Die Staats- und Regierungschefs von Österreich, Schweden, Dänemark und der Niederlande beim Gespräch mit Kommissionschefin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel im Februar. Sie drängen auf effiziente EU-Budgets.

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Zwei Tage vor dem EU-Gipfel, bei dem sich die 27 Staats- und Regierungschefs erstmals über den von der EU-Kommission Ende Mai vorgeschlagenen "Wiederaufbauplan" austauschen werden, haben die Premiers der "Sparsamen Vier" ihre kritische Position dazu bekräftigt. In einem gemeinsamen Beitrag für die "Financial Times" vom Mittwoch betonen sie zwar ihre Bereitschaft zu einem Kompromiss, der Europa "grüner, stärker und widerstandsfähiger machen" werde. Dazu führen sie aber gleichzeitig eine Reihe von Bedingungen an, die eine Einigung in absehbarer Zeit als schwer erreichbar erscheinen lassen. Diese vier, das sind Österreich, die Niederlande, Schweden und Dänemark. Für Österreich zeichnete Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP).

Wie berichtet, will die Kommission neben dem regulären Budgetrahmen von 1.100 Milliarden Euro bis 2027 für den Wiederaufbau in den von der Corona-Krise am meisten betroffenen Länder einen Sonderfonds. Der soll mit 750 Milliarden Euro dotiert werden (Preisbasis 2018). Das Geld soll bis 2024 großteils in Form von Zuschüssen und nur zu einem Drittel als Kredite vor allem Italien, Spanien, Frankreich und Polen zukommen.

Kredite "zu den besten Konditionen"

Die "Frugalen Vier", kleine Nettozahlerländer, die auf effiziente EU-Budgets drängen, lehnen das in dieser Form ab: "Wenn wir als EU Geld aufnehmen, ist es der sauberste Weg, dieses Geld in Kredite für jene umzuwandeln, die sie am dringendsten brauchen, zu den besten Konditionen."

Wie berichtet, hatte auch Deutschland traditionell diese "harte" Position in Bezug auf EU-Zuschüsse eingenommen. Kanzlerin Angela Merkel vollzog zuletzt jedoch eine Wende und schlug gemeinsam mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron einen Plan für den Wiederaufbau vor, der 500 Milliarden Euro nur in Form von nichtrückzahlbaren EU-Subventionen vorsah. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen packte noch einmal 250 Milliarden Euro drauf, die dann in Form von Krediten an bedürftige, aber bereits hochverschuldete EU-Länder vergeben werden sollen.

Die "Sparsamen Vier" stellen sich dem nun entgegen, wobei die Publikation ihrer gemeinsamen Position vor allem dazu dienen soll, Entschlossenheit zu signalisieren, dass sie sich bei den Budgetverhandlungen in den kommenden Wochen nicht auseinanderdividieren lassen wollen. Sie fordern, dass der Wiederaufbaufonds auf zwei Jahre – bis Ende 2022 – limitiert wird. Auch soll das Volumen dann so bemessen sein, dass Staaten das von Brüssel erhaltene Geld tatsächlich für krisenbezogene Maßnahmen absorbieren können.

Keine Vermischung

Die Überlegung dahinter ist klar: Das würde den Wiederaufbautopf automatisch auf deutlich weniger als 750 Milliarden Euro reduzieren, weil in der kürzeren Zeit so viele Projekte und Programme gar nicht realisiert werden könnten, wie die Kommission gerne möchte. Ganz in dieser Logik wird in dem Artikel auch betont, dass der Wiederaufbaufonds und seine Projekte nicht vermischt werden sollen mit den Prioritäten der Union im regulären Budget.

Was die Finanzierung betrifft, verweisen die Autoren darauf, dass die Vorschläge der Kommission, "neue Wege" über die Schaffung von mehr Eigenmitteln etwa durch Klimaabgaben, so neu nicht seien. Es handle sich um "Geld, das von den Steuerzahlern verdient und zurückbezahlt werden muss".

Ganz generell drücken die vier aber die Notwendigkeit aus, in dieser schwierigen Krise Solidarität zu zeigen und in Europa für ein nachhaltiges Wachstum zu sorgen. Es müsse aber darauf geachtet werden, dass EU-Wiederaufbaugelder "zielgerichtet" nur dort eingesetzt werden, wo Menschen am härtesten von der Covid-19-Krise getroffen worden seien. Die Kriterien zur Vergabe müssten "spezifisch und krisenbezogen" sein. Basis der Entscheidungen könnten daher nicht Statistiken aus der Zeit vor der Krise sein. Und schließlich heißt es: Auch nationale Budgets seien unter starker Belastung, "daher müssen wir alle bei den Ausgaben ein realistisches Ausmaß ansetzen".

Beim EU-Gipfel am Freitag will der Ständige Ratspräsident Charles Michel eine Basis schaffen für eine mögliche Einigung bei einem Sondergipfel in Brüssel am 9. Juli. Ob das gelingen kann, wird in Ratskreisen mittlerweile bezweifelt, weil die Positionen der Staaten weit auseinanderliegen und weil bis zu einem Kompromiss noch viel Detailarbeit von Experten nötig sein wird. (Thomas Mayer aus Brüssel, 16.6.2020)