Rund 7,3 Millionen haben Bundeskanzleramt und Ministerien in den sechs Wochen von 1. März bis 15. April für Kommunikation ausgegeben, großteils für Werbebuchungen, gut zur Hälfte im Zusammenhang mit dem Coronavirus und den Maßnahmen dagegen – und bis auf rund 55.000 Euro noch ohne die große "Schau auf dich"-Kampagne. Das ergaben die gerade eingelangten Antworten auf eine Serienanfrage von Neos-Mediensprecherin Henrike Brandstötter. Sie warfen für Brandstötter wiederum einige interessante Fragen auf über ÖVP-nahe Agenturen und Agenturkosten.

Rund 3,8 Millionen Euro der angegebenen 7,3 Millionen Euro standen laut Beantwortungen im Zusammenhang mit der Corona-Kommunikation. Bis auf drei Buchungen des Kanzleramts in den sechs Wochen bis 15. April gehörten sie nicht zur großen "Schau auf dich"-Kampagne in Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz und werden in den Antworten auf Brandstötters Anfragen auch nicht ausgeführt.

"Schau auf dich"

Die große Corona-Regierungskampagne.
Foto: Regierungskampagne Schau auf dich

Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) verweist auf seine Antworten auf FPÖ-Anfragen von Ende Mai und Anfang Juni zur "Schau auf dich"-Kampagne, die sich allerdings von Mitte März bis zum Planungsstand für Mai beziehen. Gerald Fleischmann, Medienbeauftragter des Kanzlers, bestätigte im STANDARD-Interview Mitte April ein Kampagnenvolumen von 15 Millionen Euro. In Kurz' Antworten auf die FPÖ-Anfragen sind gut 11,8 Millionen Euro genannt, davon 4,7 Millionen für Tageszeitungen, rund 1,5 für Wochenzeitungen/Magazine, 1,44 Millionen für Online, rund 715.000 für Radio und (bei einem mutmaßlichen Komma-Tippfehler) rund 900.000 für Privatfernsehen. Der ORF schaltete die Regierungsspots kostenlos als eine Art Katastropheninformation.

Die Kommunikationsbudgets der Ministerien

Die 7,3 Millionen für Regierungskommunikation von Anfang März bis Mitte April wurden beinahe zur Hälfte vom Finanzministerium gebucht. Die Übersicht nach Ministerien:

24 Prozent Agenturkosten

Für Neos-Mediensprecherin Brandstötter werfen die Beantwortungen einige neue Fragen auf. So ergeben die von Margarete Schramböcks (ÖVP) Wirtschaftsministerium nur einzeln aufgeführten Schaltungen von 1. März bis 15. April ein Gesamtvolumen von rund 413.000 Euro. Das Wirtschaftsministerium gibt für den Zeitraum 104.999,29 Euro an Agenturkosten an, davon 99.329,29 im direkten Zusammenhang mit Covid-Infos.

"Die Schaltkosten stehen in keinem Verhältnis zu den knapp 100.000 Euro Agenturkosten! Das sind mehr als 24 Prozent", staunt Brandstötter. Sie kündigt Nachfragen an, ob es sich um Leistungen von Kreativ- oder Mediaagenturen handelt und um welche Agentur(en).

Auf STANDARD-Anfrage erklärt Ministeriumssprecher Wolfgang Schneider das Verhältnis mit dem in den Anfragen gewählten Stichtag. Die Agenturleistungen seien im gewünschten Zeitraum verrechnet worden, die Kampagne und die Media-Schaltungen seien aber nach dem 15. April weitergegangen.

ÖVP-nahe Agenturen

Das Bildungsministerium von Heinz Faßmann (ÖVP) weist bei fast 1,4 Millionen Euro für Kommunikation und fast 1,3 Millionen für Schaltkosten auf Neos-Anfrage zwei Kostenpositionen für zwei ÖVP-nahe Agenturen aus: Gregor Schützes Schütze Positionierungs GmbH für Grafikleistungen 51.936 Euro und Philipp Maderthaners Campaigning Bureau für Facebook 27.894 Euro im Rahmen eines Betreuungspakets und im relevanten Zeitraum von sechs Wochen abgerechnet. An Facebook-Posts werden im abgefragten Zeitraum Buchungssummen von 2559,20 Euro ausgewiesen. Brandstötter: "Wir sprechen von einem simplen Sujet, das mutiert wird – und zwar 'Corona-Schulschließungen'." Der STANDARD bat Faßmanns Sprecherin am Dienstagnachmittag um eine Stellungnahme.

Brandstötter kündigt Nachfragen an

Brandstötter vermisst Agenturangaben auch beim Finanzministerium. Sie will eine weitere Serienabfrage stellen und ganz genau Agenturen und externe Dienstleister und Dienstleisterinnen im Bereich Medien, Werbung, Kreation, Mediaplanung erfragen: "Wer beauftragt wann wen zu welchen Konditionen, Honoraren ...?"

Die Regierung könnte in Sachen Transparenz mit gutem Beispiel vorangehen "und alle Verträge mit externen Dienstleister_innen offenlegen". Sie erwartet, "dass meine Folgeanfragen umfassend, nachvollziehbar und aufrichtig beantwortet werden". Zur "Schau auf mich, schau auf dich"-Kampagne werde sie ebenfalls nachfragen. (fid, 17.6.2020)