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PRO: Kein Grund, sich einzuigeln

von András Szigetvari

Es ist eine Frage, die derzeit viele Menschen beschäftigt: Geht das, in Zeiten einer Pandemie Urlaub am Meer machen? Das Außenministerium in Österreich befeuert diese Unsicherheit noch, weil es auf der Homepage vor allen touristischen Reisen ins Ausland warnt. Im schlimmsten Fall drohen deshalb Arbeitnehmern sogar negative Konsequenzen: Wer erkrankt und nicht wieder dienstfähig ist, könnte theoretisch seine Entgeltfortzahlung verlieren.

Bei genauer Betrachtung gibt es aber keinen Grund, sich in Österreich einzuigeln. Auch wenn die Regierung seit Monaten betont, wie gut "wir" durch die Krise gekommen sind, gibt es einer Reihe anderer Länder, in denen die Wahrscheinlichkeit zu erkranken niedriger ist als in Österreich. In Kroatien etwa ist das Infektionsgeschehen gering, ein Fall am Tag wird im Schnitt derzeit diagnostiziert. Auch in Süditalien war die Lage nie dramatisch. Auf Sardinien gab es zum Beispiel ähnlich wenig Corona-Fälle wie in Österreich. Das Gleiche gilt für Ungarn, wo es zwar kein echtes Meer, aber mit dem Balaton so was Ähnliches gibt.

Anstatt also das Ausland pauschal als Risikozone anzusehen, gilt es nach Ländern zu differenzieren. Wer sich Sorgen wegen der Heimkehr macht, sollte mit dem Auto und nicht zu weit fahren. Klug ist sicher auch, heuer kurzfristig zu buchen, wie Konsumentenschützer empfehlen. Nichts spricht also gegen ein Last-Minute-Strandangebot. (András Szigetvari, 17.6.2020)

KONTRA: Kaunertal statt Côte d’Azur

von Thomas Mayer

Alexander Van der Bellen sei Dank. Er hat den Begriff Heimat vom Miefigen des Provinziellen befreit: "Heimat kann überall sein, wo man sich selber wohlfühlt, wo man auch von den Leuten, die vorher da waren, akzeptiert wird." Solche schlicht richtigen Sätze sagte unser geschätzter Bundespräsident im Wahlkampf 2016. Demonstrativ ging er im Kaunertal wandern. Da war vom Coronavirus noch keine Spur. Die Wirtschaft brummte. Der globale Reiseverkehr explodierte. Und wer konnte, reiste möglichst weit weg an irgendeine Meeresküste.

Van der Bellen wollte mit einem positiven Heimatgefühl die unselige Trennung von In- und Ausland, von Einheimischen und Fremden auflösen. Heimat, das ist offener, überschaubarer Raum, der Sicherheit gibt. Und Rücksicht. Für alle. Genau das können wir jetzt sehr gut brauchen.

Die erste Welle der Covid-19-Infektionen in Europa mag da und dort vorbei sein. Aber nicht umsonst warnen Regierungen, die das öffentliche Leben im März zum Stillstand brachten und nun hektisch alle Grenzen öffneten, bereits vor einer zweiten Infektionswelle nach oder wegen der Reisesaison. Wozu ein Risiko eingehen, sich Stress machen, dass man in der Ferne in Quarantäne stranden könnte? Dieser Sommer ist wie gemacht für Erholung in vertrauter Umgebung, Ausflüge in die Berge, Badeteich, Zeit mit und bei Freunden zu verbringen, Sport zu betreiben. Almtal oder Kaunertal statt Adria und Côte d’Azur ist angesagt.(Thomas Mayer, 17.6.2020)