Tim Scott, der einzige schwarze Senator der Republikaner.

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Das Land brauche dringend eine Polizeireform, sagt Tim Scott. Diese auf die lange Bank zu schieben, wäre grundfalsch. "Wir brauchen Lösungen, und wir brauchen sie jetzt." Der Senator aus South Carolina ist der Republikaner, der die konservative Version einer solchen Reform durchs Parlament bringen soll. Es bedeutet das Bohren harter Bretter, zumal in der aufgeheizten Atmosphäre eines Wahljahrs.

Die Demokraten wollen Gesetze, nach denen Polizisten leichter verklagt werden können. Intensiver als bisher sollen Beamte üben, wie man deeskaliert. Das Vermeiden jenes "racial profiling", das Schwarze und Latinos oft unter Generalverdacht stellt, soll in ihren Kursen eine größere Rolle spielen. Falls gegen die Auflagen verstoßen wird, sollen Zuschüsse gekürzt werden.

Republikanische Bilderbuchkarriere

Manches sehen die Republikaner ähnlich, anderes geht ihnen zu weit, etwa das Schleifen der juristischen Schutzmauer, die Klagen gegen die blau Uniformierten immens erschwert. In ihrem Namen betont Scott, dass es darum gehe, lokale Lösungen zu finden, ohne es zu übertreiben und in Bürokratie zu ersticken.

Was Diskriminierung bedeutet, hat der 54-Jährige unzählige Male am eigenen Leib erlebt. In North Charleston, dem ärmeren Zwilling der postkartenschönen Küstenstadt Charleston, ist er in Armut aufgewachsen. Seine alleinerziehende Mutter arbeitete 16 Stunden am Tag, um die Familie über die Runden zu bringen. Tim Scott war drauf und dran, die Schule abzubrechen, bis er den Besitzer eines Fastfood-Restaurants traf, von dem er später sagte, er habe seinem Leben eine andere Richtung gegeben. Dieser John Moniz habe ihm beigebracht, was sich mit Disziplin und Fleiß erreichen lasse. Scott absolvierte die Highschool, ging mit einem Football-Stipendium aufs College und studierte Politikwissenschaften, bevor er eine Versicherungsagentur aufmachte und mit Immobilien zu handeln begann. 1995 wurde er in den Stadtrat von Charleston gewählt, 2010 ins Repräsentantenhaus, 2014 in den Senat der Vereinigten Staaten.

Dort ist er der einzige Afroamerikaner unter 53 Republikanern der Kammer. Seine weißen Parteifreunde führen ihn gern als Beispiel an, wenn sie eine reichlich verklärte Geschichte erzählen. Die Geschichte, nach der jeder den American Dream leben könne.

Überzeugter Konservativer

Scott widerspricht dem nicht, er glaubt fest an Eigenverantwortung, unternehmerische Initiative, den Segen niedriger Steuern – ein überzeugter Konservativer eben. Erst nachdem ein rassistisch verblendeter Schütze 2015 in einer Kirche in Charleston neun Menschen getötet hatte, begann er zu berichten. Immer wieder sei er bei Verkehrskontrollen gestoppt worden, meistens dann, wenn er in einem neuen Auto durch das "falsche Wohnviertel" fuhr. Selbst als er längst im Senat in Washington saß, habe ihn ein Beamter der Parlamentspolizei einmal auf dem Flur angehalten. Scott musste sich ausweisen, obwohl er eine Anstecknadel trug, wie nur Senatoren sie tragen dürfen.

Im August 2017, als Rechtsradikale in Charlottesville heftige Zusammenstöße mit linken Gegendemonstranten provozierten und Donald Trump von "sehr guten Leuten" auf beiden Seiten sprach, distanzierte er sich vom Präsidenten. Dessen Anmerkungen seien nicht zu verteidigen, sagte Scott. Dass er nun für die Republikaner Paragrafen gegen Polizeigewalt formuliert, hat ihm von der Linken viel Kritik eingetragen, auch unsachliche. Sogar das Wort "Boy" fiel, in den Ohren von Afroamerikanern ein hässliches Wort, suggeriert es doch ein in der Sklaverei wurzelndes Dienstbotenverhältnis. Scott, eigentlich ein Mann leiser Töne, der viel von christlicher Nächstenliebe spricht, antwortete mit einem zornigen Tweet. "Verstehe ich das richtig?", schrieb er. "Ihr wollt nicht, dass eine Person, die 'racial profiling' ausgesetzt war, die dutzendfach angehalten wurde, die seit Jahren ihre Stimme erhebt, diesen Entwurf zu Papier bringt?" (Frank Herrmann, 18.6.2020)