So wird die Ringstraße auch künftig nicht aussehen, da diese von der Regelung ausgenommen werden soll.

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Wien – Die Diskussion um ein Fahrverbot in der Wiener City geht in die nächste Runde. Er sage "nie zu allem automatisch Ja", stellte Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) am Dienstag am Rande einer Pressekonferenz klar. Dazu gehörten auch die Pläne rund um die autofreie Innenstadt der Vizebürgermeisterin und Verkehrsstadträtin Birgit Hebein (Grüne). Der Bürgermeister gab sich über diesen Vorstoß überrascht. Er selbst kenne diese Idee bisher nur aus den Medien, ein konkretes Konzept sei ihm noch nicht präsentiert worden. "Ich bin für Verkehrsberuhigung, wenn diese auch sinnvoll ist", sagte der Bürgermeister laut einer Aussendung.

Für eine mögliche Verkehrsberuhigung der Innenstadt brauche es ein Konzept, bei dem Anrainer genauso wie Innenstadt-Besuchende profitierten, das aber auch für die Wirtschaft und damit für die im ersten Bezirk vorhandenen Arbeitsplätze praktikabel sei. "Bei einem guten Konzept ist das Miteinander wichtig, auch bei der Erarbeitung", sagte Ludwig. "Das kann man nicht in ein paar Tagen übers Knie brechen." Wenn die Interessen der Bevölkerung nicht wahrgenommen würden, wolle sich Ludwig als Bürgermeister "lautstark dazu äußern und gegebenenfalls auch eingreifen", betonte er. 27 Ausnahmen soll es laut dem aktuell kolportierten Einfahrtsverbot geben, wodurch laut Ludwig "kaum offenbar werde, worin der Unterschied zum Istzustand" bestehe.

Im Büro von Vizebürgermeisterin Hebein gibt man sich auf STANDARD-Anfrage zurückhaltend. Man wolle erst den Termin mit dem Bezirksvorsteher des Ersten, Markus Figl (ÖVP), abwarten. Es gebe schließlich noch einige Fragen zu klären. Jedenfalls sei man "überrascht über die Überraschung des Bürgermeisters" schließlich seien die Pläne nicht ganz neu und Ludwig von Hebein bereits informiert worden. Zudem sei es Thema in mehreren Besprechungen gewesen.

Keine Alleingänge

Die Aussendung Ludwigs habe man aber nicht als Veto verstanden. "Es wird eine gemeinsame Lösung geben, im Sinne des Klimaschutzes und der Anrainer des ersten Bezirkes", versichert man. Und: "Es wird keine Alleingänge geben."

Auch in der Bezirksvertretung für die Innere Stadt wird die bisher gute Zusammenarbeit mit der Verkehrsstadträtin gelobt. "Wir haben immer betont, dass es noch offene Punkte gibt, wir aber auf einem guten Weg sind", hieß es am Dienstag im Büro von City-Chef Figl in der Wipplingerstraße. Dem Vernehmen nach war am Dienstag noch ein gemeinsames Statement geplant, das aber bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht vorlag.

Von den Plänen Hebeins und Figls ist bereits durchgesickert, dass die Wiener City eine weitgehend "autofreie" Zone werden soll. Aktuell sind dort laut einer Verkehrszählung täglich rund 17.000 Autos auf der Straße. Fahrverbote gibt es bereits, etwa für Reisebusse oder Lkws, die länger als zwölf Meter sind. Diese Beschränkungen sollen nun ausgedehnt werden. Allerdings sind bis zu 27 Ausnahmen vorgesehen. Etwa sollen Anwohner, Firmenfahrzeuge mit Betriebsstandort Innere Stadt, Beschäftigte, deren Dienstzeiten außerhalb des Öffi-Betriebs beginnen oder enden, weiterhin mit dem Auto in den Ersten fahren können. Ebenso Personen mit Behindertenausweis oder Taxis. Auch die Zufahrt zu Tiefgaragen soll weiterhin möglich sein. Auf dem Neuen Markt entsteht aktuell eine vierstöckige Tiefgarage für rund 360 Autos und 40 Motorräder.

Die doch recht deutliche Wortmeldung von Stadtchef Ludwig – er warf Hebein und Figl auch vor, nur auf Schlagzeilen aus zu sein – wollte man im Büro des Bezirksvorstehers nicht kommentieren.

Parkpickerl weiter Thema

Ludwig selbst hatte vor inzwischen fast einem Jahr mit dem Vorstoß überrascht, das Parkkonzept der Stadt zu reformieren – "ohne Zeitdruck", wie er im Sommer 2019 betonte. Er schlug vor, die Parkraumbewirtschaftung nicht mehr strikt nach Bezirksgrenzen zu organisieren. Ein Wien-weites, kostenloses Parkpickerl für alle Wiener, wie es sein Parteifreund, der Donaustädter Bezirksvorstehers Ernst Nevrivy, gefordert hatte, kommt für Ludwig nicht infrage.Aktuell muss man in 19 von 23 Bezirken – ausgenommen sind Hietzing, Floridsdorf, Donaustadt und Liesing – für das Abstellen des Autos zahlen. Das betrifft aber teils nicht das gesamte Bezirksgebiet, sondern fix definierte Zonen. Will man dort parken, muss man einen Parkschein ausfüllen, wobei sich die Abstellzeiträume und zulässige Parkdauer innerhalb und außerhalb des Gürtels unterscheiden. Anrainer können eine Dauerplakette für ein oder zwei Jahre beantragen und sind somit von diesen Beschränkungen in ihrem Bezirk (inklusive Überlappungszonen) ausgenommen.

Nach Wien blickt man auch aus Steiermarks Landeshauptstadt. "Das wäre eine gute Lösung", sagt Ludmilla Haase (ÖVP), Bezirksvorsteherin der Inneren Stadt Graz zur Kleinen Zeitung. "Das ist ein Gebot der Stunde", wird in dem Bericht Verkehrsstadträtin Elke Kahr (KPÖ) zitiert. Letztere habe ein "Konzept für die Innenstadt West beauftragt, um die Grazer City möglichst autofrei zu machen. Allerdings stehe man in den Plänen noch ganz am Anfang.

(Oona Kroisleitner, Michael Simoner, 16.6.2020)