Die AUA wurde von der Regierung gerettet. Die Opposition schäumt vor Kritik und lässt kein gutes Haar an dem Rettungskonstrukt.

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Wien – Die Rettung der AUA war am Mittwoch Thema einer aktuellen Fragestunde der SPÖ im Nationalrat. Die Opposition ließ dabei naturgemäß kein gutes Haar an der AUA-Rettung. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner wies in ihrem Eröffnungsstatement darauf hin, dass die gesundheitspolitische Corona-Bilanz derzeit zwar zufriedenstellend aussehe, die sozial- und wirtschaftspolitische hingegen verheerend sei. Sie warf der Regierung ein Flickwerk an Maßnahmen vor, es fehle ein zusammenhängendes Gesamtpaket. Ein gutes Konjunkturpaket würde letztlich auch den Fluglinien helfen, weil die Menschen es sich dann auch leisten könnten zu fliegen. Das habe die Regierung aber nicht zustande gebracht. "Ihr Ergebnis bei der AUA lautet einmal mehr Gewinne privatisieren, Verluste verstaatlichen", sagte Rendi-Wagner. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte angekündigt, dass es keine AUA-Rettung ohne Beteiligung an der AUA-Mutter Lufthansa geben werde. Das sei aber nicht passiert. "Man hat sich über den Tisch ziehen lassen", so die SPÖ-Chefin.

Zurück in die Spur

Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) wies darauf hin, dass die Regierung sehr bemüht sei, mit allen bisher getroffenen Maßnahmen "Österreich zurück auf die Spur zu bringen". Man habe in der Regierungsklausur weitere 19 Milliarden Euro auf den Weg gebracht. In Summe wird Österreich mit derzeit rund 50 Milliarden Euro durch die Krise kommen. Arbeitsplätze zu retten und den Standort Österreich durch diese schwierige Lage zu bringen waren laut Blümel auch die Ansätze, um die es bei der AUA-Rettung gegangen sei. In Summe hängen 7.000 Jobs an der AUA, rund 95.000 insgesamt an der Luftfahrt. 2,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts kämen aus der Luftfahrt. Auch der Städtetourismus und die Hotellerie würden von guten Flugverbindungen abhängen.

"Für all diese Branchen könnten wir noch so große Pakete schnüren, ohne die AUA hätte das alles nicht funktioniert", sagte Blümel. Kritik an der Rettung der Airline ließ er nicht gelten. Wien sei auch Amtssitz vieler internationaler Organisationen. Niemand könne sich vorstellen, wie man Amtssitze ohne Direktflüge aufrechterhalten könne. "Ohne AUA gäbe es keine Weltstadt Wien", formulierte es der Finanzminister. Das Paket aus Standortgarantie, Bankkredit inklusive staatlicher Haftung, Liquiditätshilfe und Absicherung des Drehkreuzes auf zehn Jahre sowie Investitionszusagen sei "ein gutes Paket für die Zukunft der Jobs in Österreich", so Blümel.

Ökologie war wichtig

Andreas Ottenschläger (ÖVP) merkte an, dass Rendi-Wagner sich zwar viel über die Rettung der AUA aufgeregt habe. Vorschläge, wie sie das Unternehmen gerettet hätte, seien aber ausgeblieben. Ottenschläger betonte, dass die Ökologie beim AUA-Paket wichtig gewesen sei – etwa die Anti-Dumping-Regelung mit einem Stopp von Billigsttickets und die neue Definition der Kurzstrecke. Es gehe in Summe um zigtausende Jobs, die davon abhingen, wie gut es der AUA gehe. Man brauche die Flugverbindungen auch für die Unternehmer mit Niederlassungen in Asien oder Osteuropa.

Alois Stöger (SPÖ) betonte, dass die Frage einer Luftlinie von besonderer Bedeutung sei – auch für den Tourismus. Daher habe es ihn gefreut, dass der Kanzler am 29. April gesagt habe, dass die AUA-Rettung nicht ohne Beteiligung an der Lufthansa gehen werde. Nun habe man das aber vertan, ebenso die Chance auf eine europäische Regelung in der Luftfahrt. Stöger sagte, er hätte eine Wandelanleihe mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel vereinbart und die Interessen abgesichert. Hätte die Lufthansa den Standort Österreich runtergefahren, hätte man eine Beteiligung an der Lufthansa gehabt und mitreden können.

Mit der aktuellen Lösung sei Österreich als internationaler Standort nicht abgesichert, so Stöger. Ebenso wenig, dass die Flugzeuge umweltfreundlicher werden. "Sie haben den Mundschutz gegen den Nasenring getauscht", sagte Stöger Richtung Regierung. Man habe sich vom AUA-Management durch die Manege treiben lassen – weil nach der Verkündung der AUA-Rettung bereits das Jobabbauprogamm seitens der AUA verkündet wurde. Zudem plane die AUA Kurzarbeit – auch hier wird der Staat finanzieren.

Bauchlandung

Christian Hafenecker (FPÖ) nannte den AUA-Deal eine Bruchlandung. Die Jobs in der AUA seien zwar kurzfristig gesichert, nachhaltig sei aber gar nichts abgesichert. Es gehe um mehr, als darum, Österreich als Luftfahrtstandort abzusichern. Wien sei auch eine internationale Weltstadt für Kongresse und Fachtagungen. "Sie haben 150 Millionen Euro aus dem Cockpitfenster geworfen und nichts Nachhaltiges mit nach Hause gebracht", so der FPÖ-Politiker. Das erinnere ihn an die Hypo, da habe Österreich auch ein Unternehmen an Deutschland abgegeben und gleich gesagt, bitte, nehmt das Geld auch gleich mit, aber wir haben nichts mehr damit zu tun. Wenn man sich schon zum zweiten Mal von der Lufthansa über den Tisch ziehen lasse, wäre es doch auch wichtig, Anteile zu kaufen. Die Regierung habe bei der AUA-Rettung auf ganzer Linie versagt, so das Fazit von Hafenecker.

Ein gemeinsames Haus bauen

Hermann Weratschnig (Grüne) sprach davon, dass es darum gehe, ein gemeinsames Haus zu bauen, das Krisen überstehe und in dem man gemeinsam wohnen könne. Er vermisst von der Opposition eine Kritik an den Billigairlines, die bereits wieder mit 9,90-Euro-Tickets werben. Es gelte hier, europäische Rahmenbedingungen zu schaffen für einen Luftfahrtkonzern. Dumpingpreise müssten verhindert werden – auf europäischer Ebene. Eine Staatsbeteiligung an der Lufthansa helfe ohne Sperrminorität auch nicht. Es brauche Punktlandungen, keine Bonusmeilen für Billigflieger und Meilensteine für den Klimaschutz. Weratschnig hob die 500 Millionen Euro für die Nachtzüge hervor, das 1-2-3-Ticket ... hier liefen die Millionen, die den Flugverkehr nachhaltiger machen.

Diese These wurde von Volker Reifenberger (FPÖ) widerlegt. Er fragte in die Runde, wie boshaft man sein müsse, dass man einem Großkonzern gegen mangelnde Zusicherung Geld in den Rachen werfe und damit die AUA noch schwäche. Dass man die Verbindung zum Regionalflughafen Salzburg gestrichen habe, werde sich noch rächen. "Die Leute werden ins Auto steigen und nach München zum Flughafen fahren und von dort nach Wien fliegen", so Reifenberger. Damit habe man noch mehr Individualverkehr auf den Straßen und damit genau das Gegenteil von dem, was die Grünen wollen. "In München knallen schon die Sektkorken über der Blödheit der Österreicher", so der FPÖ-Politiker. Der AUA-Deal werde der Umwelt nichts bringen. Österreich hafte für die Kredite der AUA, die Lufthansa werde das geschickt nützen und die AUA in eine Bad Bank umfunktionieren. Dann werde Österreich das Unternehmen wieder auffangen müssen. Andere Airlines würden zudem die von der AUA geschlossenen Verbindungen ausnützen. Richtung Regierung folgte ein "Schämen Sie sich".

Pläne schon längst vorgestellt

Josef Schellhorn von den Neos sagte, dass es bei der AUA-Rettung freilich auch um die Rettung von relevanten Jobs gehe. Aber wer sage denn, dass nur die AUA diese Jobs gewährleisten könne? Wer sage denn, dass das die Etihad (Fluggesellschaft der Vereinigten Arabischen Emirate, Anm.) nicht auch könne? "Ist der Standort Österreich weniger attraktiv, wenn es die AUA nicht gibt?", fragte Schellhorn. Die Kurzstrecken einzustellen sei zudem etwas, das sich nicht die Regierung auf ihre Fahnen heften könne. Diese Pläne habe die AUA schon lange vor der Corona-Krise vorgestellt. Wenn selbst der AUA-Chef sage, dass man in den nächsten Jahren wohl nur 50 Prozent des Umsatzes erwirtschaften könne, zeige das, wie sehr die Luftfahrtbranche im Umbruch sei. Beim AUA-Paket fehle die Transparenz und die Sicherheit.

Andreas Hanger (ÖVP) betonte, dass die Sozialdemokratie keine Kompetenz für Finanz und Wirtschaftspolitik habe. "Sind 7.000 Jobs keine Gegenleistung?", fragte er. "Ist eine Standortgarantie keine Gegenleistung?" und "Hätte man die AUA in Konkurs gehen lassen sollen?". Eine Insolvenz hätte ja auch jemand bezahlen müssen. Etwa der Staat mit dem Insolvenzausgleichsfonds. Zudem hätte es viele Gläubiger gegeben – Reiseveranstalter und -büros. Hätte man die AUA in Konkurs gehen lassen, hätte das Effekte für die ganze Reisebranche gehabt, die nicht gut gewesen wären. "Wir brauchen weniger Kritik an Details, sondern mehr Optimismus", fasste Hanger zusammen.

150 Millionen Euro verschenkt

Julia Herr (SPÖ) betonte, dass vor uns ein AUA-Deal liege, mit dem Österreich der Lufthansa 150 Millionen Euro schenke, während man den Arbeitslosen erkläre, dass ihre Ausgleichszahlungen nicht erhöht werden. Dass 7.000 AUA-Jobs gerettet wurden, stimme auch nicht. Erstens würden mehr als 1.000 Stellen gestrichen, und es gebe ja keine Jobgarantie. Zudem sei die Luftfahrt steuerlich begünstigt. "Jeder Schnitzelwirt in Österreich zahlt mehr Steuern als die Luftfahrtbranche. Und der Schnitzelwirt wartet wahrscheinlich noch auf seine Kurzarbeitshilfe."

Klientelpolitik

"Wenn in ganz Europa maroden Fluglinien die Millionen nachgeworfen werden und das Angebot groß bleibt, bleiben auch die Preise unten", sagt Gerald Loacker von den Neos. Das sei eine Förderung von Billigflügen. Loacker brachte zudem die Pensionsverpflichtungen der AUA ins Spiel. Die Lufthansa habe in ihrer Bilanz 450 Millionen Euro für Pensionsverpflichtungen stehen. Immer wenn die Pensionskasse der AUA nicht die nötigen Gewinne erwirtschafte, müsse die AUA Geld nachschießen. Hier habe die Regierung nichts abgesichert. Die Pensionsverpflichtungen der AUA kämen aus einer Zeit, wo der Staat seine Hände im Spiel hatte. Da müsse man sich einmal fragen, wer damals solche Verträge abgeschlossen habe. Trotz AUA-Rettung würden mehr als 1.000 Jobs abgebaut, jene, die arbeiten, müssten das für weniger Geld tun, und jene, die daheim in Pension sitzen, würden nicht in die Ziehung genommen. Was daran gerecht sein soll, könne man nicht erklären. "Hier ist nur Klientelpolitik gemacht worden", sagte Loacker. (Bettina Pfluger, 17.6.2020)