ORF-"Schauplatz"-Reporterin Nora Zoglauer bei einem Besuch bei der Astrokalb. In diesem niederösterreichischen Betrieb werden Kälber für die Gastronomie zerlegt.

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Eine ausländische Pute kostet um mehr als ein Drittel pro Kilo weniger als eine österreichische.

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Diese Rinderbäuerin will eine verpflichtende Kennzeichnung in der Gastronomie.

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Rund 50.000 Kälber werden jährlich zur Mast ins Ausland exportiert.

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Wenn Sie das nächste Mal ein Kalbsschnitzel in einem Lokal bestellen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das Fleisch auf Ihrem Teller aus den Niederlanden kommt. Gekennzeichnet ist das meist nicht, in der Gastronomie muss die Herkunft bisher nicht ausgewiesen werden. Für die ORF-"Schauplatz"-Reportage "Wo das Schnitzel herkommt" (Donnerstag, 21.05 Uhr, ORF 2) haben sich Nora Zoglauer und Alfred Schwarzenberger angeschaut, woher das Fleisch für Restaurants, Hotels und Großküchen, die Schulen und Krankenhäuser beliefern, kommt und warum es in Österreich dafür keine Kennzeichnungspflicht gibt.

"Wir exportieren jährlich rund 50.000 Kälber zur Mast ins Ausland und importieren das Fleisch von mehr als 100.000 Kälbern", erzählt Zoglauer dem STANDARD. Wie so oft geht es um den Preis – das niederländische Fleisch ist um rund ein Drittel billiger als jenes aus Österreich. Dort herrschen jedoch auch ganz andere Bedingungen für die Tiere. "Bei uns hält sich zum Beispiel die Mär, dass helles Kalbfleisch besser als unser dunkles sei", so Zoglauer. Dabei sei helles Fleisch ein Indiz dafür, dass die Tiere unter einem massiven Eisenmangel leiden und nicht artgerecht gehalten werden. Das sei vielen Menschen nicht bewusst.

Tagelange Tiertransporte

Die Situation bei Rindfleisch sei ähnlich. Obwohl Österreichs Landwirte eineinhalbmal so viel Rindfleisch erzeugen wie verbraucht wird, werden jährlich 80.000 Rinder aus Kroatien, Tschechien und aus der Slowakei zum Schlachten ins Land gebracht, recherchierte Zoglauer. Die Haltungsbedingungen sind in diesen Ländern deutlich schlechter, dazu kommt der Stress für die Tiere durch oft tagelange Transporte. Bei Putenfleisch ist der Anteil von Importen aus dem Ausland mit 70 Prozent besonders hoch, eine ausländische Pute kostet um mehr als ein Drittel pro Kilo weniger als eine österreichische. Hierzulande gelten strenge Haltungsbedingungen, heimische Bauern können mit den Billigpreisen nicht mithalten.

Für ihre Reportage haben Zoglauer und Schwarzenberger heimische Landwirte besucht, viele von ihnen sind in ihrer Existenz bedroht. Jeden Tag hören zwölf bäuerliche Betriebe auf. "Die Bauern wollen eine Kennzeichnungspflicht, sie sagen, das wäre unsere Rettung. Aber sie können nicht mithalten, wenn das Fleisch aus dem Ausland um so viel billiger ist." Dabei seien die Bauern, mit denen sie gesprochen habe, davon überzeugt, dass Konsumenten bereit wären, etwas mehr für ihr Schnitzel zu bezahlen, wenn sie wüssten, dass es aus Österreich kommt.

Wirtschaftskammer: Kennzeichnungspflicht ein No-Go

Warum also gibt es im Gegensatz zu Fleisch aus dem Supermarkt keine Kennzeichnungspflicht in der Gastronomie? "Gesetzliche Kennzeichnungspflicht ist für uns ein No-Go. In einer freien Wirtschaft sollte man niemanden dazu zwingen. Ich mache es einfach nicht, mir ist es zu viel Aufwand", argumentiert Mario Pulker, er ist Obmann der Gastronomie in der Wirtschaftskammer. Für Zoglauer ist das nicht nachvollziehbar. "Bei den Allergenen wird ja auch alles ausgewiesen, warum soll das bei Lebensmitteln nicht funktionieren?" Es gehe immer um den Preis, "das ist die einzige Geschichte dahinter. Der Konsument bekommt Wiener Schnitzel aus ungarischem Fleisch oder Salzburger Nockerl mit Eiern aus der Ukraine. Eigentlich eine totale Irreführung."

Solange es keine Kennzeichnungspflicht in Lokalen gibt, seien die Konsumentinnen und Konsumenten gefragt. Zoglauer: "Wir müssen immer wieder nachfragen, woher das Fleisch stammt. Die Wirte wissen das ja. Bei den Großeinkäufen steht das auf den Paketen drauf. Es kann sich also niemand darauf ausreden und sagen, dass er es nicht weiß." (Astrid Ebenführer, 18.6.2020)