Norbert Hofer hat keine Angst vor Corona – aber sehr wohl vor dem Koran.

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Wien – Viele Besucher waren es nicht bei der FPÖ-Kundgebung am Dienstagabend auf dem Wiener Viktor-Adler-Markt, dennoch wurden die zweifelhaften Aussagen, die auf der Bühne fielen, gehört. FPÖ-Chef Norbert Hofer verglich dabei den Koran mit Corona – und nannte den Koran "gefährlicher". Nun wurde eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Wien übermittelt, eine weitere ist in Arbeit.

DER STANDARD

Verdacht der Verhetzung religiöser Lehren

"Ich fürchte mich nicht vor Corona, Corona ist nicht gefährlich. Da ist der Koran gefährlicher, meine Lieben, als Corona", hatte Hofer auf der Bühne gesagt, am Mittwoch folgte die Kritik: Der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ), Ümit Vural, forderte eine umgehende Entschuldigung. Außerdem stehe der Verdacht der Verhetzung und der Herabwürdigung religiöser Lehren im Raum, die Staatsanwaltschaft Wien soll nun Hofers Aussagen prüfen.

"Er hat aus der Vergangenheit offensichtlich nichts gelernt und möchte wohl neue Gräben aufreißen", hielt der IGGÖ-Chef dem blauen Parteichef vor. Der Vergleich mit einem tödlichen Krankheitserreger wie dem Coronvirus, dem in den vergangenen Monaten weltweit mehrere hunderttausend Menschen zum Opfer gefallen seien, habe in rechtsextremen Zusammenhängen lange Tradition. "Für eine Person des öffentlichen Lebens sind Aussagen dieser Art untragbar und müssen Konsequenzen haben", verlangte Vural. "Derartige Vergleiche dürfen in Österreich keinen Platz mehr haben."

SÖZ brachte Sachverhaltsdarstellung ein

Die Partei "Soziales Österreich der Zukunft" (SÖZ) hat nach eigenen Angaben eine Sachverhaltsdarstellung eingebracht. "Ein weiterer Schritt könnte dann sein, dass der Nationalrat die Immunität Norbert Hofers aufheben muss", heißt es in der dazugehörigen Aussendung. "Das ist schlichtweg nicht die Art von Miteinander, wie wir in einer pluralen und solidarischen Gesellschaft zusammenleben möchten", wird Martha Bißmann, designierte SÖZ-Spitzenkandidatin bei der Wien-Wahl, zitiert.

Eine weitere Sachverhaltsdarstellung sei in Arbeit, gab die Aktivistengruppe FPÖ Fails bekannt. "Der deutschnationale Corona-Verharmloser meint auch, der Koran wäre gefährlicher als das Coronavirus, an dem bisher 618 Menschen in Österreich gestorben sind (weltweit 434.796 Tote). Tote in Österreich im selben Zeitraum durch den Islam/Koran: 0", heißt es in einem Facebook-Post.

Austrotürkische NGOs kritisieren Hofer

Scharfe Kritik kommt auch von austrotürkischen NGOs. Hofers Aussagen seien verhetzend und mit Nazi-Diktion vergleichbar, heißt es da. Der Präsident des österreichisch-türkischen Handelsverbands, Yavuz Kuscu, fordert eine Entschuldigung: "Wie soll Österreich mit einer Religion, die in der gesamten Welt über zwei Milliarden Anhänger hat, Brücken bauen, wenn deren heiliges Buch durch den Dritten Nationalpräsidenten mit dem Coronavirus verglichen wird?", heißt es in einer Aussendung.

Auch der Obmann der Türkischen Kulturgemeinde in Österreich (TKG), Birol Kilic, verurteilt die Aussagen: Die "unglücklich gewählten Worte" und der Vergleich eines heiligen Buches mit einem Virus seien eine Nazi-Diktion. "Der 'Jüdische Parasit' ist ein seit der Zeit der Aufklärung nachweisbares judenfeindliches Stereotyp", wird er in einer Aussendung zitiert, man kenne solchen Inhalt aus Propaganda-Zeitungen.

Der ehemalige Nationalratsabgeordnete Efgani Dönmez (Grüne, ÖVP) äußerte sich ebenfalls zu Hofers Aussage. Diese sei "an Niveaulosigkeit kaum zu unterbieten" und erfülle den "Tatbestand der Verhetzung – Paragraf 283 und Paragraf 188 Herabwürdigung religiöser Lehren".

Die Kundgebung auf dem Viktor-Adler-Markt, bei der Hofer wie auch der blaue nichtamtsführende Wiener Vizebürgermeister Dominik Nepp und FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl sprachen, war der Auftakt für die Klubklausur der FPÖ. (red, APA, 17.6.2020)