umstritten. Nach den Erläuterungen zur wortgleichen deutschen Vorbildbestimmung bleibt das ursprüngliche Vertragsgefüge vollständig erhalten; insbesondere sollen im Stundungszeitraum keine "Verzugszinsen, Entgelte oder Schadenersatzansprüche zulasten des Verbrauchers" entstehen können. Das deutsche Justizministerium hat dazu mittlerweile klargestellt, dass für den Stundungszeitraum kein zusätzlicher Zinsanspruch entsteht.

Auch in Österreich spricht der Schutzzweck des Gesetzes dafür, dass sich die Gesamtbelastung des Kreditnehmers nicht erhöht. In der Praxis wird die Zinsenfrage von den Banken derzeit unterschiedlich gehandhabt. Verbandsklagen (§ 28a KSchG) sind in Vorbereitung, lassen eine höchstgerichtliche Klärung aber frühestens im nächsten Jahr erwarten. Eine gesetzliche Klarstellung wäre daher auch hierzulande wünschenswert, um im Interesse aller Beteiligten rasch(er) für Rechtssicherheit zu sorgen.

Unverhältnismäßiger Eingriff?

Unbestritten ist, dass die Stundung den Banken einen nicht unbeträchtlichen Beitrag abverlangt, indem sie jene Kreditnehmer unterstützen sollen, die von den im öffentlichen Interesse ergriffenen staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie besonders hart getroffen sind. Die damit einhergehende Vermeidung von Kreditausfällen liegt freilich auch im Interesse der Kreditgeber.

Die Ausgestaltung erscheint verhältnismäßig, der Eingriff in laufende Verträge ist an strenge Voraussetzungen geknüpft: Die Stundung beschränkt sich auf jene Kreditnehmer, denen weitere Zahlungen infolge krisenbedingter Einkommensausfälle unzumutbar sind, gilt nur, falls die Parteien keine eigenständige Vereinbarung treffen, und ist auf einen vergleichsweise kurzen Zeitraum beschränkt.

Schutz für Kultur- und Sportveranstalter

Deutlich eingriffsintensiver fallen notabene jene Maßnahmen aus, die vom Gesetzgeber jüngst zum Schutz der Veranstalter im Kultur- und Sportbereich getroffen wurden. Diese können Rückzahlungen bis 70 Euro ohne weitere Voraussetzungen durch die Ausgabe von Gutscheinen vermeiden. Die pauschale Gutscheinlösung ist als Versuch des Gesetzgebers zur Lösung der wirtschaftlichen Probleme im Kultur- und Sportbereich zu sehen, wirft aber in ihrer konkreten Ausgestaltung etliche heikle Zweifelsfragen auf.

Den Beitrag zur Bewältigung der Krise leisten hier die Verbraucher. Sie können ihr Geld erst ab 1.1.2023 zurückverlangen – und kreditieren damit nicht nur zinslos, sondern überdies unbesichert für einen deutlich längeren Zeitraum. (Petra Leupold, 16.6.2020)