Speedinvest hat 20 neue Frühphasen-Investments in Europa abgeschlossen. Corona-bedingte Insolvenzen gab es Unternehmensgründer Oliver Holle zufolge keine.

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Wien – Das österreichische Start-up Refurbed hat im März noch einmal kräftig Geld eingesammelt. Auf dem Marktplatz des Unternehmens können generalüberholte Smartphones, Laptops, Tablets und andere technische Produkte mit hohen Preisnachlässen gekauft werden. Knapp 16 Millionen Euro wurden zu Beginn des Shutdowns von Investoren lukriert, die in die weitere Expansion fließen sollen.

Das Beispiel zeigt, dass – bei allen negativen Auswirkungen der Corona-Krise – viele Start-ups gefragt sind. Einer der führenden europäischen Start-up-Finanzierer, Speedinvest, hat heuer bereits 20 Investments durchgeführt, wie die Managing Partner Oliver Holle und Jörg Flöck am Mittwoch erklärten. Insgesamt – also unter Berücksichtigung anderer Financiers – seien in die rund 140 Unternehmen mit Speedinvest-Beteiligung 120 Millionen Euro geflossen.

Branchenweit sei in Deutschland, Österreich und der Schweiz im März, April und Mai mehr Geld in Start-ups geflossen als im gleichen Zeitraum 2019. Es seien zwar deutlich weniger Finanzierungsrunden umgesetzt worden, diese seien dafür aber größer und teurer gewesen.

190 Millionen eingesammelt

Speedinvest hat für seinen neuen Fonds 190 Millionen Euro an Risikokapital aufgenommen. Komplettabschreibungen infolge der Corona-Krise habe es bisher nicht gegeben, so Holle. Auch Portfolio-Unternehmen von Speedinvest, etwa im Tourismussektor, seien von der Corona-Krise betroffen, und in den ersten Wochen habe man gemeinsam mit den Start-ups zahlreiche Restrukturierungsprojekte durchgeführt und teilweise ganze Geschäftsmodelle anpassen müssen, sagte Holle in einem Online-Pressegespräch. Als Fonds nehme man schon präventiv Abschreibungen vor, "aber wir hatten keine Insolvenz, und es ist auch keine absehbar".

Kosteneinsparungen

Bei fast allen Portfolio-Unternehmen sei durch Kosteneinsparungen beziehungsweise zusätzliche Finanzmittel die Finanzierungssituation stabilisiert worden. "Waren zum Beginn der Krise noch mehr als 60 Prozent der Unternehmen kürzer als zwölf Monate finanziert, sind es heute weniger als zehn Prozent", versicherte Holle, der sich künftig auf die Investmentstrategie und die Portfolioarbeit fokussiert, während Flöck die Organisation betreut.

Man sei auch während des Lockdowns sehr aktiv gewesen und sei der aktivste Start-up-Investor im Seed-Bereich in ganz Europa gewesen, verwies er auf einen Vergleich der Plattform Dealroom.co. Unter den 20 neuen Investments in Europa befanden sich das Klimaschutz-Start-up Planetly in Berlin, das Video-Tech-Unternehmen Deep Render in London, das Münchner Schotter-Start-up Schüttflixx oder das österreichische Gesundheits-Start-up Hi Health.

Mehr Geld geflossen als im Vorjahr

Eine Folge der Corona-Krise sei, dass man die Beteiligungsunternehmen länger als geplant finanzieren müsse. "Wir haben 140 Portfolio-Unternehmen und waren bei fünf bis zehn in einem Exit-Prozess – die sind de facto alle on hold", so Holle. Für die Branche der Risikokapitalgeber rechnen die Speedinvest-Chefs mit einer deutlichen Konsolidierung, viele kleine Player würden vom Markt verschwinden. (red, 17.6.2020)